S I X T Y ONE

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-Aurelias Sicht-
Ein stetig wiederkehrendes Geräusch ließ mich die Augen öffnen. Mein Körper hing schlaff über etwas und wurde immer wieder leicht nach oben geworfen, bevor ich wieder fiel. Ich spürte, dass meine Hände und Füße zusammengebunden waren und ich etwas auf meinem Kopf trug. Das Atmen fiel mir schwer, da sich etwas stetig in meinen Brustkorb bohrte. Dazu kamen die Schmerzen an meinen Armen, die erträglicher waren, als ich es in Erinnerung hatte. Ich wusste nicht, was er mir in die Wunden getan hatte, doch merkte ich recht schnell, dass ich mich nicht bewegen konnte. Der Zustand erinnerte mich an den, in den auch Loki mich einmal versetzt hatte. Zwar bekam ich alles mit und doch konnte ich nicht handeln. Mit aller Kraft probierte ich mich zu bewegen, doch tat sich nichts. Alles in meinem Kopf schrie nach Flucht, doch passierte nichts.
„Wie geht es jetzt weiter?" Erklang eine Stimme und die wiederkehrenden Geräusche identifizierte ich mittlerweile als Hufgetrappel. Weiteres kam dazu und noch eines. Wir waren also zu dritt, schoss es mir in den Kopf.
„Wir suchen das Portal auf und verschwinden so schnell es geht", ertönte Numitors Stimme direkt über mir, was mir sagte, dass ich mit ihm auf einem Pferd zu sein schien. Ruhe kehrte wieder ein und meine Atmung wurde schwerer. Das Schnauben eines Pferdes ließ mich wieder hellhörig werden und leichtes Getippel. Verwundert spitzte ich wieder meine Ohren und Unruhe schien auszubrechen.
„Verdammt!" Fluchte plötzlich jemand und ich merkte, wie Numitor das Tempo anzog. Wir mussten gerade galoppieren, da ich immer wieder stärker nach oben flog, als zuvor.
„Schaltet ihn aus!" Bellte Numitor einen Befehl und schnalzte erneut, um das Pferd noch schneller laufen zu lassen. Ein schmerzverzerrter Schrei erklang und danach ein kurzes Röcheln, bevor etwas schwere zu Boden fiel und ein dumpfer Ton zu meinen Ohren drang. Plötzlich schien uns etwas zu erschüttern und ich merkte, wie ich begann zu rutschten. Ängstlich wollte ich mich an das Pferd klammern, doch gehorchten mir meine Glieder nach wie vor nicht. Genau aus diesem Grund passierte es auch, dass ich vom Pferd fiel. Da wir ein schnelles Tempo besaßen, war der Aufprall sehr heftig und schmerzhaft. Es fühlte sich an, als hätten ein paar meiner Rippen nachgegeben und bohrten sich nun in meinen Därme. Hätte ich gekonnt, hätte ich vermutlich aufgeschrien, doch bewegte sich mein Mund nicht. Dafür bemerkte ich, dass ich meine Augen öffnen und schließen konnte. Dazu war der Sack ein Stück von meinem Kopf gerutscht, sodass es mir möglich war ein Teil des Geschehen vor mir zu sehen. Mein Blick fiel auf Numitor, der auf dem Boden lag und ebenfalls angestrengt röchelte. Füße traten in mein Blickfeld und plötzlich schoss etwas glänzendes auf Numitor zu. Es durchbohrte ihn und ein Schrei erklang aus seinem Mund. Er zappelte kurz, bevor jegliches Leben aus ihm erlosch und sein toter Körper einfach nur auf dem kalten Boden lag. Panisch weiteten sich meine Augen, da ich einfach Angst davor hatte, was nun mit mir passieren würde. Plötzlich griffen zwei Hände nach mir und hoben mich hoch, wobei der Sack endgültig von meinem Kopf rutschte. Zwei goldene Augen blickten mir entgegen, doch trug er ein Tuch, welches sein Gesicht bis zur Nase verdeckte. Sein Kopf zuckte mit einem Mal nach oben und er drehte sich schnell mit mir in den Schatten. Ich konnte hören, wie mehrere Schritte ertönten und dann mit einem Mal stoppten.
„Was ist denn hier passiert?" Hörte ich jemanden sagen und erkannte deutlich, dass es Volstagg war. Der Mann mit den goldenen Augen sah mich wieder an und legte seinen Finger auf die Lippen, bevor er leise hauchte: „Unsere Zeit wird kommen."
Mit diesen Worten ließ er mich langsam zu Boden und zog ein Messer, mit welchem er meine Fesseln löste. Erschrocken sah ich ihn an und wusste nicht, was ich fühlen oder denken sollte. Dankbarkeit? Verwunderung? Angst? Glück? Irgendwie fühlte ich alles auf einmal, doch fühlte ich besonders die Erleichterung. Der Fremde, der doch eigentlich genau das selbe wollte, wie diese Garde, hatte mich gerettet. Auch wenn ich mich vor ihm fürchtete, fühlte ich Dankbarkeit. Dennoch mischte sich die Angst dazu, da er skrupellos gehandelt und Numitor getötet hatte. Zwar hatte dieser Typ es auch nicht anders verdient und doch schockte es mich, wie man es einfach so tun konnte. Ich selbst hätte starke Hemmungen. Allein die Vorstellung, wie ich jemandem das Leben nahm, ließ mich erzittern. Natürlich gab es Leute, die dafür bezahlt wurden und einfach dem nachgingen, was von ihnen verlangt wurde und doch konnte ich es mir nicht vorstellen, wie man so etwas freiwillig tun konnte. Manche würden vielleicht sagen, dass die Leute, die es traf, auch verdient hatten und doch war ich der Ansicht, dass man so etwas einfach nicht verdienen konnte. Zwar stellte ich mir mein Leben nun etwas leichter vor, immerhin schien Numitor tot und doch war ich mir sicher, dass es das nicht war. Die Garde gab es ja immer noch und sie würden ganz bestimmt keinen Rückzieher machen, nur weil einer ihrer Kameraden fehlte. Vermutlich war Numitor ein wichtiger Teil gewesen und doch würden sie schon ihre Wege und Mittel finden.
„Es gibt eine kleine Änderung der Pläne", flüsterte der Mann plötzlich weiter, „Wie es aussieht hat sich der Stein erneut geteilt und sucht nun immer sein zweites Stück. Ich weiß zwar nicht, wie das passiert ist und doch erschwert es nun alles." Seine Worte überraschten mich und ich fragte mich, wie das geschehen sein soll. Dabei dachte ich an alles mögliche und plötzlich kam es mir in den Sinn. Die Nacht mit Loki. Der bronzefarbenen Schleier.
Mein Blick flog ruckartig zu dem Fremden, welcher sich erhob und einfach in der Dunkelheit des Waldes verschwand. Nun saß ich alleine an diesem Baum und war nach wie vor handlungsunfähig. Ich hoffte sehr, dass sie mich finden und nicht einfach wieder gehen würden. Mein Kopf konnte gar nicht richtig verarbeiten, was geschehen war, doch merkte ich, dass der Schock langsam nachließ. Schritte ertönten hinter mir und plötzlich kam mir ein Gesicht in mein Blickfeld. Dazu kamen weitere und plötzlich erschienen sie überglücklich.
„Lia", ertönte es von Sif. Ich konnte die Tränen in ihren Augen sehen und auch meine füllten sich vor Freude. Sie hatten es nicht geschafft mich mit sich zu nehmen und mich so von all denen wegzureißen, die ich liebte.

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