Der Tag begann wieder mit Nachricht und Blume, darauf folgte eine Trainingseinheit mit Felician im Wachraum, bei der er an verschiedenen Stellen ihre Haltung korrigierte und sie vor allem wiederholen ließ.
Nach dem gefühlt tausendsten „Übung macht den Meister" hätte sie ihm am liebsten eines seiner Messer unter die Nase gehalten, doch sie merkte tatsächlich, dass sie sich durch die Wiederholungen verbesserte und ihre Bewegungen flüssiger wurden und ineinander übergingen.
Felician verschwieg ihr, dass er der Meinung war, sie sei so gut, dass sie unmöglich Anfängerin sein konnte und er nie jemanden so schnelle Fortschritte hatte machen sehen.
Jenna sagte ihm nicht, dass sie die Übungen noch ein paar mal in ihren Gemächern wiederholte, bis Lucian kam.Am Tag danach begann Felician, ihr Finten und Täuschungen beizubringen und diese in das bereits Gelernte einzubauen. Am Abend berichtete Lucian ihr erschöpft und besorgt von einem zweiten Mord, dessen Opfer in keinerlei Verbindung zum ersten stand, außerdem fällte Jenna den Entschluss, weiterhin zu Felician zu gehen, um zu trainieren, da sie sich dadurch wohl am besten würde schützen können, aber Lucian nichts zu sagen. Und sie würde sich einen anderen Ort zum trainieren suchen müssen, da die Wachen in Fandrum Sitëa verstärkt wurden und den Wachraum benötigten.
Die Blume am Morgen wurde zu einer Art Brauch, den Jenna sehr genoss, da Lucian seit dem zweiten Mord durchgehend beschäftigt war und auch sein Kampftraining, bei dem sie hatte zusehen wollen, absagen musste.
Bei Felician gab es erneut eine Wiederholungsstunde, bis sie es nicht mehr aushielt und ihn anbettelte, etwas anderes zu machen, bis er nachgab und mit Messerwerfen anfing.Am folgenden Tag überraschte sie ihn mit einer Wohnung, die sie gekauft hatte, um den Wachraum frei zu geben und die aus einem großen offenen Raum bestand, mit einer kleinen Kammer, in der sie einzelne Waffen und Rüstungen gestopft hatte, zusammen mit einer Strohpuppe und zwei Zielscheiben. An diesem Tag wurden diese beiden Zielscheiben zahllose Male von Jennas zielsicheren Messerwürfen durchbohrt und Felician überlegte zweifelnd, ob sie schon für die nächste Stufe bereit war. Zum einen war es ziemlich früh, um damit bereits anzufangen, zum anderen hatte sie alles sehr viel schneller erlernt als das normalerweise der Fall war. Er ließ sie weiter werfen und entschied sich, sie am nächsten Tag zu testen.
Abends lenkte Jenna ihren Mann geschickt mit Küssen, einem kurzen Kleid und den daraus folgenden Konsequenzen von seinen trübseligen Gedanken ab. Wobei man sagen musste, dass er nicht wirklich versuchte, sich nicht ablenken zu lassen.Felician brachte sie am nächsten Tag zum Trainieren in den Wald und ließ sie Messer auf einzelne Äste werfen, die sie fast ausnahmslos traf. Erstaunt den Kopf schüttelnd beobachtete er, wie sie ein fallendes Blatt mit einem Wurf an einen Baum spießte. Inzwischen hätte er wirklich gerne mehr über sie und vor allem ihre Familie und ihre Abstammung gewusst, um nachvollziehen zu können, weshalb sie so verdammt geschickt war. Jetzt musste nur noch sie bereit sein, die nächste Stufe des Messerkampfes zu beginnen, doch er hoffte, dass sie inzwischen ein gewisses Vertrauen zu ihm aufgebaut hatte. Er verschob das Thema auf den nächsten Tag und ging mit ihr auf den Markt. Mit der Goldmünze, die sie ihm wie jeden Tag gegeben hatte besorgte er wieder Brot, Obst, Gemüse und Käse. Da jeden Tag nach seinem Einkauf noch ein oder zwei Silberlinge übrig geblieben waren, würde er vielleicht bald sogar einmal Fleisch kaufen können. Gem kaufte zwei mit Schokolade gefüllte Teigtaschen, von denen sie sich eine mit Felician teilte, der inzwischen eingesehen hatte, dass er um ihre kleinen Geschenke zwischendurch nicht herum kommen würde, das andere schenkte sie Shenni, bevor sie wieder nach Hause ging. Dies war der erste Abend, an dem sie einschlief, bevor Lucian heim kam. Sie hatte ihren Mann den ganzen Tag nicht ein einziges Mal gesehen.
Am nächsten Morgen war sein üblicher Brief mit überschwänglichen Entschuldigungen gefüllt, aber auch mit der Information, dass ein dritter Bürger eines nicht natürlichen Todes gestorben war. Seine Drachenschuppe, die sie immer bei sich trug, hielt sie an diesem Tag besonders fest umklammert. Eigentlich hatte Felician mit ihr die neue Kampfart anfangen wollen, doch als er sah, wie niedergeschlagen sie war, ließ er sich von den drei Toten erzählen, was zu einem langen Gespräch über die Morde, den Tod seiner Eltern und die Frage, ob Jenna denn dank ihrer neu erlernten Fähigkeiten mit dem Messer wohl auch bereit sein würde, zu töten, wenn es sein musste. Sie war sich wirklich nicht sicher und hoffte inbrünstig, dass es nie soweit kommen würde, dass sie töten musste. Nach ihrer Diskussion, die beiden gut getan, aber sie auch bedrückt hatte, ging Jenna zum Münzpräger, dem sie vor fünf Tagen ihren Entwurf für die Prägung gebracht hatte. Wie der kleine Mann voraus gesagt hatte, war er noch nicht fertig, deshalb ging Jenna wieder heim, wo auch Lucian nach einer Weile ankam. Er versprach ihr, den übernächsten Tag frei zu nehmen, dann fiel er noch vor dem Abendessen erschöpft ins Bett und schlief ein.
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Jenna
FantasyJenna lernt den charmanten Prinzen Lucian kennen, mit dem sie dann bald ins Schloss zieht. Ihr kurzes Glück wird von einer Reihe von Morden getrübt, die nicht lange außerhalb des Schlosses bleiben. Haben die Morde irgendetwas mit Jennas Anwesenheit...