SIX

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Fest packte ich ihn am Arm und brachte ihn so zum Stehen.
„Warum tust du das?"
Immer noch zierte dieses Grinsen seine Lippen, welches ich ihm am liebsten aus dem Gesicht geschlagen hätte: „Wovon redest du?"
Sauer stemmte ich meine Hände in die Hüfte: „Du weißt ganz genau wovon ich rede. Du hast mich beobachtet und deine Mutter zog die falschen Schlüsse."
Unschuldig zuckte er mit den Schultern: „Ich habe dich nur angesehen."
Sein Grinsen verschwand und sein Gesicht wurde düster.
Sauer hob ich meinen Finger und tippte gegen seine Brust: „Du bist ein arroganter, verwöhnter Prinz."
Wütend schnappte er nach meiner Hand: „Urteile erst einmal über dich selbst."
Ruckartig riss ich mich los.
Ein letztes Mal funkelte ich ihn böse an, bevor ich mich umdrehte und in die Menge ging.

Ich brauchte frische Luft, weswegen ich kurzer Hand hinaus in den Garten verschwand.
Die Kälte des Herbstwindes ließ mich Zittern und sofort bereute ich es wieder nur mit einem Kleid ohne Träger hinaus gegangen zu sein.
Die Kälte ließ meine Haut prickeln und meine Lungen brennen.
Meine Augen schauten nach oben in den klaren Sternenhimmel und wieder einmal war ich fasziniert von dieser dunklen Unendlichkeit.
Meine eine Hand wanderte nach oben und ich drehte sie im Licht des Mondes.
Er ließ sie blass wirken und sehr viel weicher.
Irgendwann ließ ich sie wieder sinken und wollte zurück zum Schloss gehen, als mich plötzlich jemand anrempelte.
„Pardon", entschuldigte ich mich und drehte mich um.
Jemand stand verbeugt vor mir, mit einem Hut auf dem Kopf, dessen große Krempe das Gesicht des Fremden verdeckte.
Abwartend schaute ich mein Gegenüber an.
Er stand immer noch verbeugt vor mir, nur sein Kopf wanderte langsam nach oben und als ich erste Gesichtszüge erkennen konnte, wusste ich, dass er kein Unbekannter war.
Er trug ein böses Grinsen auf seinen Lippen und seine blauen Augen funkelten mir entgegen.
Scharf zog ich die Luft ein und drehte mich panisch um.
Meine Hände verkrampften sich im Saum des Kleides und hoben diesen nach oben, um besser laufen zu können.
Mit schnellen Schritten probierte ich das Schloss zu erreichen, doch schnell merkte ich, dass daraus nichts mehr werden konnte.
Mein Verfolger riss mich unsanft zu Boden.
Er drehte mich auf den Bauch und klemmte mich mit seinen Beinen ein, sodass ich
nicht mehr weg konnte.
Dennoch begann ich zu zappeln und zu schreien.
Unsanft nahm er meine Handgelenke in eine Hand und legte sie mir über meinen Kopf, währenddessen setzte er sich auf meine Beine und hielt mir mit der anderen Hand den Mund zu.
„Hör auf dich zu wehren, Kätzchen", schnurrte er mir ins Ohr.
Ein Stück hob er seine Hand an, sodass ich wieder normal Atmen konnte.
„Numitor", fauchte ich leise.
Ohne wirklich zu überlegen, was ich tat, biss ich ihm in die Hand.
Den kurzen Schockmoment nutzte ich und rappelte mich auf.
Sofort lief ich los.
Ein böses Knurren war hinter mir zu hören und weit kam ich nicht, da stürzte ich erneut zu Boden.
Mehrere kleine Steine bohrten sich in meine Haut und ich spürte, wie sich warmes Blut auf dieser verteilte.
„Lass mich los", schrie ich.
Wieder wehrte ich mich gegen seinen Griff, dieses Mal sogar noch mehr.
Plötzlich knallte etwas auf meine Wange und vor Schreck hielt ich still.
Er hatte mich geschlagen.
Der brennende Schmerz ließ mich scharf die Luft einziehen.
Nach einiger Zeit begann meine Wange zu kribbeln und ein lähmendes Gefühl trat an die Stelle des Schmerzes.

Plötzlich wurde Numitor von mir herunter gerissen.
Sofort sprang ich auf.
Aus Reflex griff ich mir an die Wange und fühlte das puckern.

Anstatt wieder zu laufen blickte ich mich um.
Loki trat an mir vorbei, mit zwei Wachen im Schlepptau.
Numitor stürzte wieder nach oben und lief weg vom Schloss, dicht gefolgt von den Wachen.
Der schwarzhaarige Gott blickte den Dreien hinterher, bevor er zu mir schaute.
Das erste mal sah ich Unsicherheit in seinem Antlitz aufblitzen.

Plötzlich gaben meine Beine nach.
Ich knickte weg und fiel wieder zu Boden.
Sofort war der Gott bei mir und hob mich auf seine Arme.
"Aber lass mich bitte nicht wieder fallen", flüsterte ich und ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen.
Überraschenderweise erwiderte er dies.
Erschöpft legte ich meinen Kopf an seine Brust.

Ich hörte hektische Schritte auf uns zu kommen.
Die Stimmen drangen nicht ganz zu mir durch, ich hörte nur immer wieder Loki kleine Befehle bellen.
Kurz schloss ich meine Augen.
Als er mich in etwas weiches legte öffnete ich sie wieder.
Loki stand ein wenig überfordert vor mir: "Du musst aus diesem Kleid raus. Ich werde mir nachher deine Wunden anschauen und falls sie versorgt werden müssen, bringe ich dich zu den Heilern."
Mühevoll rappelte ich mich wieder auf, doch sofort knickte ich wieder weg und befand mich in Lokis Armen.
"Bitte, öffne die Knöpfe an dem Kleid", hauchte ich leise.
Ich spürte, wie er schwer schluckte: "Vielleicht sollte ich jemand anderes-."
"Mach es einfach."
Langsam hob er seine Hände.
Ich lehnte an seiner Brust während er Knopf für Knopf mein Kleid öffnete.
Als er alle geöffnet hatte dreht er sich weg von mir.
Nun stand er mit dem Blick zur Wand zu mir.

Ich streifte das Kleid ab und zog mir mein Nachtgewand an.
Es war ein Seidenkleid mit dünnen Trägern.
Als ich fertig war ließ ich mich wieder nach hinten fallen.
Loki drehte sich langsam wieder zu mir um.
Er kam auf mich zu und kniete sich vor mir hin.
Fragend schaute er mich an und als ich nickte griff er vorsichtig nach meinem Bein.
Er winkelte es leicht an und betrachtete die kleinen Wunden.
Ich ließ ihn dabei nicht aus den Augen und konnte genau sehen, wie seine Kiefermuskeln sich anspannten.

„Die Wunden sind nicht tief und werden ohne Hilfe heilen", teilte er mir nach einiger Zeit mit.
Als er mir wieder ins Gesicht schaute wurde sein Blick düster.
Vorsichtig hob er eine Hand und strich mir über die Wange: "Was hat er mit dir gemacht?"
Ich atmete tief ein und aus, bevor ich antworte: "Er hat mich geschlagen."
Behutsam strichen seine Finger immer wieder über meine Wange: „Morgen wird sie vermutlich blau sein."
Eine Weile schaute er nur auf meine Wange, bevor er wieder zu sprechen begann: „Du solltest schlafen."
Er wollte aufstehen und gehen, doch ich hielt ihn fest: „Bleib bitte. I-ich... weiß ei-einfach nicht... ich... habe Angst, Loki."
Zum ersten Mal nach diesem Ereignis strömten mir die Tränen über die Wangen.
Der Schock hatte jetzt nach gelassen und plötzlich prallte alles Geschehene auf mich ein.
Ich begann zu zittern und verkrampfte mich immer wieder.
"Ich sollte Thor holen", teilte Loki mir mit, doch ich verstärkte meinen Griff nur.
"Bitte lass mich nicht alleine", sagte ich panisch.
Nach kurzem Zögern setzte er sich zu mir: „Werd ich nicht."

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