Herr Reus nimmt sich das Klassenbuch und beginnt alle Namen der Reihe nach vorzulesen. Alle rufen, dass sie anwesend sind. "Miley Green?" Ich hebe nur meine Hand. Er sieht vom Buch auf. "Zunge verschluckt?", fragt er schmunzelnd. "Miley redet nicht.", sagt Timo neben mir. Er kennt das schon. Genauso wie alle anderen. "Interessant. Wieso nicht?", "Geheimnis.", antwortet Timo lächelnd. "Ein Geheimnis also. Aber was ist, wenn ich sie an die Tafel hole? Oder bei der mündlichen Prüfung?", "Das ist alles geklärt. Miley hat hier in der Schule noch nie einen Ton gesagt. Auch in der Freizeit nicht. Sie redet nur mit ihrem Vater und mit Timo. Und das mit den Prüfungen wurde alles mit ihrem Dad und den Lehrern und so geregelt. Da können Sie sonst auch mit Frau Niemann drüber reden.", sagt nun Laura. Herr Reus nickt und sieht mich eine Weile an. Dann senkt er den Blick und ließt weiter die Namen vor, um die Anwesenheitsliste für heute auszufüllen.
Als er fertig ist, sieht er durch die Reihen. "Ich habe noch nie erlebt, dass eine Klasse so stark zusammen hält.", "Sagen alle Lehrer. Aber das ist ein großer Nachteil für Sie und Ihre Kollegen.", lacht Rico und klatscht mit Timo ein, der ebenfalls lacht. "Na gut. Also ich habe einen dicken Ordner von Frau Waag bekommen. Da steht alles drin, was sie bisher mit euch in Mathe gemacht hat und alles für die anstehende Klassenfahrt. Wie es aussieht, geht es wohl nach Italien?", "Ja, wir wollten eigentlich nach Holland aber die Waag hat gemeint, dass wir nur da hin wollen, wegen Gras rauchen und so.", sagt Julien. "Wie sie da wohl drauf kommt?", lacht Timo. "Du alter Kiffer hast ja auch zu ihr gesagt, dass du das Gras mit nach Deutschland nehmen willst, um es hier zu verticken.", "Hey, hör auf mich Kiffer zu nennen. Ich bin ein normaler Typ, der ab und zu mal den ein oder anderen Joint raucht.", "Ist klar, Timo!", rufen alle gleichzeitig und ich kichere wieder leise. "Das findest du wieder lustig, neh? Auf meine Kosten kannst du immer lachen. Du bist heute schon wieder unausstehlich, Fräulein!" Ich sehe ihn schmunzelnd an. "Okay, Leute, jetzt beruhigt euch mal wieder. Ich sehe hier gerade, dass zwei Schüler noch nicht dafür bezahlt haben.", redet Herr Reus lachend dazwischen. "Ja, ich vergess' das irgendwie ständig.", sagt Luca und kratzt sich am Kopf. "Und meine Mutter will das heute überweisen.", meldet Dani sich zu Wort. "Okay, dann ist ja alles gut. Luca denk bitte daran, das Geld zu überweisen. Sonst kannst du nicht mitkommen." Luca nickt und nimmt sein Handy aus der Tasche. Wahrscheinlich macht er sich erneut eine Erinnerung in sein Handy. Klappt nur irgendwie nie. "Gut, dann holt mal eure Bücher raus." Alle stöhnen genervt, holen aber ihr Zeug raus.
Nach dem Block Mathe gehe ich mit Timo zusammen nach draußen auf den Schulhof, wo er sich seine Kippe an macht. "Der Sack steht auf dich." Ich lege den Kopf schief. "Tu nicht so unschuldig, Miley. Der hat dich so angesehen, als würde er dich am liebsten sofort auf seinen Lehrertisch ficken wollen." Ich verdrehe die Augen. "In deinen Augen will mich jeder Typ, der mich ansieht sofort ficken." Timo lacht und zieht an seiner Zigarette. "Wie dumm er geguckt hat, als ich gesagt habe, dass du nicht redest." Ich zucke mit den Schultern. So bin ich eben. Muss der neue Lehrer genauso akzeptieren wie die anderen. Bisher hat mich niemand außer Timo zum Reden gebracht. "Ich passe eben auf dich auf. Jeden Kerl, der dir zu nahe kommt, verarbeite ich zu Hackfleisch.", "Komm mal runter, Timo. Er ist unser Klassenlehrer. Nicht mehr und nicht weniger. Ich bin seine Schülerin. Würde er mich ficken, würde er seinen Job verlieren. Außerdem will ich ja auch nichts von dem.", "Ach komm schon, Smiley. Ich habe doch gesehen, wie du fast gesabbert hast, als der den Raum betreten hat. Da hing so'n richtig ekelhafter, fetter Sabberfaden aus deinem Mundwinkel." Ich verziehe das Gesicht. "Das ist eklig, Timo." Er lacht und sieht an mir vorbei. Ein Zeichen dafür, dass jemand zu uns kommt. Und ein Zeichen dafür, dass ich jetzt nicht mehr reden werde. Die anderen Raucher aus unserer Klasse kommen zu uns. "Wir müssen Geld auftreiben, Leute.", sagt Laura nachdenklich. "Für unseren letzten Schultag. Wir müssen jetzt schon anfangen das alles zu planen. Wir haben uns geschworen, dass wir es an dem Tag so richtig krachen lassen. Wir haben zwar noch ordentlich paar Monate aber wir müssen eben das Geld auftreiben.", redet sie weiter, als sie die verwirrten Blicke sieht. Ich nehme mein Handy heraus und zeige ein Bild von einem Kuchen. "Kuchenbasar. Das klingt gut. Aber am besten in einem Einkaufszentrum. Hier in der Schule kriegen wir nicht genug zusammen. Unsere lieben Mitschüler sind alte Geizkragen, die nicht mehr als 20 bis 50 Center für ein Stück Kuchen ausgeben." Laura verdreht die Augen. Sie hat recht. Die Klasse letztes Jahr hat so versucht Geld ranzukriegen. Sie hatten nicht genug und mussten beim Abiball ganz schön sparen. Sie haben in einer alten ekligen Kneipe feiern müssen. Mehr war nicht drin. Und das darf uns auf gar keinen Fall passieren. "Wir können da ja mal mit Herrn Reus drüber reden. Vielleicht hat der einen Vorschlag. Fest steht aber, dass ich an unserem letzten Schultag die verdammte Schule auseinander nehmen will.", lacht Timo. Das ist ja wieder Typisch. "Okay, dann lasst uns reingehen, bevor die alte Niemann noch durchdreht, weil wir eine Minute nach dem Klingeln im Raum sind.", seufzt Luca und drückt seine Zigarette aus. Alle anderen nicken und wir gehen zurück ins Schulgebäude.
Nach dem letzten Block fahre ich mit dem Bus nach Hause. Ich wohne mit meinem Papa außerhalb der Stadt auf dem Land. Wir haben einen kleinen Bauernhof. Hühner, Enten, Gänse, vier Kühe, zwei Pferde, Kaninchen, eine Katze, zwei Hunde und Tauben. Man findet hier alles. Die Hunde sind allerdings richtige Wachhunde und rennen nachts über den Hof. Tagsüber sind sie im Zwinger. Der eine ist ein Rottweiler und der andere ist ein Bullmastif. Der Rottweiler ist eine Hündin, sie heißt Sammy. Und der Bullmastif ist ein Rüde und heißt Rocky. Mein Kater heißt Mr. Cooper. Ich liebe The Big Bang Theorie und deswegen habe ich ihn Mr. Cooper genannt. Als ich die Haustür öffne, kommt Mr. Cooper sofort angelaufen und schlängelt sich um meine Beine. "Na? Was haben wir denn so den ganzen Tag gemacht, hm? Ich tippe auf Schlafen." Ich hebe meinen dicken Kater hoch und laufe mit ihm auf dem Arm ins Wohnzimmer, wo Papa mit der Zeitung in der Hand im Sessel sitzt. "Er hat einen Spatz gefangen. Draußen. Und dann hat er ihn vor die Haustür gelegt, sodass ich hineingetreten bin." Papa lässt die Zeitung sinken und sieht mich über seine Lesebrille hinweg an. "Tja, damit wollte er dir sicher etwas mitteilen.", kichere ich. Papa lacht. "Ja, vielleicht. Wir war dein Tag, Schätzchen? Wie ist der neue Lehrer?", "Mein Tag war gut und der Lehrer ist okay. Kenne ihn ja noch nicht so gut. Am Ende der Woche werde ich dir sagen, wie ich ihn finde. Ich gehe jetzt hoch und mache meine Hausaufgaben, ja?" Papa nickt und lächelt mich an. Ich gehe mit Mr, Cooper nach oben in mein Zimmer und schließe die Tür. "Und du, mein jünger Mann, wirst für mich jetzt meine Hausaufgaben machen." Ich setze ihn auf meinem Bett ab und er sieht mich mauzend an. "Toller Freund bist du.", sage ich zu ihm und setze mich an meinen Schreibtisch, um meine Hausaufgaben selbst zu machen. So ein Kater, der das für einen macht wäre schon irgendwie praktisch. "Miley?", ruft Dad irgendwann. "Ja?", "Dein Lehrer hat angerufen. Er will mit mir darüber reden, dass du nicht redest." Er bleibt am Türrahmen gelehnt stehen und sieht mich besorgt an. "Er wird es akzeptieren müssen, Dad. Ich kann das nicht ändern." Papa nickt. "Ich weiß, Schatz, ich weiß." Mit diesen Worten geht er wieder nach unten und lässt mich allein.
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Mein Lehrer
Fanfiction"Wieso glaubst du, dass wir das hinbekommen?", "Weil ich dich liebe, Miley." Miley ist ein normales Mädchen, das im Schulstess steckt. Und so wie alle anderen findet auch sie ihren Mathelehrer toll. Mit seinen 26 Jahren ist er auch nur 9 Jahre älte...