Kapitel 58

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Die ganze letzte Woche und auch am Wochenende konnte ich nicht mit Marco reden oder mich mit ihm treffen. Wir haben lediglich jeden Tag geschrieben und überlegt, wie wir doch noch Zeit miteinander verbringen können. Nur war da echt nichts zu machen, denn Marlene und Timo sind zu uns gezogen und das bedeutete eine menge Stress. Am Wochenende haben wir dann Timos Zimmer eingerichtet, welches wir unter der Woche leer geräumt und gestrichen haben. Tja, und nun wohnen mein neuer Bruder und meine neue Mom bei mir zuhause. Ich freue mich tierisch darüber und auch Marco hat sich für mich gefreut, als ich ihm davon berichtete. Naja, und heute ist Dienstag. Der 01.12.2015. Nur noch 23 Tage bis Weihnachten. Das Türchen meines Weihnachtskalenders habe ich heute morgen aufgerissenen und das Stück Nugat darin habe ich halb inhaliert. Weihnachten macht mich immer so nervös und hibbelig. Ich liebe Weihnachten! Wenn es nach mir ginge, könnten wir gleich heute einen Baum kaufen und ihn schmücken. Aber auch in diesem Jahr habe ich meinen Vater nicht dazu überreden können. Er schüttelt jedes Jahr aufs Neue lachend seinen Kopf und sagt zu mir, dass ich verrückt sei und einen Knall hätte. Tz! Und so was nennt sich Vater. "Vorsicht!", brüllt jemand und schon hat mich der harte Basketball am Kopf getroffen. Ich klatsche voll auf den Boden und verziehe das Gesicht. Welcher Wichser war das?! "Oh Gott, das tut mir so leid! Ist alles okay, Ba- ähm Miley?", redet Marco drauf los und bekommt große Augen. Wow, Kurve noch gerade so gekriegt. Moment! Er war das?! Ich ziehe die Augenbrauen zusammen und reibe mir die Stelle am Kopf, wo mich der Ball getroffen hat. "Volltreffer, Herr Reus.", lacht Rico. Ich zeige ihm meinen Mittelfinger und lasse mir von Marco hochhelfen. "Tja, also seit du dir beim letzten mal den Fuß gebrochen hast, gibt es jede Menge Kühlakkus hier im Lehrerraum.", lacht Marco und führt mich in den besagten Raum. Hahaha, sehr lustig. "Setz dich." Ich setze mich auf die Liege, die hier steht und sehe dabei zu, wie Marco ein Kühlakku aus dem Mini-Gefrierschrank holt, der hier jetzt steht. "Das war ganz schön knapp.", gebe ich leise von mir. Marco kommt zu mir und legt mir das Kühlakku an die Beule, die mittlerweile an meiner Stirn pragt. "Ja, ich hätte dich beinahe Baby genannt.", schmunzelt er, doch dann wird ihm bewusst, dass es wirklich hätte schief laufen können. "Es war so aus der Situation heraus. Ich war erschrocken, weil dich mein Ball getroffen hat. Du hast mich angesehen und ich dachte, du würdest darauf warten, dass ich dir den Ball zuwerfe. Kann ich ja nicht ahnen, dass du dich kein Stück bewegst und ihn dann gegen den Kopf bekommst. Warst du so in deinen Gedanken vertieft?" Ich nicke seufzend. "Woran hast du gedacht?", "Nichts wichtiges. Nur an die letzte Woche und den Stress mit dem Umzug. Und natürlich an Weihnachten." Marco schmunzelt und steht auf, um zu dem Spint zu gehen, wo seine Tasche drin steht. "Hier.", er hält mir eine kleine Praline hin. "Ich habe dir bei mir auch einen Weihnachtskalender hingestellt. Das war heute darin.", erklärt er. Meine Augen weiten sich. "Oh man! Dann muss ich jetzt jeden Morgen zu dir kommen und mein Türchen öffnen! Ich war ja so aufgeregt, gestern Abend!" Marco lacht und wickelt die Praline aus, um sie mir in den Mund zu stecken. "Jetzt ab mit dir zurück in die Halle. Du hast lange genug keinen Sport mitgemacht." Ich ziehe eine Schnute, was Marco nur noch mehr zum Lachen bringt und er mich kurz küsst. "Na los." Zusammen gehen wir zurück in die Halle, wo Timo mich mustert. "Tut es doll weh?" Ich winke lächelnd ab. Basketball ist ab jetzt jedenfalls nicht mehr mein Favorit unter den Ballsportarten.

"Du vermisst ihn.", stellt Timo fest, als ich von weitem beobachte, wie Marco zum Auto geht. Der Arsch hat schon Schluss und das nach nur zwei Blöcken. "Hm?", murmle ich gedankenverloren. "Ich fahre dich nach der Schule zu ihm, dann könnt ihr Zeit miteinander verbringen. Schließlich bin ich auch Schuld, dass ihr euch die letzte Woche und am Wochenende nicht sehen konntet." Ich sehe Timo an, der in das Sandwich beißt, das mein Dad ihm heute früh gemacht hat. Tja, also was das betrifft vergöttert Timo meinen Dad. "Wirklich?", "Klar. Ich fahre dann weiter zu Jette und dann hole ich dich später wieder ab und wir fahren nach Hause." Ich nicke und beiße von meinem Apfel ab.

Timo und ich haben es so gemacht wie abgesprochen und nun sitze ich auf Marcos Bett und sehe dabei zu, wie er am Schreibtisch sitzt und überlegt, wie er die Klausur der 11. Klasse gestaltet. Irgendwann seufzt er jedoch und legt seine Brille ab, ehe er sich zu mir umdreht und etwas erschöpft lächelt. "Was ist los?", frage ich besorgt nach. "Nichts weiter. Es ist nur sehr viel zu tun und ich komme momentan nicht richtig hinterher. Die Arbeiten häufen sich langsam und ich schaffe es nicht sie zu kontrollieren.", erklärt er mir. "Ich könnte dir helfen.", schlage ich vor. "Das ist lieb, Baby, aber das darf ich nicht machen.", "Das ist mir klar. Aber du darfst auch nicht deine Schülerin vögeln also..." Er schmunzelt und nickt schließlich. "Da hast du recht. Würdest du das denn tun?", "Klar.", zucke ich mit den Schultern und stehe auf. "Okay. Dann machst du die Leistungskontrollen der 11. Klasse, ich die der 13.?" Ich nicke und lasse mir von ihm die Lösungen geben, damit ich die Ergebnisse abgleichen kann. Wir setzen uns an seinen Schreibtisch und fangen an die Arbeiten zu kontrollieren. Allerdings liegt mir noch immer etwas auf dem Herzen, was ich dringend ansprechen muss. "Marco?" Er hebt den Kopf und sieht mich fragend an. "Ich habe dich letztens im Schlosspark Center gesehen." Sein ganzer Körper versteift sich und er starrt mich an. "Ach wirklich?", fragt er nun ganz offensichtlich nervös. "Ja. Ich war mit Timo dort, um Weihnachtsgeschenke zu besorgen. Und da warst du dort. Wieso hast du mich angelogen?", frage ich gerade heraus. Er seufzt und lässt die Schultern hängen. "Wie viel hast du mitbekommen?", "Ganz ehrlich?" Er nickt. "Dass du nach einem Frauenparfüm gesucht und Frauenunterwäsche gekauft hast.", gebe ich offen und ehrlich zu. Er verzieht traurig das Gesicht. "Bitte denk nichts falsches, okay? Habe noch etwas Geduld, dann wirst du es sehen?" Ich lege den Kopf schief. Ist es das, was ich denke? Oh nein! Weihnachten ist versaut. "Tja, dann weißt du es ja jetzt." Ich nicke traurig. "Hast du mitbekommen, was genau ich gekauft habe?" Ich schüttle den Kopf. "Na also, dann ist noch etwas Überraschung dabei." Er küsst mich und lächelt mich an. "Hast recht. Außerdem habe ich auch etwas für dich und ich freue mich darauf es dir zu... schenken, als würde ich es mir selbst schenken." Ist ja im Prinzip auch so. Ich habe nämlich auch eine ganze Menge davon, wenn ich ihn nach allen Regeln der Kunst verführe. "Ich freue mich schon.", grinst er. "Und ich mich erst.", kichere ich und kontrolliere weiter die Arbeiten.

Mein LehrerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt