N I N E T Y FOUR

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•Aurelia•
Weinend lief ich durch die Gänge und hoffte einfach nur nicht zu fallen, da meine Sicht sehr verschwommen war.
Ich war zu ihm gegangen, um ihn ein letztes Mal zu sehen und mit ihm zu reden. Da hatte ich nicht damit gerechnet, dass er mir so etwas gegen den Kopf werfen würde. Solch arroganten Worte, welche mich würgen ließen. Er hatte sich seit unserem ersten Treffen kein bisschen verhindert und sein Ego stand nach wie vor an oberster Stelle.

Meine Hände verkrampften sich in dem Rock meines Kleides und hielten diesen nach oben, sodass ich beim Laufen nicht fallen konnte. Immer wieder verließen laute Schluchzer meinen Mund und ich bemerkte, wie meine Beine nachgeben wollten. Ich war einfach so wütend über ihn und seine Worte und gleichzeitig auch so traurig. Wie konnte er nur? Dachte er, dass er mich so zurückbekommen würde? Wenn ja, dann war er der naive von uns beiden!

Ein plötzliches Beben ließ mich stoppen und zurückschauen. Sofort erfasste mich die Angst und ehe ich mich versah, rannte ich zurück zu ihm. Dort erwartete mich bereits Tumult, welcher von den Wachen ausging. Diese schienen sichtlich überfordert, sodass ich mich nur schnell an ihnen vorbeidrückte und durch das Fenster zu dem Gott sah. Dieser lag bewusstlos auf den Bauch gedreht und eine Blutlache bildete sich in der Nähe seines Kopfes. Erschrocken schlug ich mir meine Hände vor den Mund, bevor ich zu ihm stürmte und ihn auf meinen Schoß rollte. Schnell strich ich seine Haare zur Seite und aus dem Blut, welches nun an seiner Schläfe hinablief.
„Holt Heiler! Sofort", befahl ich mit brüchiger Stimme und nahm nicht meinen Blick von ihm.
„Es tut mir so leid", hauchte ich immer wieder und fuhr ihm hastig durch das Gesicht, um den Blutfluss zu kontrollieren, „Es ist meine Schuld."
Die Tränen kamen stärker zurück als zuvor und tropften nun auch ihm ungewollt ins Gesicht.
Vorsichtig legte ich ihm meine Hand an den Mund, um zu schauen, ob er noch atmete und zum Glück tat er genau das, sodass ich beruhigt aufatmen konnte. Lächelnd nahm ich wieder meine Hand herunter und legte sie ihm auf den Brustkorb, welcher sich schwach hob und senkte.
"Du musst dich mehr beherrschen", flüsterte ich und lachte vorsichtig. Ich merkte, dass ein wenig der Anspannung von mir abfiel und ich wieder ruhiger atmen konnte. Dabei merkte ich aber auch gleichzeitig das Ziehen in meinem Herzen und wie ich begann zu zweifeln.
Konnte ich ihn wirklich verlassen?
Ich dachte wieder an seine arroganten Worte, welche ihm im Wortgefecht herausgerutscht waren und meine Gründe. Gleichzeitig aber auch an unsere Zeit und an das, was wir erlebt hatten. Dennoch hatte ich das Gefühl, dass sich genau das nicht wiederholen könnte und somit wäre vielleicht ein Neuanfang nötig, um noch einmal all das zu fühlen. Leider wusste ich, dass das nicht geschehen würde, da er der einzige war, den ich jemals lieben könnte. Allerdings wusste ich auch, dass ich noch etwas zu erledigen hatte, bevor ich gehen würde und das würde schon reichen, um es mit Loki zu zerstören. Das brach mir das Herz und doch redete ich mir immer wieder ein, dass es nicht anders gehen würde.
Zwar hatte ich vorher noch eine andere Idee, aber wenn diese nicht klappen sollte, gab es nur noch diese eine Möglichkeit. Allein wenn ich daran dachte, bekam ich eine unangenehme Gänsehaut und wollte mich am liebsten schütteln. Da zeigten sich wiederum die weniger schönen Sachen an meinem Plan, doch wusste ich, dass ich diese so schnell es ging zu bewältigen hatte, bevor ich einen Rückzug antreten würde.

Hände legten sich an meine Oberarme und hoben mich wieder leicht nach oben, sodass Loki zu Boden glitt. Wie in einer Art Trance, ließ ich es mit mir geschehen und taumelte leicht zurück, bevor ich gegen einen Körper stieß. Mein Blick ging zu dem Gesicht der Person, welche sich hinter mir befand, doch erblickte ich nur ein ernsten, nach vorne gerichteten, Blick von einer der Schlosswachen.
Ich sah wieder zu Loki, welcher nun hochgehoben und in sein Bett gelegt wurde. Er war nach wie vor ohnmächtig und seine Glieder hingen nur schlaff herunter. Es war ein schrecklicher Anblick und sofort flammte wieder die Schuld in mir auf. Ich hätte einfach nicht hierherkommen dürfen, denn dann wäre das alles nicht passiert.

Einer der Heiler kam auf mich zu und lächelte leicht beruhigend: „Die Verletzungen sind nicht schwerwiegend, aber er benötigt Ruhe."
„Verletzungen?" Fragte ich erschrocken und sah ihn ängstlich an.
„Beim Anheben merkte man wenige Knochenbrüche, aber um genaueres sagen zu können, müssen wir ihn untersuchen."
Ich nickte und schluckte dabei schwer, da die Vorstellung, dass er weitere Verletzungen haben könnte, mich lähmte.
„Wir werden Ihnen Bescheid geben, sobald wir genaueres wissen", erklärte er noch, bevor er der Wache hinter mir zunickte und diese mich an meinen Armen aus dem Raum schliff. Erst langsam bekam ich wieder Kontrolle in meinen Körper und trat wenige Schritt von dem Mann weg. Dieser sah mich immer noch nicht an oder sagte etwas, sodass ich mich einfach zögerlich in Bewegung setzte.
Eher schwach trugen mich meine Beine durch die Gänge und ich konnte nicht verhindern immer wieder zu stolpern, weil diese nachgaben. Dennoch rappelte ich mich sofort wieder auf und anstatt meinen Raum aufzusuchen, suchte ich etwas auf, was in letzter Zeit viel zu wenig Beachtung in meinem Leben gefunden hatte.

Etwas nervös biss ich mir auf meiner Unterlippe herum, da ich lange nicht mehr auf die Idee gekommen war hierher zu gehen. Dennoch erfüllte mich sofort wieder dieses Gefühl der Freiheit und Vollkommenheit. Sofort fragte ich mich, weswegen ich es so lange vermieden hatte die Bibliothek aufzusuchen. Früher war ich so vernarrt in Bücher gewesen und dann war es mit einem Mal verschwunden.
Zum Glück brauchte es nicht lange, bis ich mich wieder perfekt zurecht fand und doch brauchte es dafür umso länger, um die Zauber zu überbrücken, welche sich mir beim Eingang der verbotenen Abteilung entgegenstellten. Es war viel zu lange her, als ich das letzte Mal in diese gelangen wollte und irgendwie hatte ich auch das Gefühl, dass die Zauber ein wenig verändert wurden. Dennoch waren mein Wille und meine Ausdauer stark genug, um sie schließlich überwinden zu können und einzutreten. Nun wusste ich aus Erfahrung, dass ich nicht lange Zeit hatte, denn diese Zauber schlugen automatisch nach ein paar Minuten Alarm, welchen man nur mit einem weiteren Zauber ausstellen konnte, den nur bestimmte Personen kannten. So hatten Loki oder Thor mich damals immer überführen können und solch eine Überführung wollte ich nun verhindern, weswegen ich schnell zu dem Regal rannte, wo ich mein Ziel erwartete.
Meine Augen flogen suchend über die vielen Buchrücken und als ich schließlich das fand, was ich gewollt hatte, konnte ich mir kein freudiges Lachen unterdrücken.
Schnell griff ich in das Regal und legte es mir unter den Rock, damit es mir keiner abnehmen könnte und lief dann wieder hinaus.
Ohne noch einmal anzuhalten, rannte ich in meinen Raum und hoffte einfach, dass es keinem aufgefallen war, doch konnte ich mir da nicht sicher sein, weswegen ich sofort begann es zu durchblättern, in der Hoffnung das Wissen zu finden, welches ich benötigte.

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