Kapitel 68

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Pov. Stegi

Ich wusste nicht so genau, was ich sagen sollte und da Tim das wohl auch nicht wusste blieb es still. Ich humpelte zu ihm hinüber und nahm seine freie Hand in meine. Mit der anderen Hand umklammerte er immernoch das Päckchen, während er starr auf den Boden blickte. "Wo hast du das gefunden?", fragte ich nach einiger Zeit vorsichtig und leise. Tim seufzte und schaute mich an. "Bei meinem Vater im Nachttisch.", antwortete er. "Und was wirst du jetzt machen?", wollte ich daraufhin wissen. "Ich weiß es nicht. Ich werde es erstmal aufbewahren und vielleicht mit meiner Mutter darüber reden. Meinen Vater darauf anzusprechen traue ich mich ganz sicher nicht.", ich bemerkte wie Tim eine Träner aus dem Auge viel und auf den Boden tropfte. "Hey ganz ruhig. Vielleicht gibt es dafür ja eine Erklärung.", versuchte ich meinen Freund zu beruhigen. Tim starrte auf die Packund in seinen Händen. "Da gibt es ganz sicher keine Erklärung für. Mein Vater hat ein Drogenproblem, das ist der punkt.", antwortete er mit lauterer Stimme, sodass ich Angst hatte seine Eltern im Wohnzimmer würden uns hören.

Tim versteckte die Tüte in seinem Zimmer, während ich in die Stube humpelte und seine Eltern nach Verbandszeug fragte. Seine Mutter sprang direkt auf und kramte ein Erste-Hilfe Kasten hervor, der die ganze Zeit in der Stube in einer Schublade von einem Schrank lag. Sie ging mit mir in die Küche und säuberte mir die Wunde. Danach trug sie etwas Salbe auf und legte mir einen Verband an. Sie war so liebevoll zu mir wie meine echte Mutter und zack, da musste ich auch schon an sie denken. Ich vermisste sie sehr. Genauso wie ich meinen Vater sehr vermisste. Seit seinem Herzinfarkt hatte ich ihn nicht mehr gesehen. Sein Augenlicht hatte er nicht zurückbekommen. Ich fragte mich, wie er wohl mit seiner neuen Situation klarkommt.

"Worüber denkst du nach?", fragte Tims Mutter mich und musterte mich lächelnd. Wahrscheinlich hatte ich wieder meinen typischen 'ich denke mach' - Gesichtsausdruck aufgesetzt, wobei ich immer die Stirn in Falten legte und auf eine Stelle vor mir starrte. Dabei presste ich immer die Lippen aufeinander. "Über meine Familie. Beziehungsweise eher über meinen Vater.", antwortete ich. "Was ist mit deinem Vater?", fragte sie nun sichtlich verwundert. Ich atmete tief ein und aus. "Er hatte letztes Jahr im Herbst einen Herzinfarkt, wobei er erblindet ist.", antwortete ich kurz mit leiser Stimme. "Oh das tut mir sehr leid für dich und deinen Vater.", sagte Tims Mutter mitfühlend und streichelte mir kurz über meinen Arm, während sie vor mir hockte. Ich musste an ihren Mann denken, an Tims Vater. Was ist wenn Tim recht hatte und sein Vater wirklich ein Drogenproblem hatte? Seine Mutter hatte das nicht verdient.

Nach unserem Gespräch machte ich mich humpelnd und mit meinem frischen Verband auf nach oben in Tims Zimmer. Als ich dieses betrat sah ich Tim, der auf seinem Bett lag und an die Decke starrte. Er drehte seinen Kopf zu mir und lächelte mir matt zu. Aber es war nicht sein echtes lächeln. Dieses war eher ein zurückhaltendes, fast schon trauriges. Ich setzte mich zu ihm und kuschelte mich an seine Brust. "Mach dir nicht so viele Gedanken.", murmelte ich. "Ich kann aber nicht anders.", sagte er und seufzte. "Ihr steht das gemeinsam durch. Ihr schafft das.", versuchte ich ihm Mut zu machen. Er ließ es unkommentiert und gab mir einen Kuss auf den Kopf.

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Spät, aber besser als gar nicht.          ¯\_(ツ)_/¯   

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