-67- Teresa

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"Willow? Darf ich mich zu dir setzen?", fragte ich meine Tante, die auf der Dachterasse saß und auf die Wellen blickte.

"Aber natürlich meine Hübsche. Es ist dein Haus."

"Darum geht es nicht. Möchtest du Gesellschaft?"

"Gern.", antwortete sie mit einen gespielten Lächeln im Gesicht. Ich setzte mich zu ihr und reichte ihr eine der Tassen, die sie dankbar annahm.

"Danke meine Hübsche."

"Immer wieder gern. Aber jetzt erzähl: Was ist los?", löcherte ich sie und nippte an meinem Tee.

"Ach. Nicht so wichtig. Mach dir um mich mal keine Sorgen.", winkte sie ab und schlürfte, so wie sie es immer getan hatte, den ersten Schluck.

"Oh doch. Du wirst mich nicht los. Erzähl!"

"Ich finde es einfach unbegreiflich, wie sich meine kleine Schwester in solch ein Monster verwandeln konnte. Auch vor der Entführung deiner Tochter, war sie ja.. wie soll ich sagen..?"

"Ein Biest? Monster? Tyrann?"

"Nicht sie selbst, wollte ich sagen. Aber gut. Das trifft es auch. Sie war mal so ein aufgeweckter, freundlicher Mensch. Und dann? Mit einem Ereignis wendete sich das Blatt um 180°."

"Ich erinnere mich. Sie war unglaublich toll. So freundlich. Ich erinnere mich daran, wie sie mich ins Bett gebracht hat und jeden Abend ein Lied für mich gesungen hat und sie hat so gut gerochen."

"Nach Vanille.", ergänzte Willow.

"Stimmt. Vanille.", bestätigte ich: "Sie war Anfangs wirklich keine schlechte Mutter."

"Nein.. war sie nicht.. sie hat euch beide von ganzem Herzen geliebt. Und egal was du sagst. Diese Liebe bestand bis zu ihrem Tod. Sie konnte es nur nicht mehr zeigen und wollte es wahrscheinlich auch nicht mehr wahr haben."

Auch wenn ich dem keinen Glauben schenkte, nickte ich.

"Na los. Geh wieder runter zu deinen Gästen. Ich komme auch gleich."

"Sicher?", hakte ich unsicher nach, doch sie winkte nur ab und schickte mich weg. Also beschloss ich ihrem Wunsch nachzugehen und mich meiner Familie zu widmen.

Nikolas trug Isabelle, die rote und stark gerötete Augen hatte, auf dem Arm und schien sie zu beruhigen.

"Was ist denn los?", fragte ich besorgt.

Isabelle streckte sofort ihre Arme nach mir aus und schmiegte ihren Kopf an meinen Kopf.

"Als sie bemerkt hatte, dass du weg warst, hat sie angefangen zu weinen und ließ sich nicht beruhigen."

"Oh mein Baby..", flüsterte ich der Kleinen ans Ohr. "Ich bin doch da und ich werde so schnell nirgends hingehen."

Während ich ihr über den Rücken streichelte setzte ich mich vorsichtig und mit stechenden Schmerzen unterhalb der Brust auf einen Stuhl.

Quentin sah uns und sofort begann auch er zu weinen. Aber wirklich bitterlich und mit hohen schauspielerischen Fähigkeiten. Er schob seine Unterlippe vor und tippelte zu mir um dann direkt vor mir die Arme in die Luft zu strecken. Nikolas nahm ihn nach oben und setzte ihn auf meinen anderen Oberschenkel. Somit kuschelte sich auf jeder Seite ein schluchzendes Baby an mich. Wären die Gäste nicht da gewesen, hätte ich wahrscheinlich mit geheult. Der Unterschied hätte nur darin bestanden, dass ich vor Freude geweint hätte. Die Freude darüber meine Zwillinge wieder zusammen zu wissen.

Willow tauchte hinter mir auf, legte mir sanft eine Hand auf die Schulter und flüsterte mir dann anerkennend ins Ohr: "Du hast eine wundervolle Familie."

Als sie um mich herum kam um sich neben mich zu setzen, sah ich die Trauer in ihren Augen. Sie hatte nie die Möglichkeit eine eigene Familie zu gründen. Und die in die sie eingeboren war, war schlichtweg, weggestorben.

Zum ersten Mal seit unseres Wiedertreffens, sah ich ihr Leid.

Das Leid der wundervollsten Frau in meinem Leben.

Hass michWo Geschichten leben. Entdecke jetzt