Kapitel 2

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Pov. Stegi

1 Jahr Später:

"Schwuchtel", hörte ich eine tiefe Stimme. Tims Stimme. Selbstverständlich war es an mich gerichtet. Er und seine Freunde gingen gerade an mir vorbei. Natürlich nicht ohne mich noch anzurempeln. 'Penner' antwortete ich in Gedanken an Tim. Jenes auszusprechen traute ich mich nicht. Erst vor einem Jahr, nach Tims Ankunft auf dem Internat, ist es schlimm geworden. Jeden Tag wurde ich verprügelt oder mir wurden die Wörter 'Lauch' oder 'Schwuchtel' an den Kopf geworfen. Und sie hatten Recht. Ich war Schwul und ich bereute den Entschluss mich zu outen mit jedem Tag seit Tims Erscheinen immer mehr. Das Schlimme war ja sogar, dass Tim zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal auf dieses Internat ging. Nein Tim war erst ein Jahr später gekommen. Jedoch hatte er sich mit Rafi und Tobi angefreundet und dann bleibt so etwas natürlich nicht unerzählt.

Seufzend ließ ich mich im Klassenraum neben Mona und Felix auf meinen Platz fallen. Mona war meine beste Freundin. Sie war wie eine Schwester für mich. Ihr konnte ich alles erzählen und sie würde mir zuhören und immer zu mir halten. Ich liebte sie. Wie man eben seine beste Freundin liebt. Felix war genauso wie auch Sebastian ein guter Freund. Die beiden waren - natürlich nach Mona - die ersten, die von meinen Gefühlen für Jungs erfuhren. Sie haben mich ermutigt, mich unterstüzt und mich nicht ausgelacht. Allgemein hatte ich recht viele Freunde, die mich so nahmen wie ich war und dafür war ich ihnen auch unendlich dankbar.

Tim war der beliebteste der Schule. Deshalb akzeptierten Viele was er tat, auch was er mit mir machte. Die meisten unserer Schule wollten zu ihrer Gruppe dazugehören. Wieso? Keine Ahnung. Es gehörte zu ihrer Clique eben so richtig Klischeehaft, wie in den ganzen amerikanischen High School Filmen der Captain des Basketball Teams, also Tim, und die Vorsitzende der Cheerleader Gruppe, das war Jule.

Ich jedoch konnte nicht verstehen wieso alle dazugehören wollten und ich wollte es selbst auch nicht. Nach außen hin gaben sie das perfekte Bild ab, aber eigentlich wusste jeder, dass sie untereinander verstritten waren und dass sie gegenseitig über sich lästerten.

"Stegi, ist der werte Herr denn auch anwesend ?", ermahnte mich der Lehrer und riss mich aus meinen Gedanken. "Ja Tschuldigung.", nuschelte ich mit genervtem Augenrollen. "Spasti!", hörte ich eine bassige, mir gut bekannte Stimme. Er sagte es so leise, dass der Lehrer es nicht hören konnte, ich es aber klar verstand. Kurz darauf spürte ich Papierkugeln in meinem Nacken. Ich drehte mich um, blickte zur letzten Reihe der Klasse genau in Tims tiefbraune Augen. Er erwiederte meinen Blick. Es ging nicht in meinen Kopf wie jemand, der so kalt ist wie Tim so warme Augen haben konnte. Ich drehte mich wieder zum Lehrer da ich auf keinen Fall nocheinmal bei meiner Unaufmerksamkeit erwischt werden wollte.

"Kommst du heute auch mit zum See?", fragte Mona mich nach dem Unterricht. "Ja mal gucken antwortete ich leise. Ich hatte einen Grund weshalb ich nicht mitwollte, traute mich aber nicht ihnen diesen zu sagen. "Ach komm schon Stegi.", versuchte Felix mich zu
überreden, "ich hab gehört Hannes ist auch da." Ich verdrehte die Augen. Das Thema Hannes nervte in letzter Zeit ziemlich. Da sagt man einmal, dass jemand gut aussieht, und schon wird wieder irgendetwas hineininterpretiert. Es stimmte. Hannes, der in unsere Parallelklasse ging sah nicht schlecht aus, jedoch stand ich nicht auf ihn. Nicht mehr.

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