Kapitel 14

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"Spätzchen? Du musst langsam aufstehen, wenn ich noch mit dir in die Stadt soll." Ich öffne meine Augen und sehe zu meinem Vater, der im Türrahmen steht und mich liebevoll anlächelt. "Ich hab das Frühstück fertig. Kommst du dann runter?" Ich nicke und strecke mich ausgiebig. Er lächelt mich an und verzieht sich dann. Gähnend richte ich mich auf und schwinge meine Beine aus dem Bett. Ich hatte wohl gestern Abend vergessen die Vorhänge zuzuziehen, denn die Sonne scheint fröhlich in mein Zimmer. Lächelnd stehe ich auf und schlüpfe in meine Hausschuhe. "Komm, alter Kater, wir gehen frühstücken.", murmle ich und hebe Mr. Cooper hoch. Er mauzt und springt von meinem Arm, um ganz schnell nach unten zu rennen. Er kann es kaum erwarten etwas zu Fressen zu bekommen. Ich schnappe mir meine Krücken und gehe die Treppe hinunter und dann in die Küche. Papa sitzt bereits am gedeckten Tisch, während Mr. Cooper fröhlich vor sich hin schmatzt. Offenbar hatte Papa Mitleid mit dem armen, vollkommen unterernährten Kater und hat ihm schon sein Futter gegeben. Mein süßer fetter Mr. Cooper. Ich setze mich an den Tisch und nehme mir ein Brötchen aus dem Brotkorb. "Was musst du denn noch alles besorgen?", "Ganz viel Essen und Trinken, damit der arme Timo mir unterwegs nicht verhungert." Papa lacht. "Habe ich mir fast gedacht. Noch etwas?" Ich nicke und schmiere mir Nutella auf mein Brötchen. "Shampoo, Duschgel und Zahnpaste in ganz klein. So was, was extra zum Reisen ist.", "Ja, ich weiß was du meinst.", nickt Papa. Ich beiße von meinem Brötchen ab und sehe zum Kater, der in seinem mittlerweile leeren Napf herumleckt. Das arme Tier.

"Gehst du dich dann fertig machen? Ich möchte ungern so spät losfahren." Ich nicke und stopfe mir das letzte kleine Stückchen von meinem Brötchen in den Mund. "Brauchst du Hilfe beim Anziehen oder so?" Ich schüttle den Kopf und stehe auf. Mit meinen Krücken humple ich die Treppen hinauf. Zuerst gehe ich ins Badezimmer und putze mir meine Zähne. Anschließend bürste ich meine Haare und binde sie zu einem unordentlichen Dutt hoch. Zu guter letzt creme ich noch mein Gesicht ein und dann geht's ab in mein Zimmer, wo ich mich anziehe. Dann noch etwas Parfum drauf und fertig. "Papa? Muss ich Geld mitnehmen?", rufe ich laut. "Wohl kaum.", höre ich ihn lachen. Kichernd gehe ich dann wieder nach unten und sehe ihn erwartungsvoll an. "Fertig?" Ich nicke und schlüpfe noch schnell in meinen einen Schuh. Den anderen brauche ich wegen der Schiene oder eher Gips ja nicht anziehen. Da habe ich einfach eine Wollsocke drüber gemacht, damit der nicht Gips nicht dreckig wird und meine Zehen nicht abfrieren. Papa zieht sich auch schnell Schuhe und Jacke an und dann gehen wir raus zum Auto. "Wo wollen wir hin? Edeka? Da bekommen wir nämlich alles auf einmal. Dann müssen wir nicht noch woanders hin.", "Klingt gut.", lächle ich und schnalle mich an. Papa nickt und fährt vom Hof, was unsere Hunde mit lautem Bellen kommentieren. "Der Tierarzt kommt übrigens heute. Wir müssen gegen 12 also wieder Zuhause sein.", "Der Tierarzt? Warum denn das?", "Das übliche. Sämtliche Impfungen und so weiter. Er checkt die Tiere einfach einmal durch. Und gegen 14 Uhr kommt der Schmied. Eigentlich haben sich beide für nächste Woche angekündigt aber da sind wir beide ja nicht da, weshalb sie sich bereiterklärt haben heute zu kommen." Ich nicke. Das kann was werden. Schoko hasst den Schmied. Aber er braucht dringend neue Eisen. Unsere Pferde haben beide sowohl vorne als auch hinten Eisen, weil wir sie oft vor die Kutsche spannen. Und wenn sie dann viel auf Asphalt laufen, ist es einfach besser, wenn sie beschlagen sind.

Ich stehe vor dem Regal mit den Süßigkeiten und sammle sämtliche Gummibärchen, Bonbons und Schokolade ein. Ich bin in meiner Klasse bekannt dafür, dass ich bei Ausflügen alle versorge und Papa hat da auch kein Problem mit. Mein Papa verdient recht gut, weshalb es ihm nicht ausmacht das alles zu bezahlen. Sein Problem ist nur, dass es an der Kasse komisch aussieht, dass der Einkauf nur aus Süßigkeiten besteht und das nicht wenig. Aber ich habe auch Toastbrod und Gemüse so was eingesammelt, da Papa mir noch Sandwiches machen wird. Es gibt niemanden, der bessere Sandwiches macht als mein Vati. "Hast du alles?" Ich schüttle den Kopf. "Ich brauche noch Getränke und das Duschgel und so." Er nickt und schiebt den Korb zu den Getränken. "Was hätten wir denn gerne?" Ich stoße Luft aus. "Keine Ahnung. Eine Flasche Cola werde ich für Timo mitnehmen und dann würde ich sagen, dass ich einfach die großen Flaschen von dem Arizona Eis Tee mitnehmen werde.", "Wie viele? Reichen drei von den großen?" Ich nicke. "Und dann noch eine Flasche mit stillem Wasser und dann haben wir das auch. Scheiße, Papa, kannst du mir mal sagen, wie ich das alles transportieren soll?", lache ich. Papa sieht mich vielsagend an und schüttelt den Kopf. "Die Sachen zum Essen in den großen Rucksack und für die Flaschen nimmst du eine extra Tüte." Ich nicke erneut und lege die Wasserflasche in den Korb. "Okay, jetzt noch mein Zeug und dann bin ich durch.", seufze ich etwas erschöpft. Wir gehen in die Reihe mit den Kosmetikartikeln und ich suche mir die Sachen zusammen, die ich brauche. "Jetzt?" Ich lache. "Ja, Papa, jetzt habe ich alles." Er seufzt erleichtert und schiebt den Korb zur Kasse. "Wenn wir zuhause sind, dann guckst du bitte gleich nach, was du alles an Klamotten mitnehmen willst und ob noch etwas gewaschen werden muss. Und dann packst du auch schon alles zusammen." Ich nicke und schmeiße alles der Reihe nach auf das Band. Die Kassiererin sieht mich schmunzelnd an. "Klassenfahrt.", erklärt mein Papa und ich lächle. In dem Moment wird mir klar, dass ich eben ständig mit Papa geredet habe, ohne nachzusehen, ob jemand in der Nähe ist, der mich hören könnte. Mache ich tatsächlich Fortschritte? Oder habe ich unbewusst doch nachgesehen, so wie ich es sonst immer mache? Ich presse nachdenklich die Lippen aufeinander und sortiere den Einkauf zurück in den Korb. "Dann lass uns mal nach Hause fahren.", lächelt Papa und nimmt den Korb wieder. Wir verstauen alles in den Kofferraum und setzen uns dann ins Auto. "Papa? Habe ich eben nachgesehen, ob jemand da ist, als ich mit dir geredet habe?" Er lächelt. "Nein, Schatz, das hast du nicht. Es war ab und zu jemand da. Und du hast einfach geredet. Es ist zwölf Jahre her, dass du das getan hast. Erst als du ganz offensichtlich jemand vor dir stehen hattest, hast du nicht geredet. So wie an der Kasse. Aber sonst hast du einfach normal mit mir geredet. Ich habe keine Ahnung, woher das kommt, aber du glaubst gar nicht wie stolz ich darauf bin, dass wir eben normal einkaufen waren und geredet haben." Ihm läuft sogar eine kleine Träne über die Wange, so überwältigt scheint er zu sein. Ich lächle und beiße mir auf die Unterlippe. "Ich liebe dich so sehr, Spätzchen." Er beugt sich zu mir rüber und küsst meiner Stirn, ehe er mit einem Dauerlächeln aus der Parklücke und dann nach Hause fährt.

Mein LehrerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt