Drama Baby Drama

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Ich wollte einfach nur nach Hause, doch da ich mein Handy nicht finden und deshalb niemand anrufen konnte, lief ich ziellos durch die Straßen. Das Wetter meinte es auch nicht besonders gut mit mir, da sich der Sturm langsam aber sicher zu einem Orkan entwickelte.
Verzweifelt wühlte ich in meiner Tasche, doch ich konnte mein Handy einfach nicht entdecken. Erschöpft lies ich mich an einer Wand nieder, zog meine Beine an meinen Oberkörper, legte meinen Kopf auf meine Knie und lies meinen Emotionen freien Lauf. Wie konnte ich nur so bescheuert sein? Ich war eindeutig fertig mit meinen Nerven, dieses Thema machte mir so zu schaffen, dass ich einen Heulkrampf nach dem nächsten bekam und einfach nicht damit aufhören konnte. Noch dazu kam das zittern, dass sich nun über meinen ganzen Körper erstreckte. Ob es von meinem Gefühlsausbruch oder von der Kälte kam, wusste ich nicht so genau. Vermutlich war es einfach beides.
„Chris!" wage konnte ich eine mir bekannte Stimme vernehmen. Doch ich war zu erschöpft, um meinen Kopf zu heben. Ich wollte einfach allein sein. „Ich brauche Hilfe, hier liegt eine Frau." rief die Person erneut. Doch als sie näher kam, brachte ich nur ein leises kaum hörbares, „Mir gehts gut." zustande, ehe ich wieder in schluchzen ausbrach. „Lia?!" dieses Mal hörte man Angst, Verzweiflung und Besorgnis aus der Stimme. Kurz wagte ich einen Blick durch meine Augen, die von Tränen nur so überquollen. Ich blickte geradewegs in das Gesicht von Rebecca. Erleichtert atmete ich aus. Endlich konnte ich nach Hause in mein Bett. Doch als ich Chris erblickte, der mich noch nicht erkannt zu haben schien und nach Becks Hand griff, wurde mir alles zu viel und ich begann wieder unaufhaltsam zu zittern. „Verdammt Chris ruf den Notarzt, sie hat einen Nervenzusammenbruch." schrie meine beste Freundin ihren Begleiter an. „Rufst du Andreas bitte auch an." bat sie zudem, als sie mir ihre halbwegs trockene Jacke über die Schultern legte. Doch ehe Chris reagieren konnte, schrie ich ein lautes „Nein" und fügte noch ein, „Ich will einfach nur nach Hause." hinzu. Jedoch war Rebecca meine Bitte völlig egal, da sie darauf beharrte mich in ein Krankenhaus zu bringen. Jeder Versuch sie und Chris abzuwimmeln scheiterte vergebens.
„Was ist den überhaupt passiert?" fragte Chris, der sich neben mich gesetzt hatte und mir beruhigend über den Arm strich. Zumindest sollte es beruhigend sein. Doch für mich war es die reinste Hölle. Jedoch konnte er nichts für meinen jetzigen Zustand, weshalb ich mich nicht dagegen wehrte. „Dein Bruder ist passiert." schluchzte ich und zog meine Beine noch enger an mich. Doch bevor Becks oder Chris noch weiter fragen konnten, bog auch schon der Krankenwagen mit Blaulicht um die Ecke und zog somit die volle Aufmerksamkeit auf sich.
„Einer von Ihnen kann mitfahren." sagte der Rettungssanitäter an meine beiden Begleiter gewandt, nachdem er, wie meine beste Freundin bereits prophezeite, einen Nervenzusammenbruch und eine leichte Unterkühlung diagnostiziert hatte. „Becci, fahr du mit ihr, ich komme mit dem Auto hinterher." sprach er an meine beste Freundin gewandt, seit wann nannte er Rebecca so? „Sehr gut." der Sanitäter nickte, „Wie fahren ins Klinikum nach Herford."
„Becks, was läuft zwischen dir und Chris?" wollte ich neugierig wissen, mittlerweile hatte ich ein paar Beruhigungsmittel per Infusion erhalten, weshalb ich mich nur mehr oder weniger normal benahm und mich einigermaßen unterhalten konnte, ohne direkt in Tränen auszubrechen. „Nichts besonderes." sagte sie schulterzuckend, doch ihre Augen funkelten und ihr Blick ging in die Ferne, so als hätten ihre Gedanken sie an einen anderen Ort gebracht. „Hey, ich möchte die Wahrheit wissen, außerdem will ich das wenigstens eine von uns ihren Traumprinzen findet und glücklich wird." flüsterte ich, da sich in dem Moment mein Herz schmerzlich zusammenzog. „Ich weiß nicht was zwischen mir und Chris gerade läuft, aber eins weiß ich, es ist bisher das schönste, dass ich jemals erlebt habe. Er ist so ein Gentleman, so ein Charmeur." schwärmte sie. Der Sanitäter, der sich mit uns im hinteren Teil des Rettungswagen befand, hörte uns schweigend zu. Dennoch ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen. „Das liegt eindeutig in der Familie." seufzte ich und schloss die Augen. „Ich will die Damen nicht stören, aber wir sind gleich da. Wie bereits gesagt, werden sie voraussichtlich einen Tag zur Überwachung im Krankenhaus blieben." informierte uns der Rettungsassistent, „Kann ich nicht einfach nach Hause?" bettelte ich schon zum dritten Mal. „Ich befürchte auf Grund ihrer Vorgeschichte wird das nicht möglich sein." sagte er bedauernd und schob sich dabei die Brille, die leicht verrutscht war, wieder richtig auf die Nase. Traurig schaute ich auf meine Hände, natürlich hatte er recht.
Nachdem der Sanitäter mich, an den diensthabenden Arzt übergeben hatte, blickte dieser abwechselnd zwischen Chris, der mittlerweile auch angekommen war, Becks und mir hin und her. „Frau Wolf." auf seiner Stirn bildeten sich gefährliche Falten. „Was machen Sie nur für Sachen." seufzte er, „Zuerst muss ich feststellen, dass sie schon seit Monaten nicht mehr bei ihren Nachuntersuchungen waren und zweitens wieder mit einem Nervenzusammenbruch bei uns aufkreuzen. Sie wissen ganz genau, dass mit so etwas nicht zu spaßen ist." Chris sowie Rebecca, waren nun diejenigen die mich verwundert, aber dennoch besorgt anblickten. Gekonnt ignorierte ich die Beiden, da ich nicht wollte das jemand von meinem kleinen Geheimnis, dass ich schon seit zwei Jahren mit mir herumtrug und immer noch an diesem litt, wusste. Am allerwenigsten sollte es Andreas erfahren. Im Moment ging es mir den Umständen entsprechenden gut, aber nur da ich unter dem Einfluss starker Medikamente stand. Ansonsten wäre ich womöglich zusammengebrochen. Mit einem „Ich hatte einfach zu viel um dir Ohren." versuchte ich meine missachteten Termine zu rechtfertigen. „Frau Wolf genau darin liegt das Problem, sie dürfen sich nicht ständig dem Stress aussetzen." nuschelte mein Arzt und strich sich dabei über den Bart. „Mit dem Broken-Heart-Syndrom, das sie vor zwei Jahren erlitten haben ist nicht zu spaßen. Vor allem, da sie von einer äußerst schlimmen Form betroffen waren." Trotz dem Beruhigungsmittel, das mir immer noch durch eine Infusion verabreicht wurde, füllten sich meine Augen mit Tränen. Nie im Leben hätte ich zustimmen sollen, das meine beste Freundin und der Bruder, der Liebe meines Lebens, bei der Besprechung dabei sein durften. Denn vor wenigen Sekunden hatte Herr Doktor Winterstein, das wohl am besten gehütete Geheimnis meines ganzen Lebens aufgedeckt.
Wie im Rausch riss ich alle Schläuche von meinem Körper, sodass ich nicht mehr unter Drogen stand. Dann drehte ich mich um und rannte aus dem Raum. Ich fühlte mich schwach, verletzlich und vor allem wie eine Versagerin. Weit trugen mich meine Beine jedoch nicht, da ich zusammenklappte und mein Herz zu schmerzen begann. Schreie des Grauens drangen aus meiner Kehle, bescherten mir eine Gänsehaut und erfüllten den ganzen Krankenhausflur.

By your side || EhrlichBrothersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt