Es ist alles eine Frage des Blickwinkels

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Schnallen Sie sich an, denn wir erwarten emotionale Turbulenzen!!! Sollte Ihnen das Gefühlschaos zu viel werden, stehen Ihnen jederzeit Sauerstoffflaschen zu Verfügung!

Andreas Sicht.

Ich wollte Lia hinterher, ihr meine Entscheidung, die mir nicht besonders leicht gefallen war, erklären. Doch meine Mutter hielt mich zurück, „Gib Ihr Zeit, Lia wird sie brauchen." Natürlich hatte sie recht, doch jetzt wo sie weg war, fühlte ich mich leer und ausgelaugt. Mit ihr fühlte ich mich stark, doch jetzt war meine ganze Stärke mit ihr verschwunden. „Papa, warum ist Lia gegangen?" fragte Max, der mit einer weinenden Em auf dem Arm die Küche betrat. „Kleine, was ist den los?" Meine Mutter hob Emilia auf ihren Arm, um sie etwas zu trösten, denn ich fühlte mich dazu gerade nicht in der Lage. „Lia gegangen." mehr brachte meine Jüngste nicht heraus, ohne erneut in schluchzen auszubrechen.
Meine Mutter bestand darauf, mich inklusive Kinder zu meiner NOCH Schwiegermutter zu fahren, da ich diese abgeben musste. So als wären sie Tiere, sie waren meine Kinder, sie gehörten zu mir. Ich liebte meine kleinen Rabauken, dennoch ich wollte allein sein, wollte nachdenken. Ich küsste Max, Konstantin und Emilia zur Verabschiedung auf die Stirn. „Bis bald." flüsterte ich, ehe ich die Haustür hinter mir zu zog.
„Papa, was soll ich machen, egal wie ich mich entscheide, ich werde Sabine oder Lia verletzten." ein seufzen entfuhr meiner Kehle. Mir war bewusst, dass ich keine Antwort bekommen würde, dennoch es tat mir gut. Meine Hände steckten im nassen Gras, in Gedanken versunken spielte ich damit, während ich auf dem kalten Kiesweg saß. Mein Herz hing an Lia, doch mein Verstand zog mich zu Sabine. Hatte ich zu vorschnell gehandelt? Hätte ich mit Lia über die ganze Sache reden sollen? Tausend Fragen schwirrten mir durch den Kopf, sodass ich die Person, die an mich heran trat, gar nicht bemerkte. Erst als sich eine Hand auf meine Schulter legte, zuckte ich zusammen. Eilig wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht, „Chris?" fragte ich verwirrt, als mein Bruder sich neben mich setzte. Doch anstatt mir zu antworten blieb dieser stumm. Es war seltsam. Er schien geweint zu haben und vor allem, hatte er mir bis jetzt kein einziges Mal ins Gesicht geblickt. „Bruder was ist denn los?" ich musterte Chris von der Seite, dieser jedoch starrte eisern auf den Grabstein unseres Vaters. „Chris, verdammt rede mit mir." langsam wurde ich wütend, weshalb meine Stimme lauter war, als beabsichtigt. „Was los ist?" wollte mein kleiner Bruder wissen, ohne mich anzuschauen, „Du bist passiert." Chris wirkte traurig und vor allem nachdenklich, „Was?" ich verstand nicht so ganz. „Ich weiß nicht was du getan hast, aber wie konntest du ihr das antun." mein Bruder drehte seinen Kopf in meine Richtung, er war blass und seine Augen glasig. „Von wem redest du?" fragte ich, da er von Lia nicht wissen konnte. Oder etwa doch? „Ich habe dir, ihr zuliebe nichts gesagt, doch ich kann es nicht." Chris rannen einzelne Tränen die Wange hinunter, „Verdammt sie ist wegen dir fast gestorben, ich habe sie gesehen, wie sie zusammen brach. Dort auf dieser Liege im Schockraum lag, sie hat uns angeblickt, so ruhig, als hätte sie bereits mit dem Leben abgeschlossen, während sie krampfte. Ihr ganzer Körper hat sich zusammengezogen, ihren zierlichen Körper hin und her gerissen. Und das schlimmste daran bist du. Du hast ihr das angetan. Wegen dir leidet sie an einer Herzkrankheit, die sich verschlechtert hat." Chris machte mir Angst und ein ungutes Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. „Andreas, wegen dir hat Lia vor zwei Jahren nach dem du einfach verschwunden warst, ein Broken-Heart-Syndrom erlitten und sie leidet bis heute darunter. Und egal was du zu ihr gesagt oder du getan hast, hat sie so aufgewühlt, dass sie einen Anfall erlitten hat." Jegliche Farbe wich aus meinem Gesicht, gerade noch rechtzeitig drehte ich mich zur Seite bevor sich mein gesamter Mageninhalt entleerte. Was hatte ich getan? Ein Schrei drang aus meiner Kehle und ich sackte in mich zusammen. „Ich muss zu ihr." schrie ich, „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist." Chris Blick war emotionslos auf mich gerichtet, „Bitte, ich wollte das nicht." „Andreas du hast ihr das angetan, wegen dir leidet sie darunter und das nur, weil du sie damals für Sabine sitzen gelassen und wieder zu ihr zurück gekehrt bist.", „Nicht nur damals." flüsterte ich und schlug mit der Faust mehrmals auf den spitzen Kies, „Sabine hatte einen Unfall, die Ärzte haben dabei eine dauerhafte Amnesie diagnostiziert. Die letzten drei Jahre ihres Lebens sind wie ausgelöscht." Chris' Mund war weit geöffnet, „Das hast du nicht getan? Du hast Lia nicht allen ernstes wegen deiner NOCH Frau sitzen lassen!" brüllte er fassungslos, „Noch dazu bist du auch noch auf eine große Lüge reingefallen! Sabine hatte keinen Unfall, dessen kannst du dir bewusst sein.", „Wie meinst du das?" ich schaute fassungslos zu meinem Bruder. „Vor einer Stunde hat sie ein Bild von sich gepostet, wie sie zusammen mit ihren Freundinnen ausgelassen Champagner trinkt. Aber da du hinterm Mond lebst und ich alle Social Media Sachen übernehmen muss, hast du das natürlich nicht mitbekommen." Mein Herz zersplitterte und erneut musste ich mich übergeben, „Bitte bring mich zu ihr." meine Stimme war leise, ich spürte einen großen Hass, der sich tief aus meinem inneren ausbreitete. Ich hasste mich für alles, was ich Lia angetan hatte. Ich hatte das zierliche kleine Wesen, das mir so viel bedeutet, wie einen Spiegel in tausend Scherben zerspringen lassen. Wenn sie sterben würde, dann könnte ich nicht damit leben. „Sie ist stabil, liegt aber auf der Intensivstation." sagte Chris bedrückt und hielt meine Hand, mit der ich immer und immer wieder auf den Boden einschlagen hatte. „Bruder, bitte." Christians Stimme wurde sanft, „Ich bring dich hin."
Mein Blick war in die in die Ferne gerichtet, während das Auto die Landstraße entlang fuhr, niemand sagte etwas.
„Wie Frau Wolf hat sich vor einer halben Stunde selbst entlassen?" Chris versuchte möglichst ruhig zu bleiben, als er mit der Empfangsdame sprach.
„Chris." eine völlig aufgelöste Rebecca eilte eilig auf diesen zu, in der linken Hand hielt sie eine Tasche. „Es tut mir leid, aber ihre Freundin befindet sich nicht mehr in unserer Obhut." wiederholte die Dame. „Herr Wolf es tut mir leid." dieses mal wandte sich die Empfangsdame an mich, „Ich bin mir sicher Ihre Frau wird nach Hause gefahren sein. Ach da hätte ich noch was." fügte sie hinzu und reichte Rebecca einen Zettel, zumindest war dies, der Plan. Doch Lias beste Freundin, durchkreuzte diesen, indem sie wütend auf mich zugelaufen kam. „Was erlaubst du dir, hier auf zu tauchen und dich als Lias Mann auszugeben." schnaubte sie, wenn Blicke töten könnten, wäre ich auf der Stelle tot umgefallen, denn ihre Augen funkelten mich böse an. „Wegen dir..." Rebecca drängte mich immer mehr in hinterste Ecke der Empfangshalle, da ich jeden Schritt, den sie auf mich zu tat, einen Schritt nach hinten machte. Als ich schließlich die Wand an meinem Rücken spürte, sackte ich in mich zusammen.
„Becci, das musst du lesen." Chris hielt ihr den Zettel der Empfangsdame entgegen. Rebeccas Wut schlug in Traurigkeit um, während sie den Brief in ihren zitternden Händen hielt. „Sie kann doch nicht einfach verschwinden, sie kann mich doch nicht alleine lassen." flüsterte sie, während ihr die Tränen in strömen über die Wange liefen. „Was, was hat sie geschrieben?" fragte ich, man konnte meinem Herzschmerz deutlich heraushören. Wortlos, reichte Rebecca den Zettel an meinen Bruder, „Becks, es tut mir leid, dass ich mich nicht verabschiedet habe. Ich brauche Abstand. Abstand von allem. Egal wo ich bin, es erinnert mich viel zu sehr an ihn. Meine Entscheidung ist gefallen. Ich werde für eine unbestimmte Zeit untertauchen. Bitte sucht mich nicht. Es tut mit leid. In Liebe Lia."
Mein Herz zog sich mit jedem einzelnen Wort, das Christian vorlas zusammen. Ein schrilles „Nein." drang aus meiner Kehle und ich sackte noch mehr in mich zusammen, ich war am Boden. Nun hatte ich meine Prinzessin endgültig verloren.

Mal ein Kapitel aus einer ganz anderen Sicht, noch dazu ist es das längste, das ich jemals geschrieben hab, aber es musste sein. 😅 Ich wollte euch Andreas Gedanken und Gefühle vermitteln, hoffe es ist mir gelungen 🙂
Und Danke, danke, danke ❤️ ihr seit echt verrückt, schon 2k reads, ich kann es nicht glauben 🙈
Danke an all die Menschen, dir mir helfen und mich supporten, ihr seit echt die besten ❤️ fühlt euch geknuddelt 🐻✨❤️

By your side || EhrlichBrothersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt