Sei wie der Fluss der eisern ins Meer fliesst

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Sei wie der Fluss der eisern ins Meer fliesst

Der sich nicht abbringen lässt egal wie schwer's ist

Selbst den grössten Stein fürchtet er nicht

Auch wenn es Jahre dauert bis er ihn bricht

[Silbermond - Krieger des Lichts]


Nachdenklich und noch immer ziemlich verwirrt fuhr Sergio mit dem nächsten Taxi zu sich nach Hause. Den ganzen Weg über ging ihm die Szene seiner Freundin nicht aus dem Kopf. Was hatte das zu bedeuten? Warum waren diese Bilder in der Zeitung aufgetaucht? Er biss ich auf die Lippen, als er versuchte, sich an alle Einzelheiten dieser Nacht zu erinnern. Doch so richtig wollte es ihm nicht gelingen. Was, wenn er mit dieser Frau wirklich zu weit gegangen war? Was, wenn er sich einfach nicht mehr an die entscheidenden Details erinnern konnte? „Mierda", fluchte er leise, als er schliesslich vor seiner Wohnungstür stand und diese aufschloss. Kaum hatte er den Flur betreten, sprang auch schon Odie an seinem Hosenbein hoch, bellte und wedelte wie verrückt mit dem Schwanz. „Hey Kleiner." Lächelnd hob Sergio den kleinen Terrier hoch und kraulte ihn zwischen den Ohren. „Ich hab dich auch vermisst." Den Trolley stellte der Sevillano ohne ihm weitere Beachtung zu schenken, in den Flur und ging mit Odie ins Wohnzimmer. Die Schuhe landeten neben der Couch und Sergio liess sich seufzend auf das Möbelstück sinken, Odie noch immer im Arm. „Was hab ich nur falsch gemacht? Kannst du mir das verraten?" Er sah seinen kleinen Hund an, doch dieser bewegte nur kurz seine spitzen Öhrchen und sah den jungen Mann mit den dunklen Augen einfach nur an. Wieder seufzte Sergio und streichelte Odie. „Ja, ich weiss. Du kannst mir auch nicht helfen", murmelte er.

~

Mühsam hatte sich Magdalena ins Wohnzimmer geschleppt und sass nun mit angezogenen Beinen auf der Couch. Ihr Make-Up war durch die Tränen, die sie geweint hatte, völlig ruiniert, doch sie kümmerte sich nicht darum. Es war ihr egal. Alles, was in ihrem Kopf kreiste, war Sergio. Zusammen mit der unbekannten Blondine, von der er felsenfest überzeugt war, dass nichts gelaufen war. Vielleicht gab er nur vor, nichts mehr von dieser Nacht zu wissen? Was, wenn da eine Menge gelaufen war und er ihr nun einfach vorspielte, keine Ahnung zu haben? Bei diesen Gedanken schossen Magdalena sogleich wieder Tränen in die Augen und sie legte ihre Stirn auf die Knie. Genau in diesem Moment klingelte es und sie zuckte erschrocken zusammen. Das musste Leonor sein. In ihrer Verzweiflung hatte sie ihre beste Freundin angerufen, welche versprochen hatte, sogleich vorbeizukommen.

„Süsse, wie geht's dir?" Sofort nahm Leonor Magdalena in den Arm, kaum hatte diese die Tür aufgemacht. Leise schluchzte die Spanierin, bevor sie sich wieder aus Leonors Umarmung löste und zurück ins Wohnzimmer ging. „Was war denn los? Sergio war hier, oder?", hakte Leonor nach und setzte sich zu ihrer Freundin aufs Sofa. Magdalena nickte stumm und fuhr sich übers Gesicht um Mascara und Tränen wegzuwischen.

„Er hat...mir allen Ernstes...gesagt, er sei...betrunken gewesen und da sei...nichts gelaufen. Woher will er das denn wissen, wenn er betrunken war? Bestimmt hat er 'nen Filmriss! Und...und..." Magdalena verwarf bloss die Hände, denn Worte wollten ihr in diesem Moment keine mehr einfallen. Leonor griff nach den Händen ihrer Freundin und hielt sie fest. „Jetzt atme erst mal tief durch. Vielleicht stimmt es ja auch, was Sergio dir erzählt hat. Was, wenn er die Wahrheit sagt und du verzeihst ihm nicht? Du liebst ihn doch..."

Magdalena seufzte und senkte den Kopf, dann nickte sie. „Klar liebe ich ihn. Es ist nur...diese Fotos sind kein Scherz. Diese Fotos sind...echt. Da war etwas. Und er erzählt es mir nicht, er weicht bloss aus in dem er sagt, dass er betrunken gewesen ist." Sie hob wieder den Kopf und sah ihre Freundin direkt und mit festem Blick an. „Ich kann ihm so nicht mehr vertrauen."

~

Kaum stand die Sonne am Madrider Himmel, war Sergio auf den Beinen. Die Nacht war katastrophal gewesen. Jedenfalls empfand er das so. Er hatte sich eigentlich darauf gefreut, wieder mit Magdalena in seinen Armen einschlafen und aufwachen zu können. Stattdessen hatte sie ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen und war wütend auf ihn. Er konnte ihre Wut auch irgendwie verstehen. Immerhin mussten diese Fotos ein Schock für sie gewesen sein.

„Scheiss Paparazzi", fluchte er, als er die nun volle Kaffeetasse nahm und leicht daran nippte. Noch viel zu heiss war die dunkle Brühe, so dass sich der Spanier sogleich die Zunge daran verbrannte. „Scheisse!", rief er aus und musste sich beherrschen, um die Tasse nicht auf die Anrichte zu knallen. Er war müde und erschöpft, hatte nachts kein Auge zugetan und hatte keine Ahnung, was er jetzt tun sollte.

Unruhig tigerte er mit seinem Kaffee durch die Wohnung, in seinem Kopf immer wieder die Frage, was er tun sollte, damit Magdalena ihm doch glaubte. Auch wenn er selbst nicht genau wusste, ob er ihr die Wahrheit sagte. Warum nur hatte er zu tief ins Glas geschaut? Warum nur? Ansonsten hätte er noch genau gewusst, was er getan hatte. Aber ob er das überhaupt wissen wollte? Er seufzte und fuhr sich durchs Haar. Es war zum aus-der-Haut-fahren.

Wie lange er schliesslich darüber nachgedacht hatte, was er tun sollte, wusste er im Endeffekt auch nicht mehr. Doch irgendwann ertappte er sich dabei, wie er nach seinem Handy griff und Gutis Nummer im Telefonverzeichnis suchte. Er brauchte Hilfe. Guti und Iker waren diejenigen, die wussten, was an diesem Abend geschehen war. Und er war sich sicher, nur die beiden konnten ihm helfen.

„Sergio, was willst du? Es ist halb zehn morgens", erklang Gutis Stimme genervt und Sergio biss sich auf die Lippen. Ihm war gar nicht aufgefallen, wie früh es noch war. „Ja, entschuldige bitte. Aber ich...ich brauche deine Hilfe. Und die von Iker."

„Was ist denn los? Ist etwas passiert?" Nun hörte sich Guti wacher an, neugierig. Und so begann Sergio ihm von seinem Besuch bei Magdalena zu erzählen. Wenige Minuten später erzählte er auch Iker davon und noch bevor die Uhr zwölf schlagen konnte, standen die beiden Mannschaftskollegen von Sergio bei ihm vor der Tür, hilfsbereit wie immer.

„Also, was verlangst du jetzt von uns?", platzte Iker sogleich raus, als er mit Sergio und Guti im Flur stand. „Ihr beide, ihr wisst mit absoluter Sicherheit, dass da nichts gelaufen ist. Das habt ihr mir selbst gesagt. Ihr habt mich doch nicht belogen, oder?" Mit zusammengekniffenen Augen musterte Sergio seine beiden Freunde, die den Kopf schüttelten. „Spinnst du? Bei sowas lügen wir nicht", grummelte Guti mit vor der Brust verschränkten Armen. Sergio nickte. „Gut. Ihr müsst nämlich Magdalena davon überzeugen, dass ich mir nichts zu Schulden habe kommen lassen. Sie glaubt mir nämlich kein Wort und ich bin ehrlich gesagt mit meinem Latein auch ziemlich am Ende. Ihr könnt sie bestimmt davon überzeugen. Iker, du bist ohnehin der glaubwürdigste Mensch in ganz Madrid. Bitte tut mir den Gefallen." Flehend sah er die beiden jetzt an. Iker und Guti wechselten einen kurzen, vielsagenden Blick, bevor sie sich wieder ihrem verzweifelten, sevillanischen Freund zuwandten. „Aber nur, weil du es bist und wir Magdalena mögen", sagte Guti nun mit erhobenem Zeigefinger und Sergio nickte heftig. „Danke."

„Schon gut", winkte Iker ab und folgte Guti wieder raus aus dem Flur. Sergio sah den beiden noch nach bis sie mit ihren Autos davongefahren waren und betete, dass wenigstens Guti und Iker Erfolg haben würden bei Magdalena.


Bad RomanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt