Der süße Kuss des Blutes - Kapitel 97

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Davis blickt aus dem Fenster seines Anwesens, während es wie gewohnt seine Zigaretten raucht. Der Aschenbecher quillt über, so viel hatte der kettenrauchende Vampir schon vernichtet. Seine nächsten Schachzüge müsste er gut überlegen. Sheppard und seine Gehilfin hatte er noch, der Rest starb. Unvorhergesehene Ereignisse, die aber nicht weiter dramatisch sind . Für ihn steht fest, dass Fina nur das unvermeidliche hinauszögert. Nebenbei schaut er immer mal wieder in die Zeitung. Es ist immer das gleiche. Amerika hier, Europa und Russland da und immer wieder stirbt mal jemand. "Warum die Menschen den Tod einer Frau und ihres werdenden Kindes derartig ausschlachten... Ihr seid eine eigenartige Spezies." Doch all das würde enden. Sobald Sophia tot ist, wird der Geist von Fina eine Scherbenwelt sein. Ein Trümmerhaufen von Trauer, Wut und Hass zerfressen, dass selbst die ganze Welt nicht sicher vor ihr wäre. Macht trägt sie in sich. Macht von denen selbst die Urväter träumen können. Wäre sie in der Lage sich zu entfesseln, könnte sie niemand stoppen. Etwas reißt ihn aus seiner Konzentration. Eine Veränderung der Dinge, eine Veränderung der Variablen, die er sich so schön zusammengelegt hat. Er spürt mächtige Kräfte, nicht nur eine. Es sind gar vier uralte, mächtige Individuen, welche sich seinem Anwesen nähern. Er hatte zwar Wachen von unglaublicher Stärke, aber das alles scheint ihm nicht zu helfen. Schreie ertönen von draußen und das erste Mal seit vielen tausend Jahren fühlt er sich unsicher. Die Zigarette zerdrückt er wütend in seiner Hand. Warum hatte er das Spiel nicht eher durchschaut? Wieso ist ihm der Verrat nicht eher aufgefallen? "Sheppard."

Das prunkvolle Anwesen war schwer bewacht, wobei die Betonung auf war liegt. Elisabeth hat dem dutzend Wachleuten in wenigen Sekunden ihr Lebenslicht ausgeknipst. Vampire. Es gab einst Zeiten, da wurden sie erwählt und auserkoren. Heute allerdings verwandeln gewisse Personenkreise Menschen wahllos in Vampire, um sich eine Privatarmee aufzustellen. Die Zeiten waren bessere, damals vor vielen hundert Jahren. "Deine Mutter und ich", beginnt Sheppard langsam zu erzählen, während Elisabeth das Anwesen sichert. "Sie wollte unbedingt eine Tochter haben oder vielleicht zwei. Aber Vampire und Nachfahren ist etwas schwierig, wie dir bekannt ist. Es war ein hoher..." Der sonst so strenge Direktor wird von Fina unterbrochen, welche Sophia niemals von der Seite weichen würde. "Es ist mir egal. Ich will es nicht hören. Wenn das hier vorbei ist, kannst du ja versuchen eine Freundschaft aufzubauen, aber bitte spare dir den Rest." Fina hat die Nase gestrichen voll von irgendwelchen Leuten, die ihr Leben manipulieren oder es verändern wollen. Ihre Liebe gilt ihrer Mutter, ihren Freunden, Sophia und eventuell ihrer Schwester. Wo sie wohl all die Jahre gesteckt hatte? Warum hatte sie sich nicht gezeigt? War dies auch eine von Sheppards Intrigen? Wenn ja, dann würde ihre Abwesenheit ebenfalls auf seine Kappe gehen und das alles nur wegen eines Krieges, der vor tausenden Jahren begonnen hatte. "Ich fürchte mich nicht", flüstert Fina zu Sophia. "Ich bleibe immer bei dir, Fina." Zusammen gehen sie auf das Anwesen zu, dicht gefolgt von Sheppard. Die Freunde Fina's und Sophias bestanden darauf, sie zusammen zu begleiten. Das Anwesen beachtet Fina nicht wirklich. Lediglich feststellen kann sie nur, dass anscheinend der fremde Herr etwas zu viel Geld besitzt und anscheinend Angst hat. Jeder, der sich bewachen lässt, egal unter wie vielen Leuten, hat eine gewisse Angst, unvorbereitet zu sein oder gar überrascht zu werden. Schreiendes Wachpersonal bietet einem immer die Gelegenheit, einen Plan zu strukturieren, den  Marionetten bleiben schlussendlich Marionetten. Sheppard hatte seine Karten alle offen gespielt. Wenn sie heute nicht erfolgreich sein würden, wäre er in ein paar Tagen tot, da Davis ihn verfolgen würde. Fina ist ihre Trumpfkarte, auch wenn sie es selbst nicht glauben kann. Kaum sind sie am Anwesen, da tritt Fina die Türen aus ihren angeln. Durch ihre Jahrhunderte alte Kraft haben die Türen keine Chance gegen sie. Rasch lässt sie Sophia los und schubst sie wieder nach draußen, als mit Silber geweihte Maschinengewehrkugeln auf den Magazinen donnern. Rasch bewegt sich Fina. So schnell, dass Sophia nicht einmal erahnen kann, was sie da überhaupt sieht. Carmilla, Sheppard und Elisabeth setzen nach, während Lilith alle hütet, die erst vor kurzem die Seite des Blutes kennen gelernt haben. Doch das rasselnde Feuer samt der schweren Bewaffnung endet bald. Die vier sind so schnell, dass sie die Verteidiger des mysteriösen Kontrahenten schnell enthaupten. "Silber", grummelt Elisabeth vor sich her und wirft eine Kugel zu Boden, welche sie einfach im Flug gefangen hatte. "Er wusste nicht, dass wir kommen. Nicht übel, Sheppard. Dennoch sollten wir die Begegnung mit ihm nicht unterschätzen. Er hat lange Zeit gehabt, sich vorzubereiten. Wir auch, allerdings nicht in der Art, wie er es konnte." Schweigend verbringen sie die nächste Zeit damit, dass Anwesen zu durchsuchen. Edle Teppiche, Schmuckstücke und Statuen aus aller Welt zieren das Anwesen, manche sind sogar mehrere tausend Jahre alt. Der Gestank von Nikotion macht sich in Finas Nase breit. "Das muss es sein", meint Sheppard und zeigt im selben Moment auf die Doppeltür, welche unscheinbar wie alle anderen im Haus wirkt. Normalerweise öffnen Türen immer einen neuen Raum, welcher zum erkunden einlädt und viel über eine Person oder einen Personenkreis zum Ausdruck bringt. Allerdings hat niemand wirklich interesse daran, diesen Raum nach Persönlichkeitsmerkmalen zu erkunden, höchstens wenn die Leiche von Davis vor ihnen liegt. "Öffne sie, Fina. Beenden wir es zusammen." Ihre Mutter hatte sich neben sie gestellt und gibt ihr die seelische Kraft zur Überwindung dieser Tür. Sophia drückt fest ihre Hand und küsst sie auf den Hals, während Sheppard mit spürbarer Nervosität mehrmals die Krawatte richtet. Tief atmet die rothaarige Vampirin durch und öffnet die Tür statt sie einzutreten. Sie wusste, wer dahinter wartet. Allerdings nicht mit der zweiten Person, welche sich gut vor allen vampirischen Sinenn verborgen hatte. Eine ihr nur zu bekannte Person, welche lange auf diesen Tag gewartet hat. Sehr lange.

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