Post

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POV Mia

„Mamaaa.", tönte ein müder Schrei durch die Wohnung. Ich sah auf meinen Wecker. 4:53Uhr. Na toll! Gähnend stand ich auf und schlurfte ins Nebenzimmer. Was tut man nicht alles für seine Kinder...

„Was ist denn los?", fragte ich und setzte mich auf die Bettkante meines Sohnes, der sich sofort meine Hand schnappte. „Hast du wieder schlecht geträumt?". Er nickte. Ich strich ihm sanft über seine hellbraunen Haare. „Ist ja gut, ich bin ja da.".

Seit er in die Schule ging hatte er wieder immer öfter diese Alpträume. Ich hatte schon alles versucht. Nachtlichter, Traumfänger, einfach die ganze Nacht seine Hand zu halten, doch nichts hatte geholfen. Nicht mal der Schulpsychologe konnte was dagegen machen. Zugegeben, das ging dann vielleicht doch etwas zu weit, aber ich war echt verzweifelt. Ich konnte es mir einfach nicht leisten jeden Morgen total übermüdet zu sein. Wie sollte ich denn so arbeiten?

Mein Blick wanderte wieder zu dem Kleinen. Sein Kopf ruhte auf dem Kissen, die Augen hatte er wieder geschlossen. „Romeo?", flüsterte ich. Er machte keinen Mucks. So war es jedes mal, er schlief sofort wieder ein, wenn ich da war. Vorsichtig, ganz darauf bedacht ihn nicht wieder zu wecken, zog ich meine Hand unter seiner weg und stand auf. Sein Wecker zeigte 4:59Uhr.

Da lohnte es sich jetzt wirklich nicht mehr noch mal ins Bett zu gehen, dachte ich, und so zog ich mich an und machte mich ans Kaffeekochen. Erschöpft ließ ich mich mit der vollen Tasse auf den Stuhl fallen und stellte sie auf dem Küchentisch ab. Sofort fiel mein Blick wieder auf die Post, die noch vom Vortag da lag. Ungeöffnet.

Seufzend schnappte ich mir ein Messer und öffnete einen Umschlag nach dem anderen. Rechnungen, Mahnungen... Ja, der Job war nicht der beste und mit dem Geld wurde es langsam wirklich knapp, aber was sollte man machen? Mit einem abgebrochenen Studium und praktisch null Erfahrung, noch dazu als Ausländer, kam man eben nicht weit. Alles in allem, was die Post anging also nichts neues.

Als ich den letzten Umschlag sah verschlug es mir hingegen fast die Sprache. Er kam aus Finnland. Helsinki. Vorsichtig öffnete ich ihn und zog ein Bild heraus. Ich hielt die Luft an. Es zeigte meinen Vater, Eve und Santtu. Man, war der groß geworden. Auf der Rückseite stand 'Merry Christmas'. Damit hatte ich jetzt nicht gerechnet.

Seit zehn Jahren versuchte Eve mich zwar dazu zu bewegen sie mal wieder besuchen zu kommen, aber das waren immer nur Telefonate gewesen. Sie jetzt zu sehen, wenn auch nur auf einem Foto... Immer hatte ich einen anderen Grund, nicht zu kommen. Am Anfang war es das Studium, dann das Kind, aber immer hatte ich einen Grund gehabt. Dieses Jahr nicht. Ja, das Geld, aber davon wusste meine Familie nichts. Genauso, wie sie den wahren Grund, warum ich nicht zurück nach Finnland wollte nicht kannten. Nur Sanna wusste es...

Sollte ich vielleicht doch hinfliegen? Aber woher sollte ich denn dann das Geld nehmen? Moment, da war ja noch was in dem Umschlag. Waren das...Flugtickets? Nach Helsinki? Für...heute? Da wollte wohl jemand unbedingt, dass ich komme. Vielleicht war es ja auch wegen Romeo, ich meine, immerhin war sie ja quasi seine Oma und hatte ihn in sechs Jahren nicht ein mal gesehen. Okay, jetzt fühlte ich mich schlecht. Aber es würde ja nichts dagegen sprechen hin zu fliegen, Romeo hatte schon Ferien und ich konnte mir bestimmt über die Feiertage frei nehmen, also...

Romeo - I'm forever yoursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt