Der süße Kuss des Blutes - Kapitel 59

881 62 1
                                    

Anna war ein klein wenig enttäuscht. Die einzige, die niemanden hatte, den sie Lieben konnte. Ihr ist es egal ob Junge oder Mädchen, Hauptsache ihr Herz schlägt höher. Allein saß sie im Wohnzimmer, während die anderen sicher oben... Quatsch. Cloe, Melissa und Samantha sind ebenfalls Single. Sie war also nicht allein, da fiel ihr ein Stein vom Herzen.
Die Tür klingelt. Sie hatte James noch nirgendwo gesehen, obwohl dieser immer als erstes im Haus umherläuft und seine Arbeit verrichtet. Also würde sie die Tür öffnen. Sie ignoriert den Türspion und öffnet die Pforte zu Finas Haus. Sie dachte zuerst, es wäre Cloe, aber eine völlig unbekannte Person steht vor dem Haus.
Sie ist Mitte zwanzig, hat ein weibliches, aber kräftiges, gerades Gesicht. Der Körperbau muss wohl in letzter Zeit in Mode sein, so sehr gleicht sie einer Göttin. Ihre Rundungen sind wahrlich perfekt, wie von einem Meister erschaffen. Sie ist komplett in schwarz gehüllt, wobei ihr schulterfreies Top glitzert und ihre schwarze Hose ihr eng anliegt. Ebenso läuft sie in schwarzen Absatzschuhen. Blonde, lange Haare sind zu einem französischen Zopf zusammengebunden und hängen ihr über die linke Schulter. Diese Frau übertrifft selbst Fina an Schönheit. Vor ihr muss eine wahre Göttin stehen. Sie ist so unbeschreiblich schön und elegant, dass sie nicht von dieser Welt stammen muss.
Anna bringt kein Wort heraus. „Na, wer bist du denn? Ist Fina umgezogen oder hat sie endlich ein paar Freunde gefunden?" Ihre Stimme ist sanft, lieblich, steckt aber gleichzeitig voller Macht. Eine eigenartige, aber göttliche Frau.
Anna stottert ungewollt und unbewusst. „A...al...also Fina ist n....noch nicht wach oder angezogen oder so...". Ihre Finger trommeln nervös auf ihrem Oberschenkel. „Ich komme rein. James kennt mich. Du kannst ihn auch gern fragen. Deinen Namen hast du mir auch noch nicht gesagt. Warte. Ich weiß ihn schon. Danke Anna." Sie schreitet an ihr vorbei, streicht ihr über das Gesicht, was Anna innerlich aufkochen lässt. Nicht vor Wut, sondern vor Verzauberung. Sie kennt ihren Namen. Ob diese Frau sie wohl mag? Sie schließt die Tür und folgt ihr.

„Sie haben sich gut gehalten Miss. Willkommen zurück."
Die blonde Frau verneigt sich huldig. „Immer eine Freude James." Der Butler wendet sich der Zubereitung der wichtigsten Mahlzeit des Tages zu, zumindest für Menschen. „Man, habe ich einen Durst. Naja, wird schon werden." Sie wirft sich barfuß auf die Couch und legt die Füße hoch. Anna starrt sie an, wortlos.
„Also, Anna. Setz dich doch zu mir. Ich bin gern in Gesellschaft. Dann kann ich dir auch ein bisschen war verraten." Brav folgt sie dem Befehl, ohne sie aus dem Auge zu lassen. „Ich wohne überall und nirgendwo. Ich ziehe gern von Stadt zu Stadt und lass es krachen. Oh ja, krachen trifft es zu. Und du? Stehst auf die schwarze Szene was? Dunkle Musik zum Beispiel?"
Anna nickt mehrmals. „Was magst du so?", fragt sie leise und vorsichtig nach. „Was ich mag? Ich kann es dir zeigen, wenn du Lust hast. Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!" Sie zückt ein Smartphone, auf der sie Musik abspielen will, denkt sich die schwarzhaarige Schwester.
„Okay. Dann zeig mal, was du so magst."
Die Frau grinst, lehnt sich rasend schnell vor und küsst sie. Sie versteht ihr Handwerk perfekt. Sie umspielt Annas Zunge, ihre Hände kreisen über ihr Gesicht und über den von Kleidung bedeckten Bauch und wandern langsam über die Brüste zu ihrem Hals, wo sie gestreichelt wird. Zum krönenden Abschluss beißt sie in Annas Lippe, ehe sie sich wieder auf die Couch legt. „Das mag ich. He, jetzt schau nicht so! Du wolltest schließlich, dass ich es dir zeige. Ich habe dir doch gesagt, sei gewarnt!"
Das war wirklich überraschend. Damit hatte sie nicht gerechnet. Diesen Kuss könnte kein Profi imitieren, keinen Schauspieler, niemand.
Schritte. „Nanu, wer ist den das?" Sie entdeckt eine Frau mit schwarzen Haaren, die Anna sehr ähnelt. „Oh, deine Schwester. Mal schauen, was sie so mag." Die blonde Frau springt auf und stellt sich vor Sophia, als sie die Treppe bezwungen hat. „Wer bist du denn jetzt?", fragt Sophia erschrocken.
„Och, nur eine Freundin. Du hast echt ein hübsches Gesicht. Da könnte man ja förmlich hineinbeißen, versteht du, was ich meine?" Sophia steht vor einen Problem. Sie liebt Fina über alles, aber dieser Person zu wiederstehen, kommt dem versuch gleich, vor einer Atombombe wegzurennen, die neben ihr explodiert.
Die neue Frau im Haus fährt über Sophias Gesicht, die bereits in ihrer Hypnose gefangen ist. „Sophia heißt du also? Hübsch, hübsch."
Anna sollte eifersüchtig sein, aber irgendwie war sie es nicht. Sie kann nicht bestimmen, warum, so sehr sie auch den Kopf zergrübelt.
Die Lippen der beiden nähern sich. Kurz bevor sich ihre Lippen treffen, reißt eine Stimme sie aus der Illusion. „Carmilla, würdest du das bitte lassen?" Es ist, als wäre Sophia von einem Zauber befreit worden. Ihr Kopf verarbeitet die Stimme, Finas Stimme. Sie hält sich eine Hand vor den Mund, beginnt zu weinen und sich gegen eine Wand zu lehnen, nur um dort zusammenzusacken. Was hatte sie getan? Gerade brach sie das gemeinsame Band, von dem sie geträumt hat, dass es ewig hält. Sie weint bitterlich. Was war sie nur für eine grausame Frau? Sie hatte Fina verletzt, für eine Person, die sie nicht einmal kannte.
Carmilla begrüßt ihre alte Bekannte, auch, wenn sie das heulende Mädchen momentan mehr interessiert. „Fina. Schön, dass wir uns wiedersehen. Sag jetzt nicht, dass ist deine...?"
„Ja ist sie."
Carmilla eilt zu Sophia, die sie entsetzt anschaut. „Hey Schätzchen." Sie greift ihr freundschaftlich an die Schulter, um Trost zu spenden. „Tut mir leid, dass ich dir das angetan habe. Ich hätte mehr deinen Kopf durchwühlen und dann erst handeln sollen. Weine nicht Sophia, psssst, alles wird gut werden."
Fina kam in der Zeit die Treppe herunter und steht vor Sophia. Diese hat Angst. Sie hatte es verbockt. Und Carmilla redet davon, dass alles gut wird. Die hat doch einen Knall.
„Eigentlich sollte ich dir jetzt den Hals umdrehen. Aber du kennst Carmilla nicht. Sie ist ebenfalls eine Vampirin und eine Meisterin, anderen den Kopf zu verdrehen, was sie dank ihrer Kräfte perfektioniert hat. Du bist ihr erlegen, ich bin es vor sehr langer Zeit auch.
Ich bin dir nicht böse, Sophia. Niemand entkommt ihrem Bann, wenn sie es will. Das macht sie wahrscheinlich zur aktuell gefährlichsten Person im Haus." Sie hilft Sophia beim aufstehen und umarmt sie. „Komm mal kurz mit Sophia. Alles wird gut, es ist nichts weiter passiert mein Engel." Das Pärchen läuft nach oben, um sich genauer über sie zu unterhalten.
Anna nimmt die Freiheit auch war, als wäre ein Zauber von ihr verflogen. Sie würde Carmilla trotzdem wieder küssen. Diese Frau benötigt keine Vampirkräfte, ihr Aussehen allein treibt einen um den Verstand. „Ach Scheiße. Meine Güte bin ich dumm. Da hat sie eine gefunden und ich muss wieder alles kaputt machen. Scheiße". Carmilla ist frustriert. Sie hätte besser aufpassen sollen. Sie ist hier nicht in einem Club, wo sich ihr jede Frau verbeugt und hingibt, sie hat es hier mit Liebenden zu tun. Es störte sie nicht, in Beziehungen neuen Schwung zu bringen, wenn sie ein wenig Verwirrung stiftet, aber Fina kennt sie seit...seit dreihundert Jahren! Das war nicht nur eine einfache Bekanntschaft, sie verbindet viel mehr. Sie hätte es dabei belassen sollen, Anna den Kopf zu verdrehen.
Sie zuckt mit den Schultern. Was geschehen ist, ist geschehen. Fina selbst hatte sich ihrem Zauber nicht widersetzen können, sie ist schließlich die Meisterin der Liebe und Leidenschaft. Darin kann ihr niemand das Wasser reichen. Nicht einmal Fina, die sich viel von ihr abgeschaut hat, erreicht auch nur ansatzweise ihr Können.

Fina redete sicher gut eine Stunde auf Sophia ein, bis sie Verstand, dass sie nichts Falsches getan hat, auch, wenn es in den Herzen beider schmerzt.
„Ich kenne Carmilla seit ungefähr drei Jahrhunderten. Sie war schon immer eine Meisterin, anderen den Verstand zu rauben. Selbst ich könnte nicht gegen sie bestehen, wenn sie es will. Es ist nun mal ihre Art, sie hat eine verdammt harte Vergangenheit hinter sich, tausendfach schlimmer als meine. Im Endeffekt ist sie auf der gleichen Suche, wie ich es einst war: Liebe. Bis heute allerdings recht erfolglos. Niemand will ihr Herz zum schlagen bringen, also vertreibt sie sich die Zeit mit etwas... naja, du hast es ja erlebt. So und jetzt vergessen wir die Sache, ja? Für die Sache mit ihr schuldest du mir jetzt einen Kuss, aber sei jetzt nicht so zaghaft, ansonsten mag ich dich nicht mehr." Sie versucht Sophia wiederaufzubauen und es kostete auch eine Menge Zeit, bis sie sich beruhigte. Es tat ihr so leid, aber sie kann nichts dafür. Sich einem Kaiser entgegenzustellen ist schließlich auch unmöglich allein.
Sophia tat, wie ihr befohlen. Sie nähert sich etwas zögerlich, was Fina mit einer lustvollen Bewegung in der Leiste aber bezwang. Ihre passive Haltung verschwindet und sie küsst Fina innig und leidenschaftlich.
„War das gut so", fragt sie wie ein kleines Kind, ob es alles richtig erledigt habe.
„Ich glaube, dass sollten wir zu gegebener Zeit noch einmal üben. Und jetzt komm, du hast schließlich noch nichts gegessen. Du brauchst die Kraft, ich habe meine eigene Quelle, wie du weißt." Sie umschlingt Sophias Hand und führt sie dorthin, wo Menschen am frühen Morgen Energie tanken.

Carmilla betrachtet alle in diesem Haus sehr genau. Cloe, eine junge Frau mit grünem Haar kam zwischenzeitlich an. An ihr klebt der Duft von Romantik.
Samantha und diese Vampirin Melissa von der sie noch nie gehört hat, schauen sich immer sehr eigenartig an. Noch ein Pärchen. Die einzigen beiden sind wohl James -wen wundert es- und Anna. Den Butler scheint es weniger zu stören, Anna brennt es auf dem Herzen, tief verborgen, nicht von ihr selbst erkannt.
„Ihr seid eine echt eigenartige Truppe. Fina. Was zum Teufel hast du hier alles angeschleppt?" Carmilla fühlt, wie sie sich nähert, Hand in Hand mit Sophia laufend. Also hatte sich die Situation entschärft. Sie atmet innerlich tief aus, froh, keinen größeren Schaden als den Nervenzusammenbruch verursacht zu haben. „Es sind eben meine Freunde alle hier versammelt. Jetzt bist du ja auch da. Bleibst du länger, Carm?"
Sie lächelt bei ihrem Spitznamen, den die Rothaarige ihr ab und an in mancher Nacht ins Ohr flüsterte. Schade, dass diese Zeiten vorbei sind, aber na gut, es gibt schlimmeres.
„Ich bleibe hier für eine Weile, keine Ahnung. Bis morgen und dann schaue ich ab und an mal bei dir vorbei. Ein paar Wochen werde ich schon hier verbringen, bevor ich weiterreise. Hast du irgendetwas zu essen oder soll ich mich bedienen? Ich meine hier ist genug da." Bei ihrem kleinen Witz, bei dem alle fürchteten, sie mache ernst, lacht sie. „Ach, ihr müsstet mal eure Gesichter sehen. Keine Angst, ich bediene mich Finchen, ja?" Sie zwinkert ihr zu und verschwindet im Keller, wo James sein Quartier bezogen hat.
Da ist also das geheime Lager, wo Fina ihre "Rationen" lagert, im Keller des Butlers. Eigentlich ein gutes Versteck, niemand interessiert sich für einen Butler und wer würde diesen Verdächtigen? „Alles gut Sophia", fragt Samantha besorgt. „Ja, alles in Ordnung. Lasst uns zusammen jetzt was essen, ich habe Kohldampf."

Der süße Kuss des Blutes |GirlxGirl [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt