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Kapitel 27

Die Türe zum Behandlungsraum fliegt auf. Ich hätte eine Arzthelferin erwartet. Doch es ist keine. Es ist Ryan. Niemand anderes als Ryan, Ryan der mir seine Liebe gestanden hat, der mir unmoralische Angebote macht, genauso wie sein Bruder.

„Tut mir leid! Falscher Raum!", sagt er. Erkannt hat er mich noch nicht, oder doch. „Gaia?! Was machst du hier?!"

Ich bin nicht in der Lage zu reden, also starre ich Ryan mit offenem Mund an.

„Kennst du ihn?", frägt Jayden.

„Ich weiß nicht, was dich das alles angeht?! Ich weiß auch nicht warum ich heute noch einmal hier bin?!", werfe ich Jayden an den Kopf. Ich schnappe meine Tasche vom Boden und verlasse den Raum. Warum bringt Harry mich hier her? Was hat dieser Arzt, dass Ryan zufällig auch bei diesem einem Arzt von über Tausend in London ist. Ich drück mich an Ryan vorbei, doch bis der geschnallt hat, dass er zur Seite muss, hat mich Jayden schon am Arm gepackt.

„Halte dich von ihm fern!", ernst sieht er in meine Augen. Ich sollte mich besser von ihm fernhalten, an Stelle von meinem Lehrer, der besorgt ist und mich bei sich wohnen lässt. Harry. Ich bin aus dem Gang der Behandlungsräumen gelaufen in Richtung Wartebereich. Doch Harry ist nicht da. Ich würde an der Anmeldung fragen, doch wen kennt Harry hier alles. Ich steige also wieder in den Aufzug und werde zu seinem Wagen gehen. Der Wagen ist da. Nur Harry nicht. In diesem Moment bereue ich, dass ich mir seine Nummer noch nicht geben lassen habe. Ich hätte es gemacht, wenn ich ihm am Dienstag so egal gewesen wäre. Aber ich darf ihm nicht die Schuld geben. Also gehe ich wieder in die Praxis und frage nach ihm. Vermutlich wird er noch einen Bekannten getroffen haben und mit ihm reden. Ich frage also die Arzthelferin, statt zu antworten zeigt sie auf eine Türe. Ohne zu zögern öffne ich die Türe. Da sitzt er an einem Schreibtisch. Mit der Arzthelferin von gestern. Sie hat mich bemerkt, im Gegensatz zu ihm. Ich laufe auf ihn zu, er sieht fertig aus und rauft sich die Haare.

„Es tut mir Leid, aber ich bin fertig!", stammle ich. Ich bereue es schon wieder so überreagiert zu haben. Schlagartig dreht sich Harry auf dem Drehstuhl um. Seine Augen glänzen. Was ist passiert? Ich schaue ihn geschockt an und laufe noch näher zu ihm hin und lege sanft meine Hand auf seine Schulter.

„Ich auch!", sagt die junge Frau und funkelt böse, „Überlege es dir Harry!"

Dann verlässt sie den Raum und nun stehe ich mit einem fertigen Harry in einem fremden Raum.

„Es tut mir leid, dass ich dich hier her gebracht habe! Ich hätte dir das Ganze lieber erspart!", sagt er leise. Meine Hand liegt noch auf seiner Schulter und ich sehe in sein verlorenes Grün. Warum ist es verloren? Mich beschäftigen so viele Fragen, dass ich nicht weiß, was antworten oder überhaupt wie ich reagieren soll. Er nimmt vorsichtig seine Hand und schnappt nach meiner. Ungewollt ziehe ich meine Hand aber weg. „Ryan ist hier?"

Er denkt, es hätte etwas mit Ryan zu tun, doch mit ihm hat es reinweg nichts zu tun, sondern mit Harry selbst. Eigentlich kann ich mir meinen Reflex selbst nicht erklären.

„Was haben sie mit dir gemacht?", er schluckt, „Sie wollten mit mir reden, bei dir gab es keinen Grund zu kommen..."

„Habe ich gemerkt...", sage ich trocken. „Was wollten sie von dir?"

Ich habe eine der Fragen gestellt, die mir durch den Kopf schwirren. Er schüttelt den Kopf und packt meine Hand. Er steht aus dem Drehstuhl aus und zieht mich zur Türe. Wir verlassen das Gebäude, was wir hoffentlich zum letzten mal betreten haben, und steigen in seinen Wagen ein.

„Wir kommen nicht mehr zurück!", er ignoriert meine Frage. Es wird wohl lange dauern, bis ich die Antworten auf meine Fragen bekomme, da er es nicht sagen möchte. Jetzt muss er mir vertrauen. „Aber jetzt müssen wir zu einem richtigen Arzt!"

„Was?!!", rufe ich entsetzt. Jayden ist kein Arzt. Er versucht mich zu beruhigen und entschuldigt sich die restliche Fahrt. Er hält vor einem Krankenhaus. Ich lasse diesen Test nur mit mir machen, weil ich dann meine Ruhe von Harry habe. Dieses mal verläuft auch alles schnell. Genervt laufe ich aus dem Raum raus und laufe einfach an Harry vorbei. Harry ruft mir hinterher. Die ganze Zeit zu laut durch ein Krankenhaus. Wir waren hier da Samstag Mittag wohl dazu bekannt ist schwer einen Arzt zu finden. Es ist mir peinlich, deshalb beende ich es selbst. „Wo hast du mich hingebracht Harry?" Ich drehe mich um und starre in seine Augen. Schnell läuft er auf mich zu und greift schon wieder nach meiner Hand. Ich schüttle meinen Kopf und will weiter laufen, doch jetzt weiß ich warum er meine Hand hält.

„Bis heute wusste ich das auch noch nicht!", er schaut auf den Boden, „Naja fast zu zumindest.."

Ich ignoriere ihn weiterhin, erst als er die Tür aufgeschlossen hat, habe ich genug Kraft gesammelt. Ich warte dennoch darauf, dass er etwas sagt.

„Es ist nichts schlimmes Gaia, aber ich kann es dir nicht sagen!", sagt er dann plötzlich. Er ist in das Schlafzimmer gekommen, in dem ich seit einer Stunde auf diesen Moment. Er setzt sich auf den Bettrand und verhakt seine Hände.

„Warum nicht?", frage ich leise nach. Er zuckt mit den Schultern. „Ich habe dir doch auch alles gesagt!" Gewissermaßen erpresse ich ihn ein wenig. Ich rutsche vor zum Bettrand und ziehe eine seiner Hände zu mir. Ich bin dicht neben ihm, getrennt werden wir nur durch einige Millimeter. Ich lege meinen Kopf auf seine Schulter. Professionelle Erpresserin bin ich nicht. Ich weiß von mir, dass ich ihn gerade vermisst habe, in der kurzen Zeit. Ihm wird es nicht anders gehen. Ich rechne nicht mehr mit einer Antwort. Deshalb stehe ich auf und laufe zur Türe. Ich weiß nicht, was ich machen möchte, aber ich muss mich erst entscheiden was ich eigentlich von ihr erwarte.

„Ich war dort in Behandlung...", sagt er als ich im Türrahmen stehe. Ich bleibe stehen und drehe mich um. „Ich wurde hingeschickt, dass es direkt so eine Praxis ist, haben sie mir erst heute gesagt.."

Ich laufe zurück und setzte mich neben ihn.

„Jayden ist eher ein Psychiater, als ein Arzt...", erzählt er leise weiter.

„Warum?", hauche ich leise. Vergessen, dass er mich dorthin geschickt hat. Er schweigt lange. Ich bin mir sicher er hätte nicht geantwortet, wenn ich diesen Namen nicht gesagt hätte. Alice.

„Ja Alice!", er lacht kurz auf. „Ich wollte dir nie sagen wer sie ist! Nie..."

„Dann mach es nicht!", unterbreche ich ihn. Ich kann ihn nicht geknickt sehen, ich möchte es zwar wissen, aber ich weiß genau wie es ist, wenn man etwas nicht sagen möchte. Verwundert schaut er zum ersten mal auf. „Wenn du nicht möchtest!"

„Du bist dann doch sauer auf mich...", sagt er. Schnell schüttle ich meinen Kopf und blicke auf seine Lippen. Er beugt seinen Kopf zu mir runter und nähert sich. Dann berühren sich unsere Lippen. Mein Beleidigt-sein von vorhin ist verflogen, in der Luft befinden sich tausende von Schmetterlingen. Mein Körper ist erfüllt, mit dem was er braucht. Unsere Lippen sind synchron, als ob wir nichts anderes machen würden. Wir machen auch nichts anderes, zumindest bis er sich von mir löst und auf die Uhr schaut. Er muss lachen. Es ist wirklich eine ganze Weile vergangen. Dennoch bleiben wir auf seinem Bett, bis zum nächsten Morgen.

~

Sonntag Morgen. Ich werde wach, da er mich wieder näher zu mich zieht. Ich lächle ihn sofort an. Allerdings steht er auf und ich bleibe liegen. Ich bleibe liegen, bis es an der Haustür im Sturm klingelt. Schnell springe ich auf und ziehe mir etwas über. Etwas besteht aus seinem Shirt. Ich habe schon wieder keine Ahnung wo sich Harry aufhält. Verschlafen reiße ich die Tür auf.

Harry steht mit Theia auf dem Arm vor mir.

Beide strahlen. Ich jetzt auch. Harry kommt rein und schließt die Türe wieder hinter sich. Sein Blick haftet auf dem Shirt und er grinst.

„Willst du dich nicht umziehen?", er grinst. Ich sehe ihn fragend an. „Wir gehen gleich!"

„Wohin?", frage ich grinsend, während ich mich anziehe. Anstatt zu antworten läuft er aus dem Raum und steigt ins Auto ein. Wenig später steige ich mit Theia dazu ein.

Dann fährt er los.

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i trust my teacher. » h.sWo Geschichten leben. Entdecke jetzt