Sie knabberte etwas daran, dass Amilia wegging. Niemand hat etwas mitbekommen. Niemand. Dachte sie zumindest. „Fina mein Schatz, komm mal bitte her." Zwei Tage nach der zauberhaften Nacht mit einer Frau holte ihre Mutter sie zu sich. Ihr Vater war wieder verreist, sie hofft, er hat davon nichts mitbekommen.
Elisabeth sieht aus wie immer. Sie scheint nie zu altern.
„Was ist, Mutter?" Ärger lag in der Luft, dass spürt Fina. „Stell dir nur mal vor, jemand anderes als ich hätte es bemerkt. Hast du überhaupt eine Ahnung, was das für Amilia bedeutet hätte? Vermutlich nicht." Fina wird kreidebleich. Wusste sie etwa Bescheid? „Gibt es da vielleicht etwas, was du loswerden möchtest?" Verdammt, kann sie etwa Gedanken lesen? Oder ist das der mütterliche Instinkt? Fina tippt auf das Zweite, schwieg aber. Mutter wusste Bescheid, schien aber nicht wirklich böse zu sein. Sie drängte Fina nicht weiter dazu.Etwa zwei Wochen später entfernte sich Fina mit ihrem Pferd etwas weiter vom Hof. Am Horizont erblickt sie eine schwarze, aufsteigende Rauchwolke. Leicht verfällt sie in Panik. Entweder es steht Krieg vor ihrer Haustür oder aber, es brennt auf ihrem Land. Sie eilt in wenigen Minuten zurück zu ihrer Mutter, die entspannt auf einem Stuhl ein Buch auf Latein liest. Es ist nicht die Bibel, ist aber mit einigen Symbolen verziert. Die aufkrachende Tür hätte sie eigentlich erschrecken müssen, aber nichts dergleichen geschah. Sie liest ihr Buch, als habe sie ihre Tochter schon erwartet. „Wenn du Richard suchst, er ist leider kurzzeitig verreist." Dieser Satz bedeutet soviel wie: Störe mich nur, wenn der Weltuntergang bevorsteht. Anscheinend ist der Inhalt des Buches recht interresant, Mutter war äußerst selten derart vertieft.
Fina würde das Buch gern ansehen, aber ihre Mutter liebt es überhaupt nicht, wenn ihr Bücher fehlen. Es würde sofort auffallen. „Ich glaube, es brennt irgendwo! Da ist eine große schwarze Wolke, sieht aus, als würde es brennen!" Fina scheint förmlich in Panik zu verfallen. Mutter soll sich gefälligst beeilen! Es gibt vielleicht Menschen zu retten! Jede Minute kostet Leben oder Besitz, vor allem, wenn es noch auf ihrem Land sein sollte. Elisabeth schließt das Buch mit lauten Knall und sieht Fina an. „So, ein Feuer?" Sie streicht sich eine rote Strähne aus dem Gesicht. Ihr Haar hat die Itensität von Feuer, so hell strahlt es. „Schauen wir uns das an. Zeig mir mal, wo." Sie führte ihre Mutter hinaus und zeigte auf die deutlich sichtbare Stelle. „Reite schon einmal vor. Wir treffen uns dort." Ohne zu Fragen oder ihre leibliche Mutter eines Blickes zu würdigen, reitet sie Richtung brennender Stelle. Sie reitet an ein paar Höfen vorbei, vielen Wäldern, aber ihre gesamte Konzentration richtet sich auf die brennende Rauchsäule. Wie lange benötigte sie bis dahin? Minuten? Stunden? Sie hatte kein Zeitgefühl mehr. Sie reitet über einen Hügel, bevor sich ihr der Anblick eines Anwesens erstreckt, ähnlich der Größe ihrer Heimat. Das Grundstück brennt noch, ist aber schon zu einem dreiviertel niedergebrannt. Der Gestank verbrannter Chemikalien und Möbel liegt in der Luft. Sie muss sich ein paar Sekunden daran gewöhnen, sodass sie vorerst angewidert das Gesicht verzieht. Als sie wieder klaren Kopf bekommt, wie es ihre Mutter sie so eisern gelehrt hat, kommt sie zu der Erkenntnis, dass sie zu spät sei. „Verflucht. Ich hoffe es war niemand mehr da drin." Sie sattelt ab und erkennt vor dem verbrannten Vorgarten tatsächlich eine Ansammlung mehrerer fein gekleideter Herren und Damen. „Da muss aber ein Vermögen verbrannt sein." Die Menschen lagen sich gegenseitig in den Armen, einige umarmten eine Person in verbrannter Kleidung. Es war vielleicht mal ein Kleid, jedoch ist der größte Teil abgebrannt. Zum Glück scheinen keine intimen Hautstellen verbrannt zu sein.
Moment! Diese Hautfarbe... „Mutter?" Sie bildet sich ein, dass sie nur geflüstert hat, kaum hörbar für irgendjemanden. Und dennoch dreht sich die Person um, die etwa noch einhundert Meter von ihr entfernt steht. Ihre Mutter strahlt sie an. Mit heißen Tränen im Gesicht rennt Fina zu ihrer Mutter, einfach nur froh, dass sie unverletzt ist. Wie verflucht nochmal ist sie so schnell hergekommen?
Elisabeth winkt sie glücklich zu sich. Sie scheint es überhaupt nicht zu stören, dass einige Körperstellen wie ihre Beine zu sehen sind. Das verbrannte Kleid sieht aus wie aus einem Bordell, nur, dass es verbrannt ist und keine intimen Stellen hervorhebt, außer man hat einen Fetisch für Beine. „Wie bist du denn so schnell hierhergekommen? Und was ist hier passiert?" Ihre Tochter ist völlig aus dem Häuschen, wie es von ihrer aktiven Lebensweise zu erwarten war. „Ganz einfach. Ich war einfach schneller. Und außerdem, nach was sieht es den hier aus? Hier ist ein Feuer ausgebrochen und anhand meines verbrannten und rußgefärbten ehemaligen Kleides erkennst du sicherlich, dass ich diese Familie aus dem flammen und dem giftigen Rauch gerettet habe." Selbst wenn, wie hat sie das so schnell zustande gebracht? Ist sie mit ihrem Pferd durch das Haus gerannt? Das spielt keine Rolle, wichtig ist jetzt, was mit der weinenden Familie geschieht. In ihren Augen liest man Freude. Freude überlebt zu haben, dem tödlichen Inferno entgangen so sein. Aber auch Trauer. Etwas, dass diese etwa zwölfköpfige Familie beschäftigt. „Warum, warum muss der Herr uns nur eine so schwere Prüfung auferlegen?" Die etwas kräftigere Frau in grünen Kleid, schlägt ein Kreuz. „Wie wäre es denn, wenn ihr erst einmal erzählt was passiert ist? Und was ihr jetzt machen wollt, wo ihr alles verloren habt. Euer Vermögen war auf Wertpapieren, doch dies ist nun Asche. Ihr habt es verloren, weil ihr es in einer normalen Kommode versteckt habt. Da helfen euch Schlüssel auch nicht." Die Familie schaut die kräftige Frau mit kurzem braunen Haar an. Sie scheint eine Art Oberhaupt zu sein. Und sie antwortet nicht. Elisabeths Stimme verzehrt sich zu einer gnadenlosen Stimme, die jedes Herz, jede Seele brechen könnte. „Also ich fasse euer Leben mal zusammen. Bei einem Raubüberfall ist der größte Teil eure Familie gestorben und nun ist alles verbrannt, was ihr hattet. Wie macht ihr nun weiter? Wollt ihr weiterhin zu Gott beten? Tut dies nur, er wird euch sicherlich helfen, meint ihr nicht auch?" Die Familie ist anscheinend sehr gläubig, im Gegensatz zu Elisabeth und Fina, die sich jeden Abend über die Bibel lustig lachen. „Gott hat für alles seine Gründe!" Auf diese Antwort lacht Elisabeth nur verspottend. So hatte Fina ihre Mutter noch nie gesehen. Sie mochte Gott nicht, ja, aber ihr Gelächter ist ohne Gnade, wie die einer strengen Königin. Manchmal wundern sie die Geschichten doch nicht, wenn sie ihre Mutter jetzt so sieht. Elizabeth Bathory, die Blutbaronin, die in Blut baden soll, um sich daran zu laben und ihre Jugend zu erhalten. Eine furchtbare Geschichte, die vor ihr niemand aussprach.
„Ich sehe es so. Dann hat Gott wohl einen Engel geschickt, um euch zu retten, oder wie wollt ihr euch das erklären. Ich habe ja nicht einmal eine Verletzung davongetragen, keine Brandwunde. Die Ausgeburten der Hölle hätten euch verrecken lassen. Ihr steht in Gottes Schuld. Kein Gebet der Welt kann ein Leben aufwiegen, im großen Plan seid ihr eigentlich schon tot. Es ist nur meiner Güte zu verdanken, dass ihr noch lebt. Entweder ihr begleicht eure Schuld, oder aber ihr werdet morgen schmoren. Eure Entscheidung." Ein Junge, vielleicht sieben Jahre mit kurzen blonden Haar meldet sich zu Wort. „Was könnten wir den tun, damit wir wieder in Gottes Gunst stehen, lieber, schöner Engel?" Anscheinend kauft der größte Teil der Familie die Geschichte ab. Unglaublich, dass ausgerechnet ihre Mutter sich Gott bedient, wo sie doch an dieses Märchen nicht glaubt. „Danke würde mir schon vollkommen reichen. Aber eines das von Herzen kommt. Lasst euch irgendetwas einfallen. Es steht euch auch frei zu gehen, ohne meinen Segen natürlich. Macht was ihr wollt." Die Familie flüstert hektisch ein paar Worte. Sie sind sich wahrscheinlich nicht ganz einig, das verrät zumindest die ab und an lautere Stimme oder ein Gesichtsausdruck. Schließlich treten ein paar vor. Der blonde Junge, ein kleines Mädchen und ein älterer Herr und eine Frau. Sie verbeugen sich vor ihr. „Wir stellen uns als Dank gern in den Dienst eines Engels auf Erden. Uns bleibt sowieso nichts mehr. Wir könnten komplett neustarten, aber wir sind sicher, dass sie uns gütig behandeln werden." Elisabeth schaut die vier finster an. Besonders die zwei Kinder stecken ihre Köpfe aus Furcht zusammen. „Für immer? Auf für eure Nachfahren?" Und sie beschlossen ihr Schicksal. Elisabeth half ihnen auf und legt ihre eiserne Miene ab, nachdem sie auf eine Reaktion der restlichen Familienmitglieder gewartet hat, die sich immer weigern, ihr zu danken. Sie stellt sich den Vieren freundlich vor und verspricht, wie eine Mutter zu sein. Etwas Eifersucht macht sich in Fina breit, aber damit wird sie wohl Leben müssen. „Dann trennen sich eure Wege hier. Verabschiedet sie noch einmal. Ihr werdet sie wahrscheinlich nie wiedersehen." Und so wird es auch sein. Der Abschied verlief eher feindlich, außer zu den Kindern, die sich im Namen Gottes sogar von ihren Eltern trennten.
DU LIEST GERADE
Der süße Kuss des Blutes |GirlxGirl [Abgeschlossen]
VampireSophia ist mit ihrer Schwester und ihren Freundinnen auf einer Akademie für Hochbegabte. Ihr Leben scheint ganz Normal: Einen festen, gutaussehenden Freund, eine glückliche Familie, eine gute Ausicht auf die Zukunft mit den besten Freunden, die man...