•Aurelia•
Ein Klopfen holte mich aus meiner nachdenklichen Starre und ließ mich zur Tür blicken, welche sich daraufhin öffnete. Als ich Thor erblickte, begann ich freudig zu lächeln und setzte mich ein wenig auf.
„Was verschlägt dich zu mir?" Fragte ich neugierig und hoffte natürlich, dass er gute Nachrichten mit sich führen würde.
Er griff nach meinen Händen und legte sie mit den Handflächen nach oben, bevor er in seine Tasche griff und etwas herausholte. Das legte er mir dann in die Hände, bevor er diese wieder losließ und ich das Teil genauer betrachteten konnte. Es war Zylinderförmig und nicht größer als mein kleiner Finger. Außerdem war es Silber und besaß Verzierungen, doch an dem einen Ende befand sich eine Glaskugel, welche in einem schönen Blau leuchtete.
„Was ist das?" Fragte ich faszinierend und sah wieder auf zu Thor.
Sein Gesicht zierte ein Lächeln: „Eine Art Schlüssel. Wenn du damit die Felder berührst, welche die Gefangenen gefangen hält, wirst du nicht verletzt. Diese werden dann dank des Steines für einen Augenblicken zur Seite gedrückt und lassen dich eintreten."
„Das ist unglaublich. Woher hast du den?"
„Es hat eine Weile gedauert, aber ich konnte ihn im richtigen Moment stibitzen", erklärte er grinsend, doch wurde sein Gesicht mit einem Mal wieder ganz ernst, „Ich vertraue dir und du musst mit allen Mitteln dafür sorgen, dass nichts geschieht. Wenn der Allvater davon erfährt, sind wir beide geliefert." Ich legte den Schlüssel mit meinen geschlossenen Händen an mein Herz: „Ich danke dir so sehr und ich weiß dein Vertrauen zu schätzen. Ich werde diesen Schlüssel hüten wie mein eigenes Leben!"
Thor nickte mir zuversichtlich zu: „Jede Nacht zwischen der erst und zweiten Mondphase wechseln die Wachen. Das wäre deine Chance, um zu ihm zu gelangen. Am Morgen, wenn das erste Mal der Klang der Glocken des Turmes ertönt, musst du wieder von dort verschwinden" Nun konnte ich nicht mehr an mich halten und schlag ruckartig meine Arme um seinen Hals. Thor fing meinen Schwung schnell mit seinen Händen ab, sodass wir beide nicht umfielen und erwiderte meine Umarmung.
„Ich danke dir so sehr!" Hauchte ich an seinem Ohr und konnte das breite Lächeln nicht mehr absetzen.
Irgendwann löste er sich von mir und stand schließlich wieder von meinem Bett auf: „Ich habe noch einiges zu erledigen. Wir sehen uns." Ich winkte ihm zum Abschied zu, bevor er verschwand und ich mich wieder in die Kissen sinken ließ. Jetzt hieß es nur noch bis zum richtigen Zeitpunkt abzuwarten und dann würde ich ihn endlich wiedersehen.Irgendwann hatte ich nur noch dagesessen, als befänden sich heiße Kohlen unter mir, bis ich es schließlich nicht mehr ausgehalten hatte. Dann war ich aufgesprungen und zum Kleiderschrank gelaufen, wo ich zig verschiedene Hosen und Oberteile anprobiert hatte, bis ich mich für die richtige Kombination entschieden hatte. Es sollte nicht so auffällig sein und doch schön. Diese Mischung zu finden war gar nicht so einfach gewesen und doch würde ich behaupten, dass es mir gut gelungen war.
Danach war ich durch die Gänge geschlichen, wobei ich ständig den Schlüssel in meiner Hand gehalten hatte, welche schmerzhaft zu einer Faust zusammengepresst war. Ich wollte diesen Schlüssel einfach nicht verlieren, denn er würde mir so vieles ermöglichen und war deswegen einfach zu kosbar.
Als ich dann schließlich die Treppen erreicht hatte, welche zu der Tür führten, die den Eingang zu den Kerkern bildete, stoppte ich noch einmal und sammelte mich. Im Moment befanden sich noch zwei Wachen vor der Treppe, doch wie Thor bereits gesagt hatte, würden diese bald gehen und dann würden neue kommen. Das wäre dann meine Chance, doch wusste ich noch nicht, wie es weitergehen würde, wenn ich unten ankommen sollte. Ich hoffte inständig, dass Lokis Mitgefangene bereits schliefen und deswegen meine Anwesenheit nicht mitbekommen würden, denn sonst wüsste ich nicht, wie ich ihn unentdeckt finden sollte. Ehrlich gesagt wollte ich mir gar nicht ausmalen, was passieren würde, wenn sie sehen sollten, dass jemand dort unten war. Ich konnte bereits jetzt die verräterische Lautstärke hören, welche dann entstehen würde und dann wäre alles verloren. Das zeigte mir also, dass ich vorsichtig vorgehen musste und das würde ich.Als mein Moment kam und die Wachen abmarschierten, lief ich zur Treppe. Flink rannte ich diese hinunter, bevor ich noch einmal stoppte und mich umsah. Zum Glück entdeckte ich niemanden, der mich gesehen haben konnte, weswegen ich die Tür einen Spalt öffnete und dann hindurch schlüpfte. Auf der anderen Seite stoppte ich erneut und atmete erleichtert auf, als nur Schnarchen an meine Ohren gelang. Niemand schien mein Auftauchen bemerkt zu haben. Schleichend trat ich die Treppe hinab, bevor ich hinter einer der Säulen stoppte und nur meinen Kopf hinausstreckte. Mein Plan war es Lokis Zelle ausfindig zu machen und zu meinem Glück gelang mir das sehr schnell. Noch mehr freute mich der Fakt, dass er sich in der ersten befand, sodass ich nicht an den anderen vorbei musste.
Mein Blick ging zu ihm und mein Herz hörte kurz auf zu schlagen. Er lag in einem Bett und hielt seine Augen geschlossen, doch wirkte er nicht so, als würde er schlafen. Zwar hob und senkte sich seine Brust regelmäßig, doch hatte ich ihn nun schon oft genug schlafen gesehen, um das als nicht-schlafen abstempeln zu können. Er wirkte viel mehr als würde er ruhen und dabei sah er gleichzeitig so wunderschön aus. Ich konnte es kaum abwarten, ihn wieder berühren zu dürfen und über sein wunderschönes Gesicht zu streichen. Deswegen wartete ich auch nicht mehr und trat hinter der Säule hervor, bevor ich mit dem Schlüssel auf der Hand zum Kraftfeld ging, welches ich nur kurz berührte, bevor es, wie von Thor bereits erwähnt, zur Seite ging und ich hindurch konnte. Plötzlich befand ich mich mit ihm in einer Zelle und war nur noch wenige Schritte von ihm entfernt. Ich konnte förmlich seinen Duft riechen, welchen ich so sehr vermisst hatte. Als sich ruckartig seine Augen öffneten und er seinen Kopf zu mir drehte, zog ich scharf die Luft ein. Seine Augen leuchteten so wunderschön und doch irritierte mich etwas an ihnen. Sie schienen nachdenklicher und blasser als sonst. Ich redete mir ein, dass es nur Einbildung war, bevor ich schnell zu ihm lief und mich vor seinem Bett auf den Boden fallen ließ. Geschmeidig erhob sich der Gott und schwang seine Beine über die Bettkante, bevor er mich hochzog und auf seinem Schoß platzierte.
„Was tust du hier?" Fragte er mehr als verwirrt, was mich lächeln ließ. Ich strich hektisch mit meinen Händen durch seine Haare und betrachtete gierig sein Gesicht: „Ich kann einfach nicht ohne dich leben."
„Aber-."
„Freust du dich denn gar nicht mich zu sehen?" Ich unterbrach ihn, denn irgendwie wirkte es so, als wäre die Freude nur von meiner Seite aus. Dazu kam es, dass der Ausdruck in seinem Gesicht mich verunsicherte, denn er wirkte aufgewühlt und ich wusste nicht, ob es an mir lag. Solche Emotionen hatte ich schon lange nicht mehr an ihm gesehen und ich fragte mich, was diese ausgelöst hatte. Mein plötzliches Auftauchen? Die Zeit in dieser Zelle? Oder doch etwas gänzlich anderes?
Ich löste mich von ihm und stand wieder auf, denn irgendwie hatte ich es mir anders vorgestellt ihn wiederzusehen: „Was ist passiert? Du wirkst so... neben der Spur?" Ich suchte nach den richtigen Worten, denn ich wollte ihn nicht verletzen.
„Es ist nichts", antwortete er schnell, ein wenig zu schnell. Misstrauisch sah ich ihn an, doch als er ebenfalls aufsprang und sich an mich drückte, waren jegliche Gedanken vergessen. Seine Hand umgriff zärtlich meine Wange und seine Augen wanderten begierig über mein Antlitz: „Ich hätte niemals damit gerechnet, dass du dich Odin widersetzt und zu mir kommst."
„Unsere Liebe ist stärker, als es Odins Worte jemals sein werden", erklärte ich und legte meine Hand auf die seine.
Impulsiv und grob legte er plötzlich seine Lippen auf meine und drückte mich an die Wand. Dabei wanderte mein Körper nach oben, sodass ich meine Beine um seine Hüfte schlingen konnte und nun zwischen ihm und dieser Wand eingeklemmt war.
„Was ist-. Was ist mit den anderen? Sehen sie uns nicht?" Fragte ich atemlos und schwer darum bemüht meine Lippen freizubekommen.
„Es liegt ein Trugbild auf uns", erklärte er nur, bevor er meine Lippen wieder voll und ganz beschlagnahmte. Ich konnte nicht anders und ließ es zu, denn jede Zelle meines Körpers sehnte sich nach mir. Ich liebte ihn einfach so abgöttisch und doch konnte ich nicht verleugnen, dass heute etwas anders war. Zwar spürte ich diese Leidenschaft, die von ihm ausging und doch erwischte ich ihn immer Mal wieder dabei, wie sein Blick in die Leere ging. Dabei stoppte er nicht in seinen Berührungen und vermutlich wäre es mir gar nicht aufgefallen, doch öffnete ich hin und wieder meine Augen. Als er mich dann allerdings mit Schwung von der Wand nahm und zu seinem Bett hob, war alles vergessen und ich konnte nur noch an ihn denken und meine ständige Sehnsucht, die ihn ansprach. Er nahm mir jegliche Gedanken und ließ mich nur noch fühlen.
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Love > Hate
RandomEine einzige Berührung verändert ihr ganzes Leben. Mit einem Mal ist sie nicht mehr nur ein Niemand. Von außen betrachtet, scheint ihr Leben perfekt: Sie lebt im Schloss, wohnt jeder Feier der Königsfamilie bei und verbringt Zeit mit den engsten Ver...