Kapitel 3

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"Was will er? Miley, der Typ baggert dich voll an! Am besten ich gehe sofort zu der Niemann, damit der von der Schule fliegt." Ich stöhne frustriert auf. "Timo, lass es einfach. Wenn ich nicht mit ihm rede, dann kann er auch nichts von mir erfahren. Ich bin seine Schülerin. Er will offenbar einfach wissen, was mit seinen Schülern los ist, wenn sie mit niemandem reden." Timo presst die Lippen aufeinander und startet sein Auto. "Was hat der Arzt denn nun gesagt?" Er deutet auf meinen Fuß, um welchem ein dicker pinker Verband gewickelt ist. "Der Fuß ist gebrochen aber hat ziemlich lange gedauert dort, weil ich den Doc fast die Augen ausgekratzt habe." Timo nickt schmunzelnd und setzt mich bei mir Zuhause ab. "Willst du noch mit rein kommen? Dad hat sicher gekocht." Timo lächelt. "Du weißt, dass ich da eigentlich nicht Nein sagen kann, aber Jette wartet auf mich. Ich habe ihr versprochen, dass ich heute noch zu ihr komme." Jette ist seine Freundin. Die beiden sind schon seit fast einem Jahr ein Paar und wirklich süß zusammen. Am Anfang hatten sie und ich Schwierigkeiten. Naja, also sie hatte ein Problem mit mir. Timo und ich sind einfach beste Freunde und verbringen sehr viel Zeit miteinander. Sie war immer eifersüchtig und sie haben sich viel gestritten. Timo wollte deswegen schon mit ihr Schluss machen, aber dann haben sie es doch irgendwie auf die Reihe bekommen. Ich mag sie wirklich sehr gerne. Wir haben schon öfter etwas zusammen gemacht. "Timo?", "Ja?" Ich beiße mir auf die Unterippe. "Wie ist das so?", "Was denn?", "Eine Beziehung zu führen. Und mit jemandem zu... Naja, zu schlafen?" Er lächelt etwas verträumt. "Es ist toll. Sie gibt einem das Gefühl Zuhause zu sein. Man weiß, dass man nicht alleine ist und man weiß, dass man geliebt wird. Und mit ihr zu schlafen ist unglaublich. Man kann es gar nicht in Worte fassen. Aber wieso fragst du mich das?" Ich lehne mich noch einmal im Sitz zurück und sehe aus dem Fenster hinaus auf meinen Hof. "Ich hätte gerne auch eine Beziehung, weißt du? Ich will auch geliebt werden, Timo. Ich will mit jemandem schlafen, den ich liebe und der mich liebt. Ich will auch das Gefühl haben Zuhause zu sein. Aber wie um Gottes Willen soll ich jemanden finden, der mich liebt, wenn ich nicht rede? Ich habe schon so viele Therapien gemacht und nichts hat geholfen. Ich traue mich nicht, mit jemandem zu reden. Und ich bin verzweifelt, weißt du? Ich will verdammt nochmal Sex haben! Ich will, dass jemand mich heiß findet und mich, wie du es immer so schön sagst, fickt! Ist es zu viel verlangt? Ich bin fast 18 und noch immer eine dumme Jungfrau, weil ich zu feige bin, den Mund aufzumachen und mit jemandem zu reden. Das macht mich langweilig und uninteressant." Timo sieht mich schief an. "Hast du es so nötig? Mein Gott, mach es dir selbst." Ich verdrehe die Augen. "Hilft nicht mehr. Reicht nicht aus.", murmle ich und sehe wieder auf meinen Fingernägeln kauend aus dem Fenster. Timo lacht laut. "Du machst es dir wirklich selbst?", "Natürlich. Was glaubst du wie ich sonst drauf wäre, hm? Ich würde komplett durchdrehen. Ich will endlich mein erstes Mal haben, Mann! Und hättest du keine Freundin, hätte ich dich längst in mein Bett geschliffen." Nun lacht er noch lauter. "Okay, Smiley, du hast es wirklich verdammt nötig. Dann geh doch in einen Club und such dir einen One-Night-Stand.", "Nein, das ist scheiße. Ich kenne den Typen dann nicht und weiß nicht, wo der schon überall drin gesteckt hat. Das törnt mich ab.", "Du bist unglaublich. Tust immer ein auf unschuldig, dabei bist du es nicht." Erneut verdrehe ich die Augen. "Kennst du nicht jemanden, der mit mir schlafen will?", "Tausende. Aber ich will niemanden von denen an dich heranlassen.", "Komm schon, warum denn nicht?", "Die brechen dir das Herz, Miley, und das will ich nicht. Wir gehen am Wochenende feiern und kippen dir ein paar Drinks hinter. Vielleicht kannst du dann ja reden und lernst einen ordentlichen Kerl kennen, der es ernst meint." Das kann er vergessen. Er weiß ganz genau, dass ich keinen Alkohol trinke. "Okay, dieses Gespräch ist jetzt beendet, Timo." Timo lacht leise. "Soll ich dich morgen früh abholen? Dann musst du mit dem Fuß da nicht mit dem Bus fahren.", "Ja, das wäre cool.", lächle ich. "Okay. Dann bis morgen, Süße. Und sag deinem Vater, dass es mir leid tut, dass ich nicht zum Essen bleibe." Ich lache. "Er wird enttäuscht sein." Timo grinst. Ich halte ihm meine Wange entgegen und er drückt mir einen Kuss drauf. "Bis morgen." Ich steige aus und hole meine dummen Krücken und meinen Schulrucksack von der Rückbank. Dann gehe ich langsam rein und werde sofort von Mr. Cooper begrüßt. "Was ist mit deinem Fuß?", fragt Papa, als er meinen Fuß sieht. "Unfall beim Sport. Ist irgendwie gebrochen.", "Wie hat Timo es geschafft dich zum Arzt zu schleifen?", "Du hast es schon gesagt. Er hat mich geschliffen. Naja, er hat mich über seine Schulter geworfen und reingetragen. Du hättest die Blicke der ganzen Leute sehen sollen." Ich kichere. Das war wirklich witzig. "Ich wusste ja, dass du dich beim Sport verletzt hast. Herr Reus hat mich deswegen angerufen und bescheid gesagt." Ich runzle die Stirn. Was ist denn sein Problem? Muss er ständig meinen Vater anrufen und uns volllabern? Da stimmt doch irgendwas nicht. Da ist was faul. "Also Frau Waag hat so etwas nicht gemacht.", "Frau Waag ist ja auch eine alte Schreckschraube. Ich bin froh, dass ich die los bin." Papa lacht und schiebt in der Küche einen Stuhl zurück, damit ich mich setzen kann. "Das stimmt. Aber ich werde das Gefühl nicht los, dass sie mich zu sehr mochte.", "Die hat gesabbert, wenn sie dich gesehen hat, Dad. Die stand voll auf dich." Papa schüttelt sich und verzieht das Gesicht. Ich lache und mache mir etwas von dem Nudelauflauf, den Papa gemacht hat auf den Teller. "Ich habe Timo mit eingeplant.", beginnt er ein Tischgespräch. Ich lache. "Ich weiß. Aber seine Freundin hat nach ihm verlangt. Und da kann er natürlich nicht anders." Papa lacht laut. Er hat mich also verstanden. "Das aus deinem Mund zu hören ist komisch, Kind. Also lass es." Ich grinse und schiebe mir meine vollbeladene Gabel in den Mund, fluche dann aber, weil es heiß ist. "Pusten. Es ist heiß.", spottet Dad. "Danke, liebster Vater, ich habe es gemerkt." Papa sieht mich weiterhin belustigt an. "Du brauchst dringend eine neue Frau.", sage ich zu ihm. Er runzelt die Stirn. "Wieso? Bin ich dir nicht genug?" Ich schüttle den Kopf. "Um mich geht es nicht Dad. Ich will dass du eine Frau hast. Du hast seit Mom keine neue Freundin. Und das ist zwölf Jahre her.", "Ich weiß. Aber mit 40 ist das nicht so einfach jemand neues zu finden.", "Als ob. Du musst dich nur anstrengen. Du bist ein toller Mann." Papa lacht und legt sein Besteck beiseite, da er fertig ist mit Essen. "Du bist mir eine. Ich werde sehen, was sich machen lässt." Er zwinkert und steht auf, um sein dreckiges Geschirr in den Spüler zu stellen. "Ich werde jetzt ins Bett gehen. Ich muss morgen früh um fünf los. "Ist okay, Dad. Wann wirst du wieder hier sein?", "Nächste Woche Mittwoch. Vielleicht aber auch schon Montag oder Dienstag. Ich kann dir das noch nicht sagen. Kommst du hier klar? Wegen füttern und so, meine ich. Ich glaube nämlich, dass es nicht so einfach ist mit deinem Fuß." Ich winke ab. "Ich mache das schon, Dad. Ich frage zur Not Timo, ob der mir hilft." Er nickt und küsst meine Stirn, ehe er nach oben in sein Schlafzimmer geht.

Mein LehrerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt