Es ist ein bewölkter Tag. Warm, aber bewölkt, kaum ein Sonnenstrahl zeigt sich. Aufgestellt in einer Reihe stand sie. Das ist ja wie im Militär, denkt sich Sophia, Sie streicht sich eine schwarze Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihre Akademie –wenn man das wirklich noch zu bezeichnen kann- hat 15 Klassen. Bescheuert, dachte sie am ersten Tag, warum sie auf so eine staatliche Institution nach den ersten vier Jahren wechseln musste war ihr unklar. Allerdings hatte es seine Vorteile. Hier einen Abschluss zu haben, bedeutete Verkürzungen selbst im Studium, die Berufswelt steht einem offen und Hintertürchen werden geöffnet, die kein Normalsterblicher je erblicken wird. Sie gehört also zur Elite. Ein Jahr noch. Die Lehrkräfte legen eine Freundlichkeit an den Tag, was aber nicht den Einrichtungsleiter ausgleicht. Er legt eine Härte an den Tag, die schon so manchen Abschluss verwirkt hat. Man sagt, er schreibe persönlich die Abschlussprüfungen, die einem nicht nur in Sachen Wissen testen soll. Seine mündliche Abschlussprüfung soll absolut schwer sein. Ihre Klasse ist die letzte, die heute aufgerufen wird. Die Ältesten immer zum Schluss. Der Schulleiter trägt einen Maßgeschneiderten Anzug in komplettem Schwarz. Farblich dazu passend die Schuhe und seine Krawatte. Sein Vollbart wirkt etwas gegenteilig zu seinem Aussehen. Dieser folgt keinem linearen Verlauf, sondern scheint ein bisschen ein Eigenleben entwickelt zu haben. Seine Augen sind dunkelbraun und durchbohren alles und jeden. Sein schwarzes Haar ist kurz und unfrisiert.
Er blickt in die Runde der Schüler. „Kopf nach oben Amilia. Wir sind hier nicht auf einer Beerdigung." Als er sich versichert hat, dass alles an der Haltung seiner Schüler in Ordnung ist, steckt er seine Hände in die Anzugstasche. „Das letzte Jahr. Seid euch sicher, dass ihr dieses Jahr an euren Fingernägeln kauen werdet. Nur die Besten schaffen den Abschluss und spätestens bei mir wird die Hälfte von euch scheitern!" Er schweigt kurz, um seine Worte in den Köpfen ankommen zu lassen.
„Ich spare mir es, eure blöden Namen aufzurufen, dass kann eure Klassenleitung übernehmen. Mein Job ist es aber, euch eure neue..." –er sucht nach dem richtigen Wort- „...eine neue Mitlernende vorzustellen, die glaubt, sie könne es schaffen. Nun immerhin hat sie 4 Jahre übersprungen und ich glaube, sie hat mehr Chancen als ihr Weichköpfe."
Jemand stupst sie von links an. „Wer die Neue wohl ist? Sie hat vier Jahre übersprungen und ist durch Sheppard Test gekommen! Das Schaffen nicht gerade viele." Der Direktor mir Namen Sheppard wirf einen Stein vor ihre Füße. „Anna! Wenn du deiner Schwester nochmal etwas sagst während ich rede, treffe ich das nächste Mal deinen blöden Schädel, hast du mich verstanden!" Seine Lautstärke lässt sie automatisch verstummen. Er genießt kurz die Stille, während er einen Zettel aus der Tasche kramt. „Um es mal für dich peinlich zu machen, kommst du mal an deine Seite und ich erzähl allen, wie toll du bist und mit was für Müll du hier lernen darfst." Sophia hasste diesen Mann. Er trat wo er nur konnte gegen die Beine der Schüler, stellt ihnen langfristige Fallen und führt sie in Sackgassen, aus denen er sie nie wieder herauslässt. Seitdem er Leiter ist, ist die Durchfallquote dreißig Prozent gestiegen. Sie war davor auf fünfzehn. Und nun musste die Neue also daran glauben. Vor zwei Jahren gab es auch mal einen neuen Schüler, den Sheppard aus höchsten Tönen gelobt hat, was damit endete, dass der fast komplette Jahrgang ihn seelisch fertiggemacht hat. Die Frau die nach vorne tritt, an die linke Seite des Direktors, hat rotes, langes, gewelltes Haar, welches ihr bis zur Hüfte reicht. Smaragdgrüne Augen, die um ein vielfältiges älter wirken, als sie es ist, starren teilnahmslos den Direktor an. Sie ist so blass, dass man denken könnte, sie stirbt gleich, aber sie scheint vollkommen fit zu sein. Sie trägt eine kurze, halboberschenkellange Blaue Hose, rote Schuhe mit kleinem Absatz. Ihre Lippen sind blutrot gefärbt, aber man erkennt, dass es Lippenstift ist. Ihre Bluse hat einen kleinen V-Ausschnitt und einen bauchfreien Bereich. Des Weiteren stellt sie fest, dass sie ziemlich schlank ist, aber einen Vorbau, um die sie wahrscheinlich einige beneiden würden. „Wie heißt diese geniale Schülerin nochmal. Entschuldige, ich kann mir leider nicht alle Namen merken."
Gelangweilt schielt sie den Direktor an, der sich einen Zettel durchliest und anscheinend gar nicht mehr intensiv nach dem Namen sucht. Ihr Blick geht in die Runde derjenigen, mit welchen sie ihre Zeit demnächst verschwenden muss. Vollkommene Desinteresse.
Sie hat genau diesen Blick wie Sheppard, nur besser. Der Blick der töten kann, stellt Sophia im Monolog fest. Der Blick der rothaarigen Frau bleibt schließlich auf ihr haften. Ihre Augen weiten sich, ihr Blick wirkt neugierig und fesselt sie. Diesem unangenehmen Augenkontakt weicht Sophia aus. „Ah, Fina.... Irgendwas. Tut mir leid, ich kann deinen Nachnamen nicht lesen. Aber was sind schon Namen nicht wahr?" Sie sagt kein Wort und scheint den Direktor nicht ernst zu nehmen. „Hey, würde meine neue Wissensbestrebende Fina mir bitte antworten?" Sophia spürt den Blick, den die Neue, Fina, auf sie wirft, immer noch. Sie traut sich nicht aufzublicken. „Hey, Kopf hoch Sophia oder willst du dir mal den Boden ansehen, mit dem Gesicht im Dreck?!" Sie blickt wieder auf und ihre Blicke kreuzen sich. Diese Augen, darin könnte sie stundenlang schauen. Die Neue schaut sie mit fragendem Gesicht. Sie scheint eine Frage zu stellen, auf die Sophia keine Antwort kennt. „Also dann, zeigt der neuen, ALLERBESTEN Schülerin mal wo ihr lernen werdet. Los bewegt euch, ihr habt zwei Minuten!" Von Links Angefangen, laufen sie in gerader Schlange los. Sophia beobachtet, wie einige Fina böse Blicke zuwerfen, andere scheinen sie nicht zu beachten. Sheppard wird so gehasst, dass sich der Hass seines neuen "Lieblings" automatisch auf ebenjenen überträgt. Ihre Schwester Anna läuft an ihr vorbei und schenkt ihr ein freches Lächeln. Die Lippen der neuen Frau antworten mit einem kleinerem, geistesabwesendem Lächeln. Ihr Blick fällt auf Sophia. Eigentlich will Sophia sie gar nicht ansehen, aber es ist, als wäre diese Fina ein Magnet, der alles anzieht und nichts mehr loslässt. Diese Augen. So grün, so tief. Beinah wie ein Meer, indem man immer tiefer eintaucht und sich verliert und immer noch Luft bekommt. „Träumst du Sophia oder warum bleibst du stehen?", fragt eine männliche Stimme hinter ihr. Sie schüttelt kurz den Kopf und läuft dann weiter. Fina steht nicht mehr da, sie muss sich in der Schlange eingeordnet haben. Wer ist diese Frau, stellt sich Sophia im Kopf diese Frage. Ob sich ihre Freundinnen auch dieselbe Frage stellen? Oder verachten sie sie, weil der Direktor sie angeblich leiden kann? Was ihr allerdings ein wenig Angst macht, ist, dass sie fast gelangweilt gewirkt hat, bis auf einige Ausnahmen. Und sie war selbst bildet diese Ausnahme. Eine große Ausnahme sogar. „Wo bin ich jetzt schon wieder herein gestolpert?", seufzt sie. Sie betrachtet das schwarze Haar ihrer Schwester die vor ihr läuft. Ab und an muss sie an ihre gemeinsame Kindheit zurückdenken, in der sie die Haare ihre Schwester mal abgefackelt hatte. Jetzt lachen sie darüber, damals hat sie Tränen vergossen und um ihre Schwester geweint. Sie haben drei Tage nicht miteinander gesprochen, bis Anna lächelnd zu ihr kam. Auch wenn Anna mit ihren kleinen Piercings und dem Tattoo eines Drachen auf der Schulter keinen freundlichen Ersteindruck macht, ist sie eine freche, junge Zwillingsschwester, mit einem großen Herz.
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Der süße Kuss des Blutes |GirlxGirl [Abgeschlossen]
VampireSophia ist mit ihrer Schwester und ihren Freundinnen auf einer Akademie für Hochbegabte. Ihr Leben scheint ganz Normal: Einen festen, gutaussehenden Freund, eine glückliche Familie, eine gute Ausicht auf die Zukunft mit den besten Freunden, die man...