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Ihr Gesicht verzog sich zu einem glücklichen Lächeln, als sie nach dem Erwachen Lucian neben sich liegen sah. So oft war er am Morgen schon weg gewesen, dass es jetzt umso schöner war.
„Guten Morgen, Prinzessin.", raunte er mit seiner vom Schlaf rauen Stimme.
„Guten Morgen, Prinz.", erwiderte sie lächelnd und küsste ihn sanft.

„Was hältst du von Frühstück im Bett?"
„Ziemlich viel.", gähnte sie und rieb sich die Augen.
„Bestimmt kommt gleich jemand. Die werden sich ja hoffentlich nicht daran gewöhnt haben, dass ich das Essen selbst hole.", scherzte er wickelte eine ihrer Haarsträhnen um seinen Finger.
Wie auf Befehl erklang ein schüchternes Klopfen an der Tür.
„Euer Hoheit?", fragte eine dünne Stimme nervös.
„Da scheint aber jemand Angst zu haben.", raunte Lucian seiner Freundin zu, aber sie verdrehte schmunzelnd die Augen.
„Ich gehe hin, sonst hinterlässt der Page noch eine Pfütze vor der Tür.", kicherte sie und stand auf, um sich schnell in ein lockeres Kleid zu wickeln und die Tür zu öffnen.
Der schmächtige Page, den sie auf vielleicht siebzehn Jahre schätzte, starrte sie überrascht an.
Nicht besonders höflich.
„Ja, bitte?", fragte sie freundlich. Er fing sich wieder.
„Prinzessin.", begrüßte er sie und verneigte sich.
„Es gibt ein Problem.", stammelte er.
„Also die... die Küche arbeitet heute nicht." Er schrumpfte ein wenig zusammen und seine Augen weiteten sich, der Grund dafür legte gerade seine Hände von hinten um Jennas Taille.
„Warum nicht? Was ist los?", fragte Lucian.
Der Junge schluckte sichtlich.
„Hoheit, einer der Köche wurde umgebracht."
Der Griff um Jennas Taille verkrampfte sich kurz, bis Lucian sich wieder ein wenig entspannte.
„Es gab keine Tatwaffe, Majestät. Aber er hatte einen Schnitt quer über den Hals."
„Jenna, möchtest du lieber reingehen?", fragte der Prinz besorgt, als sie ein wenig blass wurde, doch sie schüttelte den Kopf und lehnte sich an ihn.
„Nein. Ich möchte das wissen.", sagte sie leise.
Der Page wurde knallrot. Anscheinend war ihm das private Gespräch des Pärchens ziemlich peinlich.
„Okay. Sonst noch etwas?", wandte sich Lucian mit gerunzelter Stirn wieder an den Jungen. Dieser schüttelte verneinend den Kopf.
„Danke.", nickte der Prinz ihm knapp zu und schloss die Tür wieder.
Enttäuscht ließ sich Jenna auf einen Stuhl sinken. Das war's dann wohl mit ihrem freien Tag.
„Und jetzt?", fragte sie leise.
Sie wollte nicht, dass er ging.
Er bemerkte ihre bedrückte Stimmung und schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln.
„Jetzt, mein Schatz, gehen wir in ein Café frühstücken.", verkündete er und zog sie hoch.
Überrascht hakte sie sich bei dem von ihm dargebotenen Arm unter und sie verließen das Schloss. Gemeinsam spazierten sie in die Stadt, auf der Suche nach einem netten Café, während alle Leute ihnen verwundert hinterher sahen. Jenna beschloss, dass Getuschel zu ignorieren und die Zeit mit ihrem Mann zu genießen.
Schließlich fanden sie eine nette kleine Gaststätte, in der sie frühstückten und sich über die verwunderten Blicke der anderen Leute lustig machten.

„Was möchtest du jetzt machen? Wir haben den ganzen Tag.", fragte Lucian sie gut gelaunt, nachdem sie gegen den Willen der Kellnerin das Essen bezahlt hatten. Sie zuckte ratlos mit den Schultern.
„Worauf hast du Lust? Theater vielleicht? Oder wir könnten einfach spazieren gehen."
„Ich wollte dir beim Training zusehen, damit ich mir keine Sorgen mehr um dich machen muss.", schlug sie ihm lachend vor. Nachdenklich fuhr er sich mit den Fingern durch die dunkelbraunen Haare.
„Also mein Trainer würde sich freuen, wenn ich mal wieder vorbeischaue."
„Na dann, jetzt haben wir einen Plan!", rief sie abenteuerlustig und zog ihn mit sich, um dann festzustellen, dass sie gar nicht wusste, wo ihr Freund trainierte und ihm unauffällig die Führung überließ.

Der Trainingsraum für den Prinzen lag unter dem Bergfried, zwei Stockwerke über den Verliesen. Hier war der Boden mit Matten ausgelegt und es gab viel mehr Möglichkeiten, einen gegnerischen Angriff zu simulieren, beispielsweise einige Seilkonstruktionen an der Decke. Im Raum daneben standen verschiedene Waffen und drei Rüstungen, alle auf Lucian zugeschnitten, eine aus Leder, eine traditionell aus Stahl und eine reich verzierte, die nur als Schmuck diente. Ein lautes Sirren kam aus einer Ecke, in der ein Mann von vielleicht dreißig Jahren saß und ein Schwert auf einem Schleifstein schärfte.
Als er die beiden bemerkte sah er erfreut auf.
„Prinz Lucian! Eine Ehre, dass Ihr mal wieder hier her kommt!"
„Ich lasse doch meinen Trainer nicht sitzen, Tax.", grinste der Prinz und begrüßte ihn mit einem freundschaftlichen Handschlag.
Tax machte große Augen und nickte Lucian anerkennend zu, als er Jenna sah.
„Darf ich fragen, wer Ihr seid?", fragte er galant und verbeugte sich mit einem Handkuss.
„Das ist Jenna, sie lebt seit einem Monat bei mir.", antwortete der Prinz für sie und stellte sich besitzergreifend hinter seine Freundin.
„Und wann ist die Hochzeit, Herrschaften?", fragte der Trainer neugierig.
Auch wenn Lucian ihn sympathisch zu finden schien, konnte Jenna ihn nicht besonders leiden. Er wirkte irgendwie schleimig.
Lucian stockte kurz.
„Wir...", er wusste nicht, was er darauf erwidern sollte, deshalb beendete Jenna den Satz für ihn:
„...wollen nichts überstürzen."
Dankbar für ihre Unterstützung nickte der Prinz und wechselte das Thema:
„Ich wollte ein bisschen trainieren. Hast du gerade Zeit, Tax?"
Tax lachte auf.
„Ich kann dir doch seit du fünfzehn bist nichts mehr beibringen!"
Trotzdem legten beide Lederrüstungen an und nahmen sich jeder ein Schwert.
Jenna stand am Rand und beobachtete, wie die Männer sich in der Mitte des Raumes gegenüber traten.

JennaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt