11.

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In den folgenden Tagen verbrachten sie viel Zeit miteinander, anfangs im Garten, doch immer häufiger überraschte Lucian sie mit spontanen Ausflügen in den nahen Wald, wo sie dann bis zum Abend am Fluss saßen und einfach nur redeten. Außer gelegentlichen Küssen versuchte er nicht, sie anzufassen.
Nach fünf Wochen regnete es einmal so stark, dass auch das Dach des Pavillons das Wasser nicht vom Eindringen abhalten konnte. Auf dem kurzen Weg vom Pavillon zum Schloss wurden sie bereits komplett durchnässt, doch trotzdem lachend gingen sie wieder zum Drachenraum, wie sie ihn getauft hatten.
Lucian hatte bereits mit Regen gerechnet, denn in dem kleinen Zimmer brannte ein gemütliches Feuer im Kamin und verbreitete eine angenehme Wärme, davor lagen einige Kissen und Decken, außerdem Hemd und Hose für Lucian und ein schlichtes grünes Kleid für Jenna. Sie wischte sich Wasser aus dem Gesicht und wrang Regen aus ihren Haaren, auch Lucian schüttelte den Kopf, wobei Tropfen aus seinen dunklen Haaren flogen.
„Sehr freundlich vom Wetter, meine Planung zu unterstützen.", grinste er. Jenna lachte.
„Ich bin dem Wetter auch sehr dankbar.", witzelte sie.
Sie wollte ihn gerade darauf aufmerksam machen, dass sie beide eine Pfütze hinterließen und drehte sich um, als er sein Shirt über den Kopf zog. Der nasse Stoff klatschte auf den Boden und sie ertappte sich dabei, wie sie auf seinen nackten Oberkörper starrte. Einzelne Tropfen liefen über seine muskulöse Brust und seinen flachen Bauch und sie musste sich zusammenreißen, um nicht die Hand auszustrecken und über seine helle Haut zu fahren. Er bemerkte ihren Blick und sah sie triumphierend an. Erst wurde sie rot, versteckte dann aber ihre Verlegenheit hinter einem hinterlistigen Grinsen.
Was der konnte, konnte sie auch. Mal sehen wie er reagierte. Mit der Hand legte sie ihre nassen Haare über ihre rechte Schulter und drehte sich mit dem Rücken zu ihm.
„Knöpfe.", sagte sie auffordernd. Verblüfft sah er sie an und öffnete den obersten Knopf. Betont gelangweilt blickte sie in den Raum, während er ihr Kleid aufknöpfte. Schließlich drehte sie sich wieder um und ließ ihr Kleid zu Boden gleiten, sodass sie nur noch in ihrem Unterkleid dastand. Sie hörte, wie er scharf die Luft einsog und sah ihn ebenfalls triumphierend an. Lucian konnte den Blick gar nicht von ihr wenden. Er schluckte trocken, dann räusperte er sich.
„Du weißt, wo das hin führt.", begann er zögerlich. Der nasse Stoff des Unterkleides klebte eng an ihrem schlanken Körper. Sie sah ihn an. „Vielleicht ist das keine gute Idee.", fuhr er fort, seine Stimme leicht rau. Sie war überrascht.
„Es ist nicht, dass ich dich nicht will.", erklärte er schnell und ließ seinen Blick über ihre langen Beine schweifen.
„Ich möchte nur nichts überstürzen."
Verlegen senkte die den Blick und nickte. Eigentlich war sie froh, dass er so dachte, es war nicht ihr Plan gewesen, jetzt mit ihm zu schlafen.
Sie schnappte sich das trockene Kleid und benutzte es als Vorhang, während sie ihr Unterkleid wechselte. Auch Lucian hatte sich umgedreht und vermied es, sie anzusehen, während er eine trockene Hose anzog. Er glaubte nicht, dass ihre Beziehung schon dafür bereit war.
Getrocknet und umgezogen ging er zu ihr und legte ihr eine der Decken um die Schultern. In weiche Decken gehüllt setzten sie sich vor das wärmende Feuer, wo Jenna sich an ihn lehnte. Eine Weile starrten sie schweigend in die tanzenden Flammen, dann bat sie ihn leise:
„Erzähl mir was."
Er sah sie an und legte seinen Arm um sie.
„Was möchtest du denn hören?", fragte er, während er mit der linken Hand liebevoll durch ihre Haare fuhr.
„Warum weiß niemand, dass es dich gibt? Warum bist du nie bei irgendwelchen Reden oder Bällen?" Sie hob den Blick und sah ihm in die Augen. Er erwiderte ihren Blick und zog sie an sich, woraufhin sie auf seinen Schoß kletterte und sich an ihn kuschelte. Fürsorglich legte er die Arme um sie.
„Wie du vermutlich weißt, habe ich sehr jung meine Mutter verloren."
Sie spürte seine tiefe Stimme als ein Vibrieren seines Brustkorbs.
„Mhm.", bestätigte sie und forderte ihn so auf, weiter zu reden.
„Anfangs war Vater am Boden zerstört. Seit dem Tod meiner Großeltern war sie das Wichtigste überhaupt. Nach ihrem Tod war ich es. Er hatte Angst, mich zu verlieren und versteckte mich deswegen. Nur einige ausgewählte Diener durften zu mir, bis ich es irgendwann nicht mehr ausgehalten habe und abgehauen bin. Als ich wieder da war, hat er eingesehen, dass es so nicht funktionieren kann, und hat einfach versucht, es mir möglichst schön zu machen, damit ich da bleibe. Ihm zuliebe bin ich also im Schloss geblieben, nur manchmal bin ich verkleidet auf den Markt oder auf Bälle gegangen, natürlich heimlich. Und auf einem der Bälle habe ich dann dich kennen gelernt."
Lucian schloss seine Erzählung mit einem sanften Kuss ab. Jenna lächelte. „Das ist ja gar nicht so spannend, wie ich gedacht hatte.", zog sie ihn auf.
Er lachte nur.
„Tut mir wirklich leid.", grinste er zurück.
Liebevoll alberten sie weiter herum und verbrachten den Tag mit Kuscheln und Reden, bis sie wieder nach Hause musste.
„Ich würde dir morgen gerne das Schloss zeigen.", verabschiedete er sich.
„Dann hab ich ja gleich zwei Gründe, mich auf morgen zu freuen.", lächelte sie und küsste ihn.
„Nummer eins bist du.", hauchte sie an seinen Lippen, dann verschwand sie im Regen.

JennaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt