13.

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Nachdem Lucian es nach ein paar Stunden noch immer nicht geschafft hatte, Jenna davon zu überzeugen, dass es im Schloss noch weitaus mehr Sehenswertes gab, als den Ausblick von der Wehrmauer, hob er sie kurzentschlossen hoch und warf sie über seine Schulter. Sie protestierte lachend, ließ sich dann aber doch nach unten tragen. Kaum stand sie wieder, versuchte sie, ihn weg zu schieben, doch er legte kurzerhand seine Arme um sie und küsste sie. Unter seinen Kuss fiel ihre spielerische Gegenwehr zusammen und sie seufzte leise.
„Kann ich dir jetzt den Bergfried zeigen ohne das du weg und auf die Mauer rennst?"
Noch leicht atemlos von seinem Kuss nickte sie. Sie traten wieder hinaus in den Hof, doch als diesmal alle gafften, beschränkte er sich darauf, seinen Arm besitzergreifend um ihre Taille zu legen. Jenna war einfach viel zu gut gelaunt, um sich an all den Blicken zu stören, weshalb sie problemlos den Bergfried erreichten. Bevor sie eintrat, hob Jenna den Blick und sah den großen Turm vor sich aufragen. Da Lucian sich nicht sicher war, ob sie hohe Gebäude ebenso faszinierend fand, wie die Aussicht von selbigen, zog er sie schnell ins Innere des Turms.
Hier wand sich eine Wendeltreppe vom Boden des Turms bis ganz nach oben und trennte die Zimmer und Wohnungen, die außen lagen, von den Gemeinschaftsräumen, die den Kern des Bergfrieds darstellten.
„Also, ich habe zwei Gemächer hier. Eines oben, für den Fall eines Angriffs und eines unten für faule Tage in sicheren Zeiten." Bei den letzten Worten grinste er.
„Solche Tage hab ich öfter.", fügte er hinzu. Nachdenklich sah Jenna ihn an. „Hast du Fenster in deinen Zimmern?"
„Ja.", antwortete er vorsichtig. Worauf wollte sie hinaus?
Freudig hüpfte sie zur Treppe.
„Na dann möchte ich zum Oberen.", verkündete und lief die Stufen hinauf. Kopfschüttelnd sah Lucian ihr hinterher.
„Ich denke, ich bringe dich lieber zum Unteren!", rief er ihr nach.
Natürlich brachte er sie zum Oberen.
Sein Gemach belegte das gesamte vorletzte Stockwerk, über ihm waren nur die Räume seines Vaters, doch der verwendete immer häufiger seine unteren Wohnräume.
„Und, ist es hier genau so toll wie auf der Mauer?"
Vorwurfsvoll sah sie ihn an.
„Das musst du doch wissen. Du wohnst hier."
Bei diesem Einwand musste er ihr Recht geben und trat neben sie ans Fenster. Er ließ seinen Blick über die Landschaft schweifen und versuchte dabei, die Aussicht so zu sehen, wie Jenna. Nachdenklich legte er den Kopf schief.
„Ich denke, der Blick von hier ist besser, immerhin sind wir viel weiter oben."
Mit belehrender Miene schüttelte sie den Kopf.
„Aber die Hälfte des Ausblicks von hier ist ja die Mauer. Und alles ist so klein, dass man kaum noch Menschen erkennen kann. Allerdings kann man von hier aus die Leute im Hof besser beobachten."
Auch sie wurde nachdenklich.
„Okay, das ist schwierig.", lenkte sie ein.
„Was findest du am Schönsten?", fragte sie und sah weiter aus dem Fenster. Lucian legte ihr eine Hand unters Kinn und drehte ihren Kopf leicht.
„Ich finde dich am Schönsten.", stellte er dann fest. Geschmeichelt wurde Jenna rot.
„Und da musstest du jetzt so lange nachdenken?", neckte sie ihn, spürte aber, wie ihr Herz schneller schlug, als er sie an sich zog und liebevoll küsste. Bevor er etwas erwidern konnte, schlang sie die Arme um seinen Nacken und küsste ihn erneut. Lucian überlegte schon, ob er sie zum Bett bringen sollte, als es klopfte. Genervt löste er sich von ihr.
„Dieses Timing.", murmelte er verärgert, was ihr ein bedauerndes Lächeln entlockte.
Er wollte den Störenfried gerade anfahren, da erkannte er seinen Vater, der vor der Tür stand. Respektvoll senkte er den Kopf. „Vater.", begrüßte er ihn.
„Lucian.", erwiderte der König.
„Was höre ich überall? Dass du mit einer hübschen jungen Dame unterwegs bist? Die dir wohl ziemlich den Kopf verdreht hat?"
„Die Leute scheinen ja ziemlich ins Detail gegangen zu sein.", stellte der Prinz missmutig fest, dann trat er einen Schritt zur Seite, sodass sein Vater Jenna sehen konnte, die neugierig hatte gucken wollen, wer geklopft hatte. Überrascht knickste sie jetzt tief. „Euer Majestät."
„Und die Leute scheinen mit ihren Details Recht zu haben.", stellte der König fest und küsste Jenna galant auf die Hand. Sie lächelte geschmeichelt. Irritiert bemerkte Lucian, wie nervös sie war, bis ihm einfiel, dass sie dem König zum ersten Mal persönlich begegnete. Sowohl beruhigend als auch besitzergreifend legte er die Arme um sie.
„Vater, das ist Jenna. Jenna, mein Vater, König Malcolm von Rehingard lll.", stellte er die beiden einander vor. Mit einem Nicken nahm Malcolm die Vorstellung zur Kenntnis.
„Darf ich fragen, weshalb Ihr hier seid?", fragte er Jenna. Diese sah hilfesuchend zu Lucian, immerhin wollte sie nicht, dass der König sie für total bekloppt hielt, wenn sie sagte, dass sie wegen der Aussicht hier war. Lucian bemerkte ihren Blick und antwortete an ihrer Stelle:
„Ich hatte gehofft, Jenna könnte bald im Schloss einziehen."

JennaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt