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Sie biss die Zähne zusammen und atmete tief durch, bevor sie die Hand hob und an das dunkle Holz der Wohnungstür klopfte. Dumpf hallte der Ton durch den Gang und sie zuckte zusammen. Die Nervosität machte sie ungewöhnlich schreckhaft und ihr Blick huschte hektisch von einer Ecke zur anderen, ohne dass sie offensichtlich den Kopf bewegte.

Ein Poltern ertönte aus der Wohnung, das Schloss öffnete sich mit einem Quietschen und einem Klacken, dann wurde die Tür einen Spalt breit geöffnet und Felician sah heraus. Seine Augen weiteten sich ungläubig, als er Jenna sah. Kurz überprüfte er den Gang hinter ihr mit einem schnellen Blick, dann öffnete er die Tür ein Stück weiter. Ein unangenehmes Schweigen breitete sich aus, bis er sich räusperte und sie leise anfing:
„Hey."
„H-hey. Mein Beileid zu Eurem Verlust.", antwortete er leise, während sein Blick über den Boden und die Wände huschte, aber nie zu ihr.
„Was?"
„Ich meinte die Beerdigung, Hoheit."
Verdammt. Er hatte tatsächlich Angst vor ihr.
„Feli?", fragte sie leise und er zuckte zusammen.
„Ich bin doch immer noch ich."
Hilflos hob sie die Schultern.
„Ich bin immer noch Gem."

Endlich sah er auf.
„Gem... Hoheit, ich-"
„Jenna. Ich heiße Jenna."
„Prinzessin Jenna-"
„Nur Jenna."
Er atmete tief durch.
„Jenna... Wie soll das funktionieren? Du bist bald Königin, spätestens wenn du König Lucian heiratest oder dich mit ihm verlobst."
„Wir sind schon verlobt.", murmelte sie leise, worauf Felician nichts sagte.
„Aber wir können doch immer noch trainieren!", bettelte sie, doch er sah sie nur zweifelnd an.
„Wir sollten das nicht tun."
„Aber-"
„Eine Königin kämpft nicht, Jenna."
„Sag mir nicht, was ich zu tun habe!"
Er zuckte wieder zusammen, als würde er sich erinnern, wen er vor sich hatte.
„Nein, Feli, so war das nicht gemeint! Bitte..."
Schweigend starrte er sie an, bis sie verletzt flüsterte:
„Das Einzige, was dich davon abhält, die Tür zu schließen, ist mein Stand."
Felician schüttelte den Kopf.
„Gem wäre nie vor verschlossener Türe gestanden. Aber du bist nicht Gem, egal, wie du das siehst. Gem existiert nicht und das habe ich erst jetzt verstanden. Es tut mir leid, Jenna."
Mit diesen Worten nickte er ihr ein letztes Mal zu und schloss die Tür.

Sein Herz spielte verrückt und er presste sich schwer atmend an die Wand. Was hatte er getan?
Er hatte sich in es verliebt.
Er hatte Gefühle dafür entwickelt, für die leere Hülle, die Fassade, die Person, die es nie gegeben hatte. Verzweifelt kniff er die Augen zusammen. Auf dieser Beerdigung war nicht nur der König gestorben, sondern auch Gem.

Draußen auf dem Gang stand Jenna noch immer regungslos vor der geschlossenen Tür. Eine einzelne Träne lief ihre Wange hinunter. So fühlte es sich also an, zur Königsfamilie zu gehören. Langsam verstand sie Lucians Sorgen und den Zweifel, ob er sie wirklich heiraten sollte. Dann wären es nur noch sie beide, der Rest der Welt würde sie nie als Personen, sondern immer als Rang sehen und behandeln. Aber wen hatte sie jetzt noch, außer ihm? Ihr Bruder und ihr Vater würden ihr Verhalten ihr gegenüber sicher nicht großartig ändern.

Niedergeschlagen schlich sie wieder zurück ins Schloss und verbrachte die übrige Zeit mit einem ausgiebigen Bad, bis endlich Lucian kam.
Er brachte ihr ein lockeres weißes Kleid aus einem Stoff, der sie an Blütenblätter erinnerte. Leicht und bequem wehte es bei jeder Bewegung hinter ihr her wie Flügel.
„Komm schon, Engelchen, du kannst später noch fliegen. Jetzt haben wir schon was vor.", lächelte Lucian und zwinkerte ihr zu.

Erwartungsvoll folgte Jenna ihrem Verlobten die Treppe hinunter.
Schließlich trat sie durch die Tür, die er ihr aufhielt, in einen großen Ballsaal, der von unzähligen Kerzen erhellt war. Am Rand, auf Treppen und Balustraden, überall glühten kleine goldene Lichter.
Lucian schloss die Tür und trat hinter sie, als leise Musik zu spielen begann.

„Woher kommt die Musik?", fragte Jenna erstaunt und sah sich suchend um.
„Eine kleine Spielerei, an der unsere Magier gearbeitet haben. Es spielt Musik, die bereits einmal aufgenommen wurde."
Er nahm ihre recht Hand in seine und küsste sie galant.
„Euer Hoheit, darf ich Euch um einen Tanz bitten?", fragte er leise und sah auf sie herab, während er seine linke Hand locker auf ihren Rücken legte.
„Es wäre mir eine Freude.", antwortete Jenna mit geröteten Wangen und legte ihren freien Arm leicht auf seinen.
Ein langsamer Walzer erfüllte den Raum und das Paar begann zu tanzen.

Der Prinz hatte nur Augen für seine Partnerin, wie sie barfuß, mit vom Baden wilden Haaren und leuchtenden Augen zu ihm aufsah, während sie ihre eleganten Schritte seiner Führung anvertraute. Als sie sich drehte, wehte der helle Stoff um ihren Körper.
Lucian musste schlucken und blinzelte ungläubig.
Sie war so wunderschön.
Und sie gehörte zu ihm.
Es war einfach unglaublich.

Schweigend, die Augen nur aufeinander gerichtet, tanzten sie ein paar Stunden durch den großen leeren Raum im Kerzenschein, bis sie hungrig wurden und zurück auf ihren Gemächern etwas zu Essen serviert bekamen.

Heute mal zwei Kapitelchen für euch
😄

JennaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt