Gähnend strecke ich mich ausgiebig, nachdem ich aus dem Bus ausgestiegen bin. "Miley! Herrgott nochmal, wie siehst du denn aus?", ruft mein Vater aufgebracht und kommt auf mich zugestürzt. Ich seufze innerlich und lasse es über mich ergehen, dass er mich in seine Arme reißt. "Rede mit mir, Kind, ist alles in Ordnung? Sollen wir zu Doktor Flemming?", fragt er ganz aufgeregt und hält mein Gesicht in seinen Händen, um mich besorgt zu mustern. Ich winke ab, doch er lässt nicht nach. "Ich kenne diesen Blick doch, Schatz. Sollen wir nicht doch lieber hinfahren?" Ich schüttle den Kopf. Marco steht plötzlich neben uns und reicht meinen Vater die Hand. "Gibt es Probleme?", fragt er ihn. "Ja! Sehen Sie doch, wie Miley aussieht! Ich hatte ausdrücklich gesagt, dass Sie auf sie achten sollen!" Ich verdrehe die Augen. "Das haben wir, Herr Green. Miley wollte auf der Heimfahrt nicht vorne schlafen, weswegen sie leider etwas wenig schlaf hatte.", versucht Marco meinem Dad zu beruhigen, doch dieser ist außer sich. "Um den Schlaf geht es doch gar nicht! Wir gehen jetzt sofort zu Doktor Flemming." Er packt mich leicht am Arm und zieht mich zum Kofferraum, um meinen Koffer herauszuholen und anschließend zum Auto zu gehen. Ich setze mich auf den Beifahrersitzt und winke Timo leicht, der mich aufmunternd anlächelt und ebenfalls winkt. "Zeig mir deine Arme.", brummt Papa und lässt das Auto an. "Nein.", murmle ich. Und verstecke sie weiterhin unter dem Pullover. "Miley Elaine Green! Zeig mir jetzt sofort deine Arme!", schreit er mich an. Ich zucke zusammen und ziehe die Ärmel meines Pullovers hoch. "Wie hast du das gemacht?", "Ist doch egal.", murmle ich, meine Arme verstecke ich wieder unter den Ärmeln. "Ich will sofort wissen, wie du das gemacht hast." Er fädelt sich in den Verkehr ein und sieht starr gerade aus auf die Straße. "Mit meinen Fingernägeln. Ich habe mich gekratzt." Papa presst die Lippen aufeinander. "Es war unbewusst. Ich habe es erst gemerkt, als meine Arme bereits geblutet haben.", "Wieso hat Timo dich nicht daran gehindert?", "Ich habe es getan, als er geschlafen hat." Papa sieht mich kurz an, ehe er wieder auf die Straße sieht. "Wieso, Miley? Was war der Auslöser?" Ich seufze leise und lehne meine Stirn an die Scheibe. "Ich weiß nicht. Liebeskummer, oder so.", hauche ich.
Liebeskummer oder so? Du bist nicht ganz dicht, das merkt doch jeder.
Ich verziehe das Gesicht. Ich hasse dich. "Liebeskummer? Du bist doch nicht in Timo verliebt, oder? Er und Jette sind doch jetzt schon so lange zusammen.", "Nein, Dad, ich bin nicht in Timo verliebt." Er nickt etwas irritiert. "Aber in wen dann? Kenne ich ihn?", "Nein.", sage ich einfach, auch wenn es gelogen ist. Was wohl los wäre, wenn ich ihm sagen würde, dass es Marco ist?
Mein Vater fährt tatsächlich zu Doktor Flemmings Praxis. Davor bleibt er stehen und sieht mich an. "Wir hätten nicht so lange Pause machen sollen.", "Das ist nicht nötig. Der Mann ist unfähig, Dad. Mit dem kann ich genausowenig reden wie mit allen anderen." Er seufzt verzweifelt und reibt sich die Stirn. "Er hat dir aber schon einmal helfen können.", "Ja, wow, indem er mich in die Klapse gesteckt hat!", "Ich hole dich in einer Stunde ab. Berichte ihm von deinen Armen." Ich nicke und steige aus. Papa fährt einfach weiter, lässt mich stehen. Ich weiß, dass er recht hat, ich weiß, dass es gut ist, dass ich hier bin, doch tut es irgendwie weh. Mit hängenden Schultern betrete ich die Praxis. "Oh, Hallo, Miley.", begrüßt mich Magarete, die Frau am Empfang. Ich winke kurz. "Musst du rein? Oder willst du einen Termin?" Ich zeige einen Finger hoch, damit sie weiß, dass ich ersteres will. Sie nickt. "Und der Grund? Einfach so oder bist du rückfällig geworden?" Nun zeige ich zwei Finger hoch, woraufhin sie nickt. "Setz dich noch kurz, ja? Herr Doktor Flemming ist noch mit einem Patienten beschäftigt.", lächelt sie mich liebevoll an. Ich nicke nur und gehe in den Wartebereich, in dem bequeme bunte Sessel stehen. Eigentlich ist mir das hier zu bunt aber es soll fröhlich stimmen, oder so. Ziemlich bescheuert, wie ich finde.
Es gibt nur eins, was wirklich bescheuert ist. Und das bist du. Immerhin redest du mit mir.
Ach, halt doch die Fresse. Ich seufze und jammere vor mich hin. Ich sollte Marco zur Sau machen. Schließlich bin ich wegen ihm wieder zur Verrückten mutiert. Nur müsste ich ihm dann sagen, was ich damit meine und das will ich auf keinen Fall. "Miley? Du kannst zu mir kommen.", lächelt Doktor Flemming mich an. Ich nicke und stehe auf, um ihm zu folgen. "Eigentlich würde ich sagen, dass es schön ist, dich wiederzusehen. Allerdings denke ich, dass der Grund für dein Erscheinen nicht sehr schön ist?" Ich nicke traurig und schiebe meine Ärmel hoch. "Oh, du bist also rückfällig geworden?" Ich nicke wieder. "Hier hast du etwas zum Schrieben. Erkläre mir bitte, weshalb es dazu kam." Ich nehme Zettel und Bleistift, um darauf zu antworten. »Ich bin verliebt und habe viel Stress deswegen. Außerdem ist da wieder diese ätzende Stimme.« Dr Flemming liest den Satz und lehnt sich dann zurück. "Verliebt also. Möchtest du mir von ihm erzählen?" Ich nicke und nehme wieder den Bleistift. »Sein Name ist Marco. Er ist 26 Jahre alt. Er ist ein toller Mann. Auch sein Beruf ist schön. Nur wo er arbeitet ist nicht schön. Er ist mein neuer Klassenlehrer.« Doktor Flemming hebt erstaunt die Augenbrauen. "Tatsächlich? Seid ihr denn nun ein Paar?", »Nein, weil ich Angst vor den Konsequenzen habe. Er will mit mir zusammen sein und ich mit ihm, aber das ist verboten.« Er nickt wissend. "Weißt du, Miley, das ist das Problem. Du versetzt dich selbst in einen Zustand, den dein Körper abstoßen will. Du stresst dich im Prinzip selbst. So, und durch diesen Stress weiß dein Unterbewusstsein keinen anderen Ausweg mehr. Du hörst wieder die Stimme und du verletzt dich wieder selbst. Das darfst du aber nicht. Und du weißt auch weshalb du das nicht darfst. Ich möchte deshalb, dass du wieder wie vor einiger Zeit alles was spitz und scharf ist, aus deiner Nähe entfernst und dir die Fingernägel ganz kurz schneidest. Es ist nicht so schlimm wie damals, weshalb ich denke, dass ich deinen Papa nicht alles sagen muss. Du bekommst das alleine hin, okay?" Ich nicke. "Gut, und jetzt möchte ich noch, dass du ganz alleine für dein Glück sorgst. Wie ich das hier sehe, scheint dein Zustand noch nicht allzu kritisch zu sein. Du bekommst noch ganz leicht die Kurve, dessen bin ich mir sicher, allerdings musst du dafür etwas tun. Und zwar wirst du jetzt das tun, was dein Herz dir sagt. Die Stimme in deinem Kopf gibt es nicht und du wirst deinen Kopf jetzt für eine Weile ausschalten. Natürlich ist es nicht richtig, dass ein Lehrer gefallen an seiner Schülerin findet und eine Schülerin an ihrem Lehrer, jedoch fällt die Liebe dorthin, wohin sie will und da kann der Mensch nichts gegen tun. Ich verspreche dir auch, dass ich das nicht melden werde. Du hast mir das unter vertrauen gesagt und das wird dieses Zimmer hier nicht verlassen, okay?" Erneut nicke ich gehorsam. "Gut. Wir sind schon fertig und ich würde dir jetzt keinen neuen Termin geben. Wenn du es für nötig hälst, dann wirst du wiederkommen, ansonsten hast du nur die eine oder andere kleine Hausaufgabe und zwar Fingernägel schneiden, spritze und scharfe Gegenstände wegschaffen und dafür sorgen, dass dein kleines Herz glücklich ist." Ein kleines Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. "Es war gut, dass du hergekommen bist und wir das klären konnten. Sonst wäre es vielleicht ja doch noch etwas schlimmer geworden. Und das wollen wir ja nicht, richtig?" Ich schüttle lächelnd den und sitze wieder aufrechter. "In Ordnung. Dann bis dann, Miley." Er steht auf und reicht mir lächelnd seine Hand.
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Mein Lehrer
Fanfiction"Wieso glaubst du, dass wir das hinbekommen?", "Weil ich dich liebe, Miley." Miley ist ein normales Mädchen, das im Schulstess steckt. Und so wie alle anderen findet auch sie ihren Mathelehrer toll. Mit seinen 26 Jahren ist er auch nur 9 Jahre älte...