Z w e i u n d z w a n z i g

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Nach dem Spiel gratulieren Erik und Lukas uns zum Sieg. Immer wieder ertappe ich mich dabei, wie ich über die Schulter schiele und in der Menge nach Elias suche – doch nichts. Lukas, der sich anscheinend schnell von der Niederlage erholt hat, legt Pascale einen Arm um die Schulter und zieht sie näher an sich heran. Mit seiner freien Hand spielt er mit einer ihrer blonden Strähnen, während Pascale kichert. Ich gebe ihnen noch eine halbe Stunde, dann würden sie Elias und dem Pitbull Konkurrenz machen.

Mein Blick gleitet unwillkürlich zu Erik, der die beiden ebenfalls beobachtet. Da ist dieser winzige Moment, in dem sich seine Lippen zu einem schmalen Strich verziehen, bevor er hastig einen Schluck aus seinem Becher nimmt und sich mir zuwendet. 

„Von wegen, du spielst nur manchmal", sagt er und lächelt schief. Kurz sieht es so aus, als ob er mich umarmen will. Doch als ich instinktiv die Arme vor der Brust verschränke, belässt er es dabei und vergräbt seine freie Hand in der Hosentasche. Verlegen nimmt er einen Schluck aus dem roten Becher, errötet sogar ein wenig.

Ein solidarischer Stich des Mitgefühls durchzuckt mich. Warum kann ich mich nicht einfach entspannen und seine Aufmerksamkeit genießen? Weil er seine Aufmerksamkeit lieber jemandem anderen schenken würde. Denn ganz ehrlich, ich weiß, wohin seine Blicke wirklich gehen.

Dann bin ich eben die zweite Wahl, na und? Im Grunde scheint Erik ein anständiger Kerl zu sein – süß, charmant. Trotzdem hält mich etwas davon ab, meinen Schutzschild fallenzulassen. Ich streiche mir eine widerspenstige Locke aus dem Gesicht, beiße mir nervös auf die Unterlippe, versuche Zeit zu schinden. Warum weiß ich einfach nicht, was ich will?

„Hey", reißt mich eine vertraute Stimme aus dem Gedanken und mein Herz setzt einen Schlag aus.

Wie aus dem Nichts steht Elias vor uns, der Pitbull an seiner Seite, die mich mit zusammengekniffenen Augen fixiert. Das beantwortet dann wohl die Frage, ob sie mich als die Stalkerin von vorhin erkannt hat.

Ich spüre, wie Pascale mir ihren Ellenbogen in die Rippen stößt. Ja, ich weiß. Elias ist unverschämt attraktiv.

„Ich könnte einen Drink vertragen", verkündet Lukas in die Runde. Da er den Becher in seiner Hand noch nicht einmal ausgetrunken hat, vermute ich, dass das das Codewort für Sexy-Time zu zweit ist. Ich verdrehe innerlich die Augen, während Pascale Elias einen letzten Blick zuwirft und dann grinsend mit Lukas in der Menge verschwindet. Erik, Elias und der Pitbull bleiben mit mir zurück. Fantastisch.

„Möchtest du auch etwas trinken, Lena?", fragt Erik und hält mir einen Becher hin. Aus dem Augenwinkel sehe ich, dass Elias' Blick sich verdunkelt. Was will der denn jetzt?

Ich winke ab. „Lieber nicht. Ich glaube, ich hatte heute schon genug."

„Komm schon, was macht da ein Drink noch für einen Unterschied?" Verführerisch zwinkert er mir zu. Bevor ich antworten kann, verfinstert sich Elias' Miene. „Erik, kann ich dich kurz sprechen?" Seine Stimme ist schneidend, und obwohl die Worte an Erik gerichtet sind, lassen seine blaugrauen Augen keinen Moment von mir ab. Ein eiskalter Schauer läuft mir den Rücken hinunter.

Erik runzelt die Stirn. „Jetzt?"

„Ja. Jetzt."

Erik wirft mir einen entschuldigenden Blick zu und lässt sich von Elias ein paar Schritte wegziehen. Der Pitbull und ich bleiben zurück. Was auch immer Elias mit Erik zu besprechen hat, es kann nichts Gutes heißen. Und ich werde das dumpfe Gefühl nicht los, dass es dabei irgendwie um mich geht.

Dann höre ich es.

„Lass die mal. Die dumme Sau hat mir meine Karriere versaut."

Mir klappt der Mund auf.

Dumme Sau...

„Sag mal, geht's noch?!" Ich drehe mich zu ihm um, bevor ich mich zurückhalten kann. „Was kann ich dafür, wenn du so dämlich bist, eine Affäre mit der Verlobten deines Chefs anzufangen?", fauche ich.

Meine Stimme zittert vor Wut, und ich kann fühlen, wie mein Gesicht noch röter wird. Die nüchterne Lena hätte das vielleicht auf sich sitzen lassen. Aber nicht die Lena von heute Abend! Hatte Nicole mir nicht geraten, mehr für mich einzustehen? Na bitte. Der Alkohol verleiht mir Mut.

Elias schenkt mir nur ein verächtliches Schnauben, seine blaugrauen Augen bohren sich in meine, blitzen verärgert auf, doch er antwortete nicht.

Und dann dreht er sich einfach um und rauscht davon. Der Pitbull folgt ihm, und ich bleibe allein zurück – wütend und gedemütigt.

„Ja, geh doch, du – du Arsch!", rufe ich ihm hinterher. Wow, Lena, jetzt hast du es ihm aber gegeben. Bestimmt wird er sich heute Abend in den Schlaf weinen.

„Was war das denn?", fragt Erik erstaunt.

Ich atme tief durch, massiere mir mit Daumen und Zeigefinger den Nasenrücken. „Ach, gar nichts", murmle ich, ohne ihn anzusehen.

Erik nickt langsam, wenig überzeugt, aber zumindest drängt er nicht weiter. „Okay", sagt er sanft, „wie wär's mit einem Drink?"

„Ja, bitte", seufze ich und zwinge mich zu einem Lächeln. „Einen Gin Tonic. Und mach ihn stark."

Between HeartbeatsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt