Überwältigt von seinem nicht erwarteten Anblick, schlug ich mir die Hände vor den Mund.
„Was tust du hier?" Fragte ich atemlos und starrte ihn geschockt an.
„Ich bin hier gerade gelandet und war auf der Suche nach dir. Tatsächlich habe ich dich dann in diese Gasse gehen sehen", erklärte er.
Überfordert schüttelte ich meinen Kopf: „Nein, was machst du überhaupt hier? Woher weißt du, dass ich auf diesem Planeten bin?"
Lächelnd kam er auf mich zu: „Heimdall erzählte es mir und Odin schickte mich zu euch!"
„Dann kannst du uns helfen, Jude!" Schrie ich nun fast schon freudig aus und fiel ihm in die Arme.
„Deswegen bin ich hier", meinte er lächelnd und drückte mich fest an sich.
Freudig lachte ich auf: „Jetzt müssen wir nur noch Thor und Loki holen!"
„Geh du Loki suchen und ich werde mich um Thor kümmern", erklärte er, „dann treffen wir uns wieder hier."
„Nein!" sagte ich und griff nach seinem Arm, „Wir sollten und nicht trennen! Es ist so gut dich zu sehen!"
„Ja, aber in allem Guten steckt auch immer ein wenig Böses." Verwirrt zogen sich meine Augenbrauen zusammen und ich blickte ihm in sein lächelndes Gesicht.
„Was willst du damit sagen?" Fragte ich und verschwieg, dass so etwas auch Kenan gesagt hatte. Ich konnte mich noch genau an seine Worte erinnern, die er mir zum Abschied entgegen gebracht hatte. Bereits da hatte ich die Worte skeptisch aufgenommen, doch als einen guten Rat gesehen. Wie konnte es allerdings sein, dass Jude haargenau dieselben sprach? War es nur ein Zufall? ... oder...
Ich erstarrte und schluckte schwer. Mein Blick ging hektisch zu ihm, welcher mich immer noch grinsend ansah.
„Ich werde Loki suchen", meinte ich schnell und drehte mich um.
„Möchtest du denn gar keine Antwort auf deine Frage?" Hörte ich ihn hinter mir fragen und schüttelte schnell meinen Kopf. Meine Schritte beschleunigten sich und ich setzte zum Laufen an, da musste ich mit einem Mal erneut stoppen, da ich direkt auf eine Wand blickte. Schwer schluckend blickte ich auf das unüberwindbare Hindernis, bevor ich mich wieder zu ihm umdrehte und sein unschuldiges Gesicht erblickte.
„Wie ist das Möglich?" Fragte ich und drückte mich an den kalten Beton hinter mir.
Ruckartig hob er die Hände und vollführte eine ausschweifende Geste: „Und wieder kommt eine Frage dazu."
Zitternd verkrampften sich meine Hände in dem Stein, nicht fähig etwas zu erwidern.
„Ach, Lia", bei der Aussprache meines Names wurde seine Stimme ein wenig tiefer und veränderte sich schließlich ganz. Ebenso verschwand das Bild des Gottes, welcher sich in Luft auflöste und hinter ihm trat eine weitere Gestalt hervor, die mir nur allzu bekannt war. Die leuchtenden Augen erfassten mich und zogen mich förmlich in ihren Bann. Irgendwie hatte ich damit gerechnet, dass er dahinter steckte und doch war es plötzlich ein Schlag in die Magengrube. War Loki echt gewesen? Bestimmt nicht. Vermutlich war es nur ein Trick gewesen, um mich hierher zu locken. Wütend über meine Naivität bohrten sich meine Fingernägel in die Handfläche.
„Zeig dich", schrie ich aufgebracht und doch konnte ich das Zittern in meiner Stimme nicht verstecken. Tatsächlich wanderten seine Hände zu seiner Kapuze. Die Zeit schien förmlich still zu stehen und ich blickte gebannt auf sein Gesicht. Würde er sich mir tatsächlich zeigen? Nach all der Zeit? Nach all den Qualen und Geheimnissen? Mein Kopf war gar nicht darauf vorbereitet und stellte sich jegliche erdenkliche Gesichter vor, welche ich nun gleich sehen würde. Erneut dachte ich daran, ob es nicht vielleicht doch Jude war, doch verwarf ich den Gedanken. Auch Numitor kam mir wieder in den Sinn, doch war das ebenfalls nicht möglich.
„Bestimmt überlegst du, wie ich wohl aussehen würde", erklang wieder diese tiefe Stimme und ich konnte ein Grinsen in dem Klang erkennen, "für dich kann ich jede Person sein." Mit einem Mal veränderte sich wieder das Bild und ich sah Loki vor mir, bevor dieser sich in einen Thor und dann in eine Sif verwandelte. Schockiert beobachtete ich diese Verwandlungen und merkte erneut das starke Zittern meiner Glieder.
"Aber keine Sorge", erhob er wieder die Stimme und zeigte sich mir wieder in der altbekannten Gestalt, „Ich habe mich dir nur mit einem Gesicht gezeigt, welches im übrigen nicht mein richtiges ist, da ich nicht wirklich eines besitze. Ich wandle durch die Welten und ändere mein Aussehen, wie es mir beliebt."
Ruckartig nahm er die Kapuze ab und ich sah wieder in diese leuchtenden Augen, welche nicht die waren, die er mir normalerweise zeigte und doch ergab mit einem Mal alles Sinn.Er besaß braunes Haar und unfassbar hellbraune Augen, sodass ich mir diese sofort in der Sonne vorstellte. Dazu trug er Sommersprossen im Gesicht, doch ließen diese ihn nicht netter wirken, denn er hatte eine Härte als Ausdruck, die einen einfach einschüchterte.
„Sie werden auf der Brücke erwartete", seine Stimme war so tief und ging einem durch den ganzen Körper, doch verursachte sie kein unangenehmes Gefühl, sondern ein berauschendes. Sein Anblick, seine Stimme, all das machte etwas mit mir und doch konnte ich es nicht einordnen.„Kenan!" Hauchte ich erschrocken. Ein Lächeln legte sich auf seine Lippen: „Du hast es doch gefühlt. Diese Anziehung. Diese Begierde. Allerdings war es der Stein, der dich zu mir gezogen hat. Auch hat er mich deswegen nicht abgestoßen." Sofort kam mir die Szene in den Kopf, die sich in der kleinen Nische auf dem Schiff ausgetragen hatte. Dabei hatte ich auch an Jude gedacht gehabt und nun waren diese Fragen beantwortet.
„Was ist deine Aufgabe? Willst du den Stein beschützen? Willst du ihn haben?" Fragte ich und spürte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen, „Ich habe dir vertraut! Dich als meinen Freund angesehen! Dir erlaubt ein Teil meines Lebens zu sein!"
„Und das rechne ich dir hoch an, aber leider kann ich darauf keine Rücksicht nehmen", erwiderte er und kam näher zu mir. Automatisch drückte ich mich stärker an die Wand: „Ich besitze nicht den ganzen Stein!"
Lächelnd warf er die Hände in die Luft: „Das weiß ich doch bereits! Deswegen benötige ich dich auch zuerst."
„Du mieser B-."
„Na na na", unterbrach er mich und grinste mich immer noch an, „wir müssen es noch eine ganze Weile miteinander aushalten, bevor ich dich übergeben werde."
„Übergeben?! An wen?!" Fragte ich panisch.
„Eigentlich war es immer mein Ziel gewesen, den Stein zu beschützen, doch hat sich das ein wenig geändert", erklärte er und blickte nun etwas ernster drein.
„Nein, Kenan! Wenn du das tust, dann-."
„Dann, was?" Fragte er finster und überbrückte den letzten Abstand zu mir, bevor er mich grob am Arm packte, „jeder muss schauen, wo er bleibt und du bist nun mal meine Lebensversicherung. Loki wird uns nachlaufen, wie ein Hund der die Knochen gewittert hat und dann wird es ganz einfach für mich sein."
„Lass ihn dabei aus dem Spiel!" Zischte ich.
„Das geht leider nicht mehr", grinste er nun wieder, „warum hast du mir nicht ebenfalls einen Teil abgeben? Die Möglichkeit hattest du ja. Mehrmals sogar." Dieses anzügliche Grinsen wollte mich würgen lassen, doch riss ich mich zusammen. Stattdessen hob ich ruckartig meine Hand und ließ diese auf seine Wange prallen. Als ich realisierte, was ich getan hatte, zog ich erschrocken die Luft ein und starrte ihn an. Mit glühenden Augen erwiderte er meinen Blick und ich wartete darauf, dass er mir gegenüber ebenfalls körperlich werden würde, doch geschah nichts. Stattdessen kam er meinem Ohr ganz nah, bevor er hauchte: „Alles kommt irgendwann zurück, also sei vorsichtig, was du tust."
Die Dominanz in seiner Stimme ließ mich erzittern, doch war für mich klar, dass ich mich nicht einfach so ergeben würde.
Mein rechter Arm wurde immer noch von seiner Hand umklammert, weswegen mir dort die Bewegungsfreiheit fehlte. Dafür konzentrierte ich mich auf mein Bein und holte so weit es ging aus, bevor ich zwischen seine zielte und zutreten wollte. Allerdings kam es gar nicht dazu, da er ruckartig die andere Hand nahm und sie gegen meinen Oberschenkel drückte, sodass ich dieses Bein nicht mehr rühren konnte.
„Erinnerst du dich jetzt schon nicht mehr an meine Worte?" Fragte er grinsend und drückte etwas mehr zu, sodass sich seine Finger in mein Fleisch bohrten. Schmerzvoll zischte ich und probierte mich seinem Griff zu entziehen. Langsam ließ er wieder von mir ab und schien selbstgefällig zu denken, dass ich es nun lassen würde, doch begann ich schließlich zu zappeln und zu schreien. Das erwiderte er mit einem genervten Stöhnen, bevor ich merkte, wie er wieder grob nach meinen Gliedmaßen greifen wollte, doch stoppte ich nicht und verhinderte dies.Plötzlich trat jemand in mein Blickfeld und ich stoppte ruckartig. Mein Blick krallte sich hoffnungsvoll an seinen Anblick und ich hätte am liebsten vor Freude geweint. Die Last fiel plötzlich von mir ab und doch machte sich neue Sorge in mir breit. Ich blickte ihm in sein glückliches und zugleich wütendes Gesicht.
„Loki", hauchte ich glücklich und starrte ihn nur an.
„Geht doch", kam es dann plötzlich von Kenan, der mich ruckartig umdrehte und gegen die Wand drückte. Mein Gesicht wurde schmerzhaft in den Stein gepresst und ich spürte, dass meine Haut bald nachgeben würde. Ebenso drückte er grob meine Schultern zusammen, was mich vor Schmerz aufschreien ließ, bevor ich etwas warmes an meinen Handgelenken fühlte. Dann verließ mich der Druck und damit auch der Schmerz, doch konnte ich meine Hände nicht mehr voneinander trennen.
„Mach mich los!" Schimpfte ich und verstand langsam, dass Loki nur ein Trick seinerseits gewesen war, um mich ruhig zu stellen. Wie konnte ich meinen Augen noch vertrauen, wenn alles sein Werk sein könnte? Bereits jetzt wusste ich, dass es mich verrückt machen würde und sofort bereute ich es, dass ich mich nicht richtig verteidigen konnte. Ich würde gegen diesen Mann keine Chance haben. Ich war ihm einfach ausgeliefert.
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Love > Hate
RandomEine einzige Berührung verändert ihr ganzes Leben. Mit einem Mal ist sie nicht mehr nur ein Niemand. Von außen betrachtet, scheint ihr Leben perfekt: Sie lebt im Schloss, wohnt jeder Feier der Königsfamilie bei und verbringt Zeit mit den engsten Ver...