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Kapitel 43

"Wo soll er sonst sein?", lache ich. Es dauert eine Weile bis ich realisiere, dass Harry es ernst gemeint hat. Ich starre auf meine Hände und kann nichts sagen, nicht einmal richtig denken kann ich. Erst Daphne. Dann Phileas. Und meinen Vater habe ich auch so gut wie schon verloren. Wenn das Jugendamt davon mitkriegt, ist Theia auch weg. Mehr oder weniger bin ich alleine, denn ich habe auch keine Verbindung zu meiner Mutter in den Himmel. Sie ist schon vergessen. "Wie er ist nicht mehr in London?", ich habe mich gesammelt.

"Er ist nicht mehr in England...", sagt Harry leise, "Ich weiß nicht wo er hin ist, er hat gesagt er will sein Leben leben und zu sich finden! Ich habe ihn nicht aufhalten können..."

"Mit welchem Geld will er bitteschön um die Welt reisen?", ich muss an die Dose in unserer Küche denken. Harry zuckt mit den Schultern. Kein Wunder schreibt er nicht oder reagiert auf Anrufe. Damit würde ihm das letzte Geld verloren gehen.

"Er kommt wieder Gaia!", versucht Harry mir klarzumachen. "Und bis dahin brauchen wir ihn nicht!"

"Wir sind alleine Harry! Theia hat keine Familie mehr!", mache ich ihm klar als er den Wagen vor einem Haus stoppt.

"Ihr seit nicht alleine!", Harry hält meine Hand und sieht in meine glänzenden Augen, "Ich werde bei euch sein! Ich könnte dich nicht alleine lassen!" Seine Worte ermutigen mich. Eigentlich würde sich nichts ändern, außer, dass Theia bei uns ist. Phileas war sowieso nie erreichbar oder in meiner Nähe. Und Harry meint, dass er wieder kommt. Ich muss das Beste daraus machen. Jedoch laufe ich verwirrt neben Harry in das Haus. Ich kann nichts aufnehmen, bis ich Theia sehe und mir die Tränen in die Augen schießen wie Düsenjets. Ich kann es nicht mehr verhindern. Es ist alles so wie es ist. Ich nehme Theia auf den Arm und drücke sie an mich. Dadurch vergrößert sich das Gefühl für meinen Vater. Ich will wissen wie es ihm geht. Er ist alleine und arbeitet den ganzen Tag. Ich weiß nicht was ich von allem halten soll und ob ich ihm sagen soll, dass Phileas weg ist. Harry bedankt sich bei Katie, dann bemerkt er erst die Tränen die über mein Gesicht herrschen. Er legt seine Hand um meine Hüfte und zieht mich zu sich. Als er merkt, dass die Tränen nicht weniger werden nimmt er mich ganz in den Arm. Er beruhigt mich.

"Es tut mir leid...", sage ich als ich mich von ihm löse. Katie schaut mich verständnisvoll an und Harry hebt mich immernoch.

"Mit jedem Schlechten kommt etwas Gutes!", flüstert Harry, "Hast du selbst gesagt..." Ich muss leicht lächlen, womit er sich zufrieden gibt. Dann verabschieden wir uns von Katie. Harry nimmt Theia's Sachen und hält mir die Eingangstür auf. Gemeinsam laufen wir die Treppe runter. Harry versucht mich zum Lachen zu bringen. Er schafft es. Ich vergesse die Tatsache wie es um die Situation meiner Familie steht. Ich vergesse es einfach. Bei mir dreht sich alles um Harry und dass wir gemeinsam lachen. Mit Theia. Als gäbe es nichts normaleres auf der Welt. Ich bin auch noch gut gelaunt als wir vor seinem Haus angekommen sind und ja ich bin es auch drin noch. Mein Gehirn verdrängt es. Harry stellt die Sachen ab, während ich Theia die kleinen Schuhe ausziehe.

"Alles klar?", Harry lehnt in der Tür und beobachtet mich. Ich nicke und stehe dann auf.

"Meinst du wirklich er kommt wieder? Vielleicht passiert ihm ja was, du weißt ja was er immer macht!", wie ein Wasserfall kommen meine Sorgen aus meinem Mund. Harry unterbricht mich, sonst wären es noch mehr geworden.

"Er hat es mir versprochen!", flüstert er, "Er könnte euch nicht alleine lassen, aber er weiß, dass es euch zur Zeit gut geht! Und er wird sich melden!" Ich glaube Harry. Ich bin froh, dass er mir hilft die Geschichte so leicht zu verarbeiten. Harry geht zurück in die Küche und kommt ein paar Minuten später mit zwei Tassen in der Hand zu mir in das Wohnzimmer zurück. Er setzt sich neben mich und gibt mir eine Tasse. Meine kleine Schwester sitzt auf dem Boden und spielt mit ihrem Stofftier. Ich wünschte ich könnte so minimalistisch sein wie sie, dann müsste ich mir weniger Gedanken über meine Zukunft machen oder darüber wie ich an ein neues Handy komme. Es duftet nach indischen Gerwürzen. Harry hat mir einen Chai gemacht. Er weiß wohl mittlerweile, dass es sie hierbei um meinen Lieblingstee handelt. Ich muss schmunzeln und rutsche näher zu ihm hin. Wieder redet er einfach nur mit mir. Allein seine Stimme versetzt mich in Glücksgefühle. Wir vergessen die Zeit. Auch alles um uns herum, bis auf Theia.

i trust my teacher. » h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt