Kapitel 37

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Pov. Tim

Der Vormittag bestand aus auf dem Sofa liegen, Fern gucken und Stegi dabei zuschauen, wie er gefühlt jede halbe Minute auf die Uhr schaute und den Zeiger betrachtete. Um drei würden wir ins Krankenhaus fahren. Und mittlerweile war es nur noch eine Stunde hin. Stegi fing an seine Hände zu kneten und schaute wiedereinmal zur Uhr.

"Hey entspann dich dochmal.", sagte ich, der gegenüber von ihm auf dem Sofa saß. Er antwortete nicht sondern starrte nur stumm auf dem Boden. Ich nahm also mein Handy, öffnete Twitter und scrollte durch die Timeline. Rafi hatte etwas retweetet. Komisch, denn er war sonst nie auf Twitter unterwegs. Langsam laß ich die Worte.

Trinke nur solange der Becher winkt, denn ob man nach dem Tod noch trinkt, ist die Frage.

Mein Handy rutschte mir aus der Hand und landete mit einem dumpfen Aufprall auf dem Boden. Meine Miene verdunkelte sich und mein Gesicht wurde blass. Stegi bemerkte das natürlich.

"Tim? Alles Okey?", fragte er leise und schaute mich mit seinen stechenden grünen Augen an. Ich fing mich wieder. Setzte ein Lächeln auf und sagte selbstbewusst: "Ja klar. Mir gehts gut." Er sah mich skeptisch an ließ aber weitere Fragen sein und murmelte nur ein unverständliches "Wenn du meinst."

Ich hob mein Handy wieder vom Boden. Zum Glück war es noch heile. Ich schloss Twitter schleunigst und legte es danach beiseite. Bildete ich mir das nur ein und Rafis Retweet hat rein gar nichts mit der Sache zu tun? Oder hat sich jetzt einer meiner besten Freunde gegen mich gewendet? Reicht es nicht, dass mich irgendjemand mit drohenden Nachrichten quält? Muss mir dann auch noch Rafi ein schlechtes Gewissen machen?

Diese Frage schien sich in meinem Kopf festgesetzt zu haben und verschwand auch nicht, als ich mit Mona, Stegi und seiner Mutter im Krankenhaus saß und mit leerem Blick auf seinen Vater starrte. Stegi hatte seinen Kopf zum Boden gewendet und Mona unterhielt sich leise mit seiner Mutter.


Plötzlich bemerkte ich ein leises zucken dass von Stegis Vater ausging. Hatte ich mir das gerade eingebildet? Sah ich jetzt nicht nur eigentlich zusammenhangslose Tweets als Bedrohung an, sondern auch noch Menschen die im künstlichen Koma liegen und sich bewegen? Nein, dass kann nicht sein. Ich bin bestimmt verrückt.

Doch in dem Moment, indem ich immernoch in meinen Gedanken hing zuckten die Mundwinkel von Stegis Vater ein weiteres mal nach oben. Ich stieß Stegi in die Seite. Er schaute mich verwirrt an und ich machte mit meinem Kopf eine Bewegung in Richtung Krankenbett.

Die Augen von seinem Vater, die mehere Tage regungslos und geschlossen waren, fingen an zu zittern. Doch dann ganz langsam öffnete er sie und blinzelte ein paar mal.

Ich beobachtete Stegi von der Seite. Seine Pupillen weiten sich und drängten das schöne Grün zur Seite. Seine Mundwinkel bewegten sich nach oben. Er sah glücklich aus, wie er seinem Vater dabei zusah wie er erwachte.

Plötzlich drehte sich Stegi zu mir nahm mein Gesicht in die Hand und küsste mich. Einfach so. Seine weichen Lippen auf meinen fühlten sich unfassbar gut an. Doch so plötzlich wie Stegi mich geküsst hatte, so plötzlich zog er seinen Kopf auch wieder zurück. Seine Pupillen weiteten sich - wenn das überhaupt möglich war - noch mehr und er schlug sich eine Hand auf den Mund und wurde auf der Stelle rot. Schnell drehte er sich in die Richtung seines Vaters. Ich jedoch musste wie von selbst lächeln und konnte dieses dümmliche Grinsen auch nicht wieder abschalten. Dieser Junge war einfach toll das konnte ich lange nicht mehr leugnen.

Stexpert - You Are The ReasonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt