Kapitel 79

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Pov Stegi

Und da war ich nun. Zuhause. Alleine. Die restliche Heimreise war nicht abwechslungsreicher gewesen, als es die Stunden davor waren. Tims Eltern hatten mich zuhause abgesetzt und sind sofort weiter gefahren. Nur Tims Mutter hatte sich noch von mir verabschiedet. Nachdem ich meiner Mutter alles berichtet hatte lag ich nun im Bett und starrte lustlos an die Decke. Ich wusste nicht recht, was ich mit mir anstellen sollte. Die Ferien gingen noch ganze vier Wochen lang und ich war jetzt schon ratlos, was ich machen konnte um mir die Zeit zu vertreiben. Ich checkte kurz mein Handy, doch es warteten leider keine spannenden neuen Nachrichten auf mich und leider waren da auch keine Nachrichten von Tim. Nichtmal eine einzige. Ich seufzte enttäuscht und lehnte mich wieder zurück in mein weiches Kopfkissen. Meine Decke zog ich über meinen Körper und meine Augen schloss ich.

Als ich meine Augen wieder öffnete war mein Zimmer stockduster. Ich gähnte und streckte mich. Dann schaute ich auf mein Handy. Es war inzwischen acht Uhr Abends und immernoch hatte Tim mir nicht geschrieben. Müde stampfte ich den Weg hinunter in die Küche und öffnete gelangweilt den Kühlschrank. "Stegi bist du das?", rief eine Stimme plötzlich. Eine männliche Stimme, die Stimme meines Vaters. Blitzschnell drehte ich mich um. Ich hatte ihn lange nicht mehr gesehen. Das letzte mal, nach seinem Herzinfarkt. Er starrte mit seinen Augen in die Leere. Er konnte nicht sehen, dass ich hier stand. Er konnte nicht sehen, wie ich inzwischen aussah. Und auch Tim hatte er noch nie gesehen und er wird ihn auch nie sehen. Ihn, meinen Freund. Wenn er das denn überhaupt noch sein wollte.

"Ja ich bin hier.", antwortete ich ihm nun. Ich sah wie mein Vater lächelte und langsam auf mich zu kam. Er hatte eine Hand an die Wand gesetzt und tastete sich an dieser vorwärts, bis er vor mir stand. Er hob seine Hand und legte sie an meinen Oberarm. "Ich hab dich lange nicht gesehen.", sagte er und wenn die Situation nicht so traurig wäre, hätte ich bestimmt über die Aussage lachen können. Stattdessen versuchte ich meine Tränen zu unterdrücken, während mein Vater bitter und mit zusammengepressten Lippen lächelte. Ich zog ihn in eine feste Umarmung und auch er schloss seine Arme um mich.


Pov. Tim

Wieder einmal landete die Faust meines Vaters in meinem Gesicht. Wiedereinmal verzog ich schmerzhaft meine Miene. Ich fühlte mich klein, machtlos und unterdrückt. Jeden Tag zeigte mir mein Vater aufs neue, dass ich für ihn nichts mehr wert war. Und das war gar nicht das Schlimmste an der ganzen Sache. Das Schlimmste war eigentlich, dass ich nun wusste, wie sich Stegi gefühlt haben muss in all den Jahren, in denen ich ihn ähnlich behandelt hatte. Ich fühlte mich so unendlich schrecklich. Meine Mutter bekam von all dem nichts mit. Mein Vater schlug mich immer nur, wenn sie nicht im Haus war und die blauen Flecken versuchte ich so gut es ging zu verstecken. Ich wollte nicht, dass sie sich Sorgen um mich machte. Das wollte ich auf keinen Fall. Sie versuchte sehr oft meinen Vater in seiner Meinung umzustimmen. Aber sie blieb erfolglos, da mein Vater sehr stur war.

Ich ging in den nächsten Wochen immer unregelmäßiger zum Training und wenn ich mal da war, war ich unkonzentriert und vermasselte alles. Ansonsten machte ich kaum was anderes, als in meinem Zimmer zu sitzen und zu hoffen, dass mein Vater länger arbeiten musste. Ich traf mich nicht mit meinen Freunden und unternahm auch sonst nichts besonderes. Und das obwohl ich gerade Ferien hatte. Mein Leben lief immoment also so ziemlich den Bach hinunter.


Pov. Stegi

"Salami oder Thunfisch?", fragte mich Mona und schaute in den Gefrierschrank. "Habt ihr Hawaii?", wollte ich daraufhin wissen. Mona stöhnte genervt. "Immer diese Extrawünsche.", lachte sie und zog eine Hawaii Pizza aus einem Fach. Sie riss die Packung unachtsam auf und schob die gefrorene Pizza in den Ofen. Danch setzte sie sich auf die Arbeitsplatte und schaute mich an. "Hat Tim dir immernoch nicht geschrieben?", fragte sie mich nun. Ich schüttelte nur stumm den Kopf und senkte meinen Blick zum Boden. "Arschloch." Ich schaute wieder auf. Tim hatte mir wirklich seit drei Wochen kein einziges Lebenszeichen mehr gegeben. Es herrschte quasi Funkstille. Und spätestens in einer Woche würde ich ihm wieder über den Weg laufen, denn dann müsste ich zurück ins Internat. Bei dem Gedanken fühlte ich mich jetzt schon irgendwie unwohl.

"Soll ich mich vielleicht mal bei ihm melden?", fragte ich vorsichtig, doch Mona schüttelte heftig den Kopf. "Aber..."  "Nichts Aber Stegi. Tim muss sich schon bei dir melden, immerhin hat er auch angefangen dich zu ignorieren, dann soll er es auch wieder beenden.", sie musterte mich, "Du hast nichts falsch gemacht, also mach die keine Gedanken. Und sollte ich dich dabei erwischen, wie du Tim doch eine Nachricht schreibst, schneide ich dir deine Finger ab, sodass du nie wieder tippen kannst, verstanden.", bei ihrer Drohung musste ich schmunzeln. "Ai Ai Sir", lachte ich und sie stimmte mit ein.

Als ich spät Abends wieder zuhause war, lag ich wiedereinmal alleine in meinem Bett. Ich stöberte gerade durch meine Whatsapp Kontakte, als ich auf Tims Kontakt stieß. Ich öffnete den Chat-Verlauf. Die letzte Nachricht war ein einfacher Herz-Emoji, den er mir irgendwann mal während des Unterrichts gechickt hatte. 10. März stand über der Nachricht. Also schon eine ganze Weile her. Tim war gerade online. Ich schaute mir sein Profilbild an. Es zeigte Tim in Badehose am Strand von Malibu. Ich hatte das Bild damals geschossen. Natürlich konnte man auf dem Bild wunderbar Tims Muskeln betrachten. Ich musste schmunzeln. Mein kleiner Angeber. Doch direkt wurde meine Stimmung wieder trüber. Durfte ich das noch denken? Was waren Tim und ich jetzt? Waren wir noch zusammen? Ich musste es wissen. Obwohl Mona es mir strengstens verboten und mir gedroht hatte, tippte ich mit meinem Finger auf die Schreibleiste. Ich überlegte kurz, doch dann tippte ich eine kurze einfache Frage ein, die mir schon die ganze Zeit im Kopf herumschwirrte und drückte auf Senden.

 

                     Wars das jetzt mit uns?


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Sorry für diese mega langweilige-kack-Kapitel. Das nächste wird hoffentlich wieder spannender und besser. Vielleicht überarbeite ich das auch nochmal.

Stexpert - You Are The ReasonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt