Jenna hob überrascht die Augenbrauen, dann wartete sie, ebenso wie Lucian, gespannt auf die Reaktion des Königs. Dieser wirkte ein wenig misstrauisch.
„Seit wann kennt ihr euch?"
Ihm war anzusehen, dass er ihre Beziehung nur für eine für die Jugend typische, flüchtige Liebe hielt.
„Seit etwa eineinhalb Monaten.", versuchte Lucian die Zweifel seines Vaters beiseite zu wischen.
„Wie habt ihr euch kennengelernt?"
Jenna machte den Mund auf, um etwas zu sagen, doch Lucian kam ihr zuvor
„Wir sind uns zufällig im Park begegnet.", beantwortete er schnell die Frage. Misstrauisch sah der König zu Jenna, die sich beeilte, bestätigend zu nicken.
„Meinetwegen darf sie hier wohnen. Hast du schon mit ihrem Vater gesprochen?" Lucian schüttelte verneinend den Kopf.
„Er erlaubt es bestimmt.", versicherte sie ihm.
„Wir werden sehen. Es war mir eine Freude, dich kennenzulernen."
Mit diesen Worten verließ der König den Raum und schloss die Tür hinter sich, obwohl ihm anzusehen war, dass er noch immer nicht wirklich wusste, was er davon halten sollte.
„Tut mir leid, vielleicht hätte ich es ihm sagen sollen." Lucian sah sie zerknirscht an. Verlegen blickte sie zurück.
„Ich...habe es meinem Vater auch nicht erzählt."
Sie sah auf den Boden, doch der Prinz war nur überrascht.
„Hat er sich nicht gefragt, wo du bist?"
„Nein, mein Bruder hat immer Ausreden für mich gefunden."
„Also hast du es deinem großen Bruder gesagt, aber nicht deinem Vater?"
Sie nickte.
„Und...Was hält dein Bruder davon? Ältere Brüder neigen dazu, ihre Schwestern vor anderen beschützen zu wollen. Wahrscheinlich weil sie genau wissen, wie ein Mann beim Anblick einer Frau denkt."
Beim letzten Satz grinste er sie frech an. Sie verdrehte nur die Augen, musste aber auch lächeln.
„Sollte Nat dagegen sein, dass ich mit dir zusammen wohne, ist mir seine Meinung ziemlich egal und das weiß er."
Lachend schüttelte Lucian den Kopf.
„Du gibst ihm ja nicht mal die Möglichkeit, dich zu beschützen.", meinte er vorwurfsvoll.
„Dafür habe ich ja jetzt dich.", konterte sie. Wieder ernst runzelte Lucian die Stirn und sah sie ein wenig besorgt an. „Jetzt haben wir darüber diskutiert, was wohl alle anderen von der Idee halten, aber ich habe dich noch gar nicht gefragt. Möchtest du überhaupt bei mir leben?"
Sie küsste ihn sanft und sah ihn liebevoll an.
„Natürlich möchte ich das, mein Schatz."
Erleichtert zog er sie in eine Umarmung.
„Wenn wir jetzt losgehen, können wir mit meinem Vater reden. Dann kann ich heute Nacht schon hier schlafen." Über ihren Elan und ihre Vorfreude lachend ließ er sich aus dem Zimmer ziehen. Gemeinsam liefen sie die Treppe hinunter und zurück zum Pavillon, von dem aus diesmal Jenna die Führung übernahm und sie zu ihrem Haus brachte.
Sobald sie die Eingangshalle betraten, verstand Lucian Jennas Nervosität vor seinem Vater besser, auch er war jetzt ein wenig aufgeregt, obwohl bereits in diesem Haus gewesen war.
Von der Treppe her kam ihnen ein junger Mann entgegen, er war wohl ungefähr so alt wie Lucian, hatte hellbraune verwuschelte Haare und karamellfarbene Augen. Jennas Bruder, Nathaniel, erinnerte der Prinz sich. Dieser sah seinen Schwester und ihren Begleiter überrascht an, dann ging er auf sie zu.
„Nat!", begrüßte Jenna ihn fröhlich und kam ihm entgegen, ohne Lucians Hand los zu lassen.
„Weißt du, wo unser Vater ist?"
Verwirrt wanderte Nathaniels Blick zwischen Jenna und Lucian hin und her, dann antwortete er zerstreut:
„Nein, ich hab ihn heute noch nicht gesehen, aber er ist, glaub ich, in seinem Arbeitszimmer."
Er unterzog Lucian einer genauen Musterung, sein Blick wurde kritischer, als er die verschränkten Hände der beiden sah. Der Prinz hoffte inständig, dass der Bruder seiner Geliebten mit dem, was er sah, zufrieden war. Obwohl Jenna das Gegenteil behauptet hatte, würde die Meinung ihres Bruders aufgrund des starken Bandes zwischen den Geschwistern sie beeinflussen. Da Lucian noch immer keine hilfreiche Emotion im Blick seines Gegenübers erkennen konnte, hielt er ihm die Hand entgegen.
Nathaniel ergriff sie. Er war sich tatsächlich nicht ganz sicher, was er von dem Typen halten sollte, der sich seine Schwester geangelt hatte.
„Ihr müsst Prinz Lucian sein. Ich bin Nathaniel.", stellte er sich vor, während er die dargebotene Hand schüttelte. Lucian rang sich ein Lächeln ab.
Den Respekt dieses Mannes würde er sich verdienen müssen, allerdings bevorzugte er diese kritische Haltung, anstelle eines Feiglings, der nur seine politische Stellung sah.
„Warum sucht ihr Vater?", fragte Nathaniel.
„Ich möchte bei ihm wohnen.", erklärte Jenna.
Nachdenklich blickte ihr Bruder sie an. „Jenna, sie doch schon mal nach, ob Vater im Arbeitszimmer ist. Ich würde mich gerne noch ein wenig mit dem Prinzen unterhalten."
Sie nickte, warf ihrem Bruder aber noch einen warnenden Blick zu, bevor sie die Treppe hinauflief.
Nat verschränkte die Arme und schürzte nachdenklich die Lippen, während er seinen Gegenüber ansah. Lucian war Kritik gewöhnt, immerhin urteilte ein ganzes Land über ihn, doch mit den Bruder seiner Geliebten wollte er sich auf jeden Fall gut stellen.
„Was bedeutet sie Euch?", brach Nat das Schweigen.
„Ich liebe sie. Ich würde alles für sie tun."
Nathaniel nickte, dann sah er ihn scharf an.
„Das hoffe ich für Euch, denn solltet Ihr meine Schwester verletzen, werde ich ungeachtet dessen, wer oder was Ihr seid, meine Schwester rächen." Stumm nickte Lucian. Diese Ansage war mehr als deutlich. Ob man das als gut gestellt ansehen konnte, war eine andere Sache. Nathaniel schien zu spüren, wie ernst und nervös er war, denn er lächelte ihn aufmunternd an. „Abgesehen davon ist es mir eine Ehre, Eure Bekanntschaft zu machen." Auch Lucian lächelte erleichtert, dann gingen die beiden Männer die Treppe hinauf, um zu sehen, ob Jenna fündig geworden war.
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Jenna
FantasyJenna lernt den charmanten Prinzen Lucian kennen, mit dem sie dann bald ins Schloss zieht. Ihr kurzes Glück wird von einer Reihe von Morden getrübt, die nicht lange außerhalb des Schlosses bleiben. Haben die Morde irgendetwas mit Jennas Anwesenheit...