Ein weiterer Blick auf die Uhr meines Handy-Displays machte mich nervös. Es war bereits weit nach Mitternacht und es fehlte immer noch jegliche Spur von Andreas. Bis vor wenigen Minuten dachte ich, er wäre bei Chris und den Anderen in der Werkstatt. Wollte schon schlafen gehen, lag bereits im Bett, doch irgendwie hatte ich ein ungutes Gefühl.
Ich wartete, ehe ich Christians Nummer wählte und auf den grünen Hörer tippte.
„Ehrlich... Ähhh ich meine Reinelt hier.", die raue verschlafene Stimme von Chris drang gedämpft durch die Lautsprecher. „Seit wann gehst du so früh ins Bett?" fragte ich verwundert. Normalerweise war er frühstens um drei Uhr nachts dort vorzufinden, vorausgesetzt er war nicht vor Ermüdung auf dem Sofa oder gar im Büro eingeschlafen. Dies war leider regelmäßig und zu Becks bedauern der Fall.
„Weißt du, ich brauche meinen Schönheitsschlaf, denn nicht jeder kann so umwerfend aussehen, wie ich. Das ist nämlich echt harte Arbeit." deutlich konnte ich das Grinsen vernehmen, das auf seinem Gesicht prangte, während er in den Hörer sprach. „Ja ja Herr Reinelt in ihrer Vorstellung vielleicht." kicherte ich, ehe ich wieder ernst wurde, die Sorge um Andreas im Hinterkopf behaltend. „Du, also der eigentliche Grund, warum ich um diese Uhrzeit anrufe. Andy ist nicht nach Hause gekommen. Eigentlich hab ich ihn seit heute Nachmittag nicht mehr gesehen." Am anderen Ende der Leitung herrschte vollkommene Stille. „Chris bist du noch da?" fragte ich, irgendwie machte er mir Angst. „Lia, blieb da, wo du bist ich komme.", ohne etwas erwidern zu können hatte er bereits aufgelegt. Das Gefühl, das Christian irgend etwas wusste, ließ mich einfach nicht los.
Die zwanzig Minuten, bis es endlich an meiner Tür klingelte, fühlten sich an wie Stunden. Stunden in denen ich nervös auf meinen Nägeln herum gekaut und wie ein Tiger in seinem Käfig im Wohnzimmer auf und ab gelaufen war.
Mit mehr Schwung als beabsichtigt, öffnete ich die Tür und wollte Chris bereits meinen Verdacht ins Gesicht schleudern, doch ich erstarrte mitten in meiner Bewegung.
Dort stand nicht Chris, nein dort stand niemand geringeres als Frederick!? Ich war verwirrt, mehr als verwirrt. „Lia alles in Ordnung?", „Mhh ja. Ja ich denke schon. Ich habe nur eigentlich jemand anderen erwartet." Mit einem Schritt zur Seite gewährte ich ihm Einlass.
„Du brauchst gar nichts zu sagen, dass du verwirrt bist, sieht sogar ein Blinder." sagte er mit einem Schmunzeln auf den Lippen während er auf dem Sofa Platz nahm.
Seit Monaten hatte ich ihn nicht mehr gesehen, er wirkte erschöpft.
Damals als ich aus dem Krankenhaus geflohen und untergetaucht war, hatte er meine Kanzlei übernommen, zumindest vorübergehend. Aber aus „vorübergehend" wurde ein... ja das war eigentlich eine gute Frage, so genau wusste ich das selbst nicht.
Freddy hatte seinen Mund geöffnet und wollte bereits fortfahren, als es an der Tür sturm klingelte.
Mit einem entschuldigenden Blick in die Richtung meines Gastes eilte ich in zur Haustür, um diese zu öffnen.
„Andreas Reinelt, wo warst du so lange, ich hab mir verdammte Sorgen gemacht!", mein Ton war strenger und aufbrausender, als beabsichtigt. Doch als Andy schon fasst zu Tür herein fiel, konnte ich nicht anders. Natürlich tauchte hinter ihm auch Chris auf, dessen Haar in jegliche Richtung stand. Das brachte, das ganze Fass zum überlaufen. „Du..." mit großen Schritten kam ich den jüngeren Reinelt immer näher, während dieser immer weiter nach hinten wich. „Warum hast du mir nicht einfach gesagt, das er bei dir war?", meine Stimme wirkte ruhiger als erwartet. „Ich liege hier im Bett und mache mir Sorgen, dass weiß Gott, was passiert ist und er war die ganze verdammte Zeit bei dir!", die Ruhe in mir, war zu einem Sturm angeschwollen.
„Lia bitte lass mich das erklären.", Chris wirkte, wie ein kleines Kind, „Andreas war nicht bei mir. Ich bin doch selbst erst grade eben angekommen.", er blickte mich aufrichtig an. „Nicht!?", schwungvoll drehte ich mich dem so eben genannten zu. Erst jetzt viel mir auf, wie wackelig mein Verlobter im Türrahmen stand und sich daran fest krallte, um nicht jeden Moment mit dem Boden Bekanntschaft zu machen. „Andreas Reinelt hast du etwa getrunken?", „Isch, Ne isch doch nich." Andy hob abwehrend seine Hände, sodass er seinen restlichen Halt verlor und zu Boden ging. Zumindest fast, denn Frederick fing ihn im allerletzten Moment auf. „Lasschen Schie misch losch.", nuschelte Andy und schlug dabei um sich, doch Freddy dachte gar nicht daran. Unfähig mich zu bewegen starrte ich auf das Geschehen, das sich vor mir bot. So kannte ich ihn gar nicht. Noch nie hatte ich ihn so betrunken vorgefunden.
„Was ist denn passiert?", fragte Chris, der sich an mir vorbei gequetscht hatte und sich zu seinem Bruder auf den Boden setzte. Auf eine vernünftige Antwort konnte er jedoch lange warten. Zuerst bahnten sich einzelne Tränen über sein Gesicht, die schlussendlich zu einem ganzen Schwall anstiegen. Reflexartig schloss ich ihn in meine Arme und wiegte ihn, wie ein kleines Kind hin und her. Er versuchte sich zu verständigen, doch ich konnte nur einzelne Wörter verstehen, doch das was ich verstand schockte mich völlig.
„Lia, deswegen bin ich hier. Deswegen wollte ich mit dir reden.", Freddy legte tröstend eine Hand auf meinen Arm. Mein Arm, der sich nun um Andreas krallte, als wäre er das Floß, das mich vor dem ertrinken rettete.
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By your side || EhrlichBrothers
Fanfiction„Ich werde immer an deiner Seite sein, vergiss das nicht." sagte Andreas, ehe er mich alleine zurück ließ.