E I G H T Y SEVEN

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Nachdenklich betrachtete ich den Gott in der Zelle. Bis jetzt hatte ich mich noch nicht bemerkbar gemacht, da ich mir unsicher war, was ich sagen sollte. Außerdem wollte ich diese ruhige, schöne Zeit mit ihm nicht aufgeben. Ich wusste nicht, warum ich dachte, dass es böse Enden könnte, doch konnte ich die Situation überhaupt nicht einschätzen.

Wir waren bereits durch schlimme Zeiten gegangen, warum gönnte man uns nicht, dass wir friedlich leben konnten. Vermutlich war das mit diesem Gott einfach nicht möglich, doch wünschte ich es mir so sehr.

Schließlich entschied ich mich dazu, ihn einfach zu überfallen, damit er sich nicht darauf vorbereiten konnte, denn so würde er nichts ahnen können.
Also lief ich schnell zu seiner Zelle, berührte kurz das Kraftfeld und stand dann bei ihm. Ruckartig hatte sich Loki erhoben und ich war mir sicher, dass er wieder ein Trugbild über uns gelegt hatte.
Lächelnd kam er auf mich zu und hob mich auf seinen Arm, was ich lachend über mich ergehen ließ. Zärtlich strich ich ihm seine Haare nach hinten und hauchte ihm einen kurzen Kuss auf den Mund.
„Wie schön es ist mein Mädchen zu sehen", sagte er mit rauer Stimme, was mir zeigte, dass er lange nicht gesprochen haben musste.
Ich verschränkte meine Beine hinter seiner Hüfte und tat das gleiche mit meinen Armen in seinem Nacken.

Plötzlich war ich mir so unsicher und mein ganzer Plan war zunichte gemacht. Ich wollte diese Idylle einfach nicht zerstören und die gemeinsamen Momente mit ihm genießen, doch wusste ich, dass es mich von Innen auffressen würde, wenn ich es nicht ansprechen würde.
Deswegen löste ich mich auch wieder vorsichtig von ihm und sah ihn leicht lächelnd an: „Ich muss mit dir reden."
Sofort sah er mich besorgt an, was mich wirklich rührte.
„Das Geschwisterpaar Fios ist hier", begann ich mich zu erklären und sofort schien er zu verstehen.
„Es ist wegen Sigyn", sprach er und trat überraschenderweise einen Schritt weg von mir.
Ich nickte: „Ja-."
„Hat sie mit dir gesprochen?" Unterbrach er mich einfach, was mich leicht böse stimmte.
„Kurz-."
„Was hat sie gesagt?"
Wieder unterbrach er mich, was mich jetzt fauchen ließ: „Willst du mich auch aussprechen lassen?"
„Tut mir leid", entschuldigte er sich und doch konnte ich ihm ansehen, wie angespannt Loki war. Es schien ihn also auch aufzuwühlen und das wühlte mich dann wiederum auf.
„Ich wurde nur von den beiden gefragt, was ich im Schloss zu suchen hatte, woraufhin ich meinte, dass ich zu dir gehören würde und deswegen hier wäre", erklärte ich und sah ihn abwartend an. Loki drehte sich von mir weg und legte nachdenklich seine Hand an sein Kinn, was mich verunsicherte.
Er schwieg einfach und ich wusste nicht, was das bedeutete und nachdem er auch nach längerer Zeit nichts sagte, begann ich wieder: „Was war das zwischen euch?"
„Belanglos", kam es nur abgehackt und er schien genau das nicht weiter ausführen zu wollen.
„Sie hat sich nach dir erkundigt", erklärte ich irgendwann und plötzlich drehte er sich ruckartig zu mir um.
Nachdenklich betrachtete er mich und schien das Gesagte zu verarbeiten.
Irgendwie verhielt er sich komisch und das machte mich sauer, denn er sprach einfach nicht mit mir, sodass ich es nicht wie gewollt aus der Welt schaffen konnte.

„Muss ich mir Sorgen machen?" Fragte ich dennoch vorsichtig und unterdrückte meine Wut, da diese unpassend war. Ich wollte nicht, dass es zwischen uns eskalieren würden.
Loki wartete mir ein wenig zu lange mit seiner Antwort, doch sagte er schließlich: „Du brauchst dich nicht sorgen!"
Er schenkte mir ein kurzes Lächeln, doch sah dann sofort wieder starr an die Wand. Deswegen entschied ich mich dazu, es nun endgültig zu fragen. Ich wollte aber eine ehrliche Antwort, weswegen ich mich erhob und mich direkt vor ihn stellte und fragte: „Hast du sie geliebt oder liebst du sie vielleicht sogar immer noch?"
Ich gab ihm einen stechenden Blick und nahm jede Regung auf. Loki verzog allerdings keine Miene und schien wie eingefroren.
„Nein."

„Du warst noch nie ein guter Lügner", erschrocken von den plötzlichen Worten sprang ich zur Seite und drehte meinen Kopf zum Verursacher. Oder eher zur Verursacherin.
Ich war so überwältigt von ihrer plötzlichen Anwesenheit, sodass ich kein Wort herausbekam und sie einfach nur anstarrte.
Zuerst fragte ich mich, warum niemand von uns sie bemerkt hatte, besonders nicht Loki, der immer so aufmerksam war und dann fragte ich mich, wie sie uns durch das Trugbild hören, beziehungsweise sehen konnte.
„War da kein-?" Wollte ich mit gebrochener Stimme frage, doch unterbrach Loki mich.
„Natürlich war da eines, aber denkst du, dass würde sie aufhalten", fluchte er förmlich und trat auf das Kraftfeld zu, wo eine grinsende Sigyn stand.

„Noch genauso impulsiv, wie du es früher warst", begann die Göttin wieder, „Ich habe dich heute beim Abendmahl vermisst. Doch habe ich damit gerechnet, nachdem ich dich hier bereits besucht hatte."
Ungewollt fiel mir alles aus dem Gesicht: „Du wusstest, dass sie hier ist?!"
„Lia-." Wollte er sagen und hob beschwichtigend seine Hände, doch ließ Sigyn ihn nicht aussprechen.
„Natürlich wusste er von mir. Vermutlich schon bevor es überhaupt offiziell war, dass wir kommen würden", begann sie wieder, „Weißt du Lia, das war doch dein Name, richtig?....
Die Liebe spielt manchmal ein merkwürdiges Spiel."
„Liebe", wiederholte ich atemlos und fühlte mich auf einmal, als hätte mich jemand nach hinten geschleudert. Ich taumelte ein wenig zurück und setzte mich dann erschöpft auf sein Bett.
„Lass dir nichts einreden", kam es genervt von Loki, welcher ihr einen vernichtenden Blick sandte, „Ja, ich wusste von ihrer Anwesenheit und ich habe dir nichts gesagt, um dir unnötige Sorgen zu ersparen."
„Ich hoffe du lügst mich nicht wieder an", sagte ich finster und bedachte ihn mit einem kalten Blick.
„Er lügt doch, wenn er den Mund aufmacht", lachte Sigyn, was Loki böse knurren ließ.
Ruckartig ging er auf die Frau zu: „Was willst du hier, verflucht?!"

Ich war ein wenig überrascht, denn so hatte ich ihn noch nie gegenüber einer anderen Person gesehen. Seine Schultern bebten, seine Atmung ging schwer und seine Hände ballten sich immer wieder zu Fäusten. Normalerweise trug er immer eine perfekt Maske, doch diese schien ihm nun komplett entglitten.

„Über das vergangene Reden", kam es provokant lächelnd zurück.
Loki spannte sich sichtlich an: „Da gibt es nichts zu bereden."
Sie zuckte mit den Schultern: „Doch, aber du hast Recht, nicht hier und nicht jetzt." Sie sah kurz zu mir, bevor sie wieder zu Loki blickte, welcher einen Gesichtsausdruck hatte, der aussagte: „Ich habe nichts desgleichen gesagt!" Doch unterdrückte er das und man konnte ihm ansehen, wie er um Fassung rang.

„Nicht hier?" Lachte er bitter und zeigte um sich, „Du setzt dir Flausen in den Kopf!"
„Nicht hier", erwiderte sie zwinkernd und wollte gehen, doch stoppte sie noch einmal und sah zu mir, „Ach, mein Bruder sucht dich."
Überrascht drehte Loki sich zu mir um, doch konnte ich ihm keine Aufmerksamkeit schenken, sondern sah sie nur mit offenem Mund an.
„Biest", zischte ich schließlich und verfolgte sie mit meinem Blick, bis sie verschwunden war.

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