Der Freitag wollte nicht vorüber gehen. Jedes Mal, wenn Sophia auf die Uhr schaut, sind nur wenige Minuten vergangen. Warum kann sie die Zeit nicht für acht Stunden einfach vorgespult werden? Sie hält es kaum noch aus. Wo wohnt Fina? Wie lebt sie? Wie sieht ihre Einrichtung aus?
Während die Lehrkräfte -unter anderem ihre Klassenleiterin- erzählen und ihnen Aufgaben geben, will Sophia nur eins: hier heraus, in ihr Wochenende, auf welches sie sich so sehr freut. Ihre wäre es sogar egal, wenn sie eine schlechte Note bekommen würde. Es wäre ihr einfach egal. Sie möchte nur zu Fina und mit ihr Zeit verbringen, koste es was es wolle.
Ihre Freunde waren von der Idee sehr angetan und stimmten ohne weiteres zu. Nun, solange Sophia wenigstens ihre ruhe zu den späten Abendstunden hat, können sie gern mitkommen.
Die Uhr tickt, der Zeiger bewegt sich unendlich langsam, aber trotz ihrer großen Ungeduld wird sie mit Freiheit belohnt. „Schönes Wochenende", wünscht der Fachlehrer für den Bereich Chemie und Physik. Endlich. Endlich frei.
Sie dreht sich sofort zu Fina um. „Verfluch, der Tag wollte einfach nicht umgehen oder?"
„Der Meinung sind sicherlich alle Schwesterchen."
Überaus eilig packen alle zusammen und laufen zusammen zum Akademieinternen Parkplatz, der genug Plätze bietet. „Du hast eine Fahrerlaubnis? Wow, niemand von uns hat die."
„Natürlich, sonst würde ich wohl kaum dieses nette Fahrzeug besitzen." Sie kramt in ihrer Hosentasche nach einem schwarzen Schlüssel für ihr Auto. Gespannt blicken sich alle um, welches Auto sich bei dem Knopfdruck auf diese kleine Fernbedienung meldet. „Das ist nicht wirklich deine Karre, oder", fragt Cloe mit großen Augen. Alle drehen sich in Cloes Blickrichtung. Sophia klappt der Mund auf.„Was? Habt ihr noch nie einen fahrbaren Untersatz gesehen?" Fina zeigt sich unbeeindruckt und versteht nicht wirklich, warum sich Menschen über ein Fahrzeug freuen oder sogar überrascht sind.
Was für Fina nur ein nettes Auto ist, schaut für Sophia wie ein Auto aus einer anderen Welt aus. Einer Welt außerhalb ihres Geldbeutels.
Fina besitzt und fährt ein Carbiolet passend zu ihrer Haarfarbe. Es glitzert im Sonnenschein und strahlt im Licht. Kein einziger Fleck, also wird Fina wohl viel Zeit damit verbringen, dass gute Stück in Schuss zu halten. Wie zu erwarten, fährt sie bei diesem Wetter mit eingefahrenem Dach. „Wollt ihr jetzt einsteigen oder hier Wurzeln schlagen? Rein mit euch. Sophia? Sitzt du bitte mit vorn bei mir?" Anna lächelt vor Freude in sich hinein, Cloe und Melissa diskutieren darüber, wen sie in die Mitte quetschen und Fahrerin und Beifahrerin lächeln sich beide verlegen an. Ja, dass würde ein wundervolles Wochenende werden.
Alle Frauen schwingen sich auf ihren Platz. Fina hat ihren Zopf geöffnet und lässt ihr Haar hinter den Rücken sichtbar fallen. Sie dreht ihre Musik auf, die sich als eine Mischung von beruhigender Klaviermusik entpuppt. Zur Abwechslung nach dieser Entspannung und Denkanregenden Musik folgt Rock, Metal oder Punk. Finas Geschmack bezieht sich dabei auf sehr, sehr laute, wilde, chaotische Musik. Eine recht unpassende Kombination. Sie liebt die Ruhe, aber auch die Aggression wie es scheint.
Mit einem weiteren Knopfdruck auf ihre Fernbedienung, startet ihr Cabrio, erst mit einem kurzen brummen, dann leise schnurrend wie eine Katze.
Sie fahren doch ein ganzes Stück, sogar aus der Stadt heraus, dass dauert etwa schon eine viertel Stunde. Sie fahren an der Gärtnerei vorbei, in welcher Eve arbeitet. Ihre gemeinsame Mutter sehen die Schwestern jedoch nicht.
Sie verlassen die Straße und biegen auf eine Landstraße ab. Wohl alle befürchte, dass sie in irgendeinem Kuhkaff wohnt oder in einer Wohnung in einer Gegend, in der gefühlt vier Leute leben. „Wo genau fahren wir eigentlich hin", fragt Sophia ihren Schwarm. Doch die Frage kam ein wenig zu spät. Nach einem schönen ruhigen Klavierstück, -was Sophia sehr gefallen hat, obwohl dies gar nicht ihre Art der Musik ist, dreht Fina ihre Musikanlage auf. Nicht einmal Anna kann bei dieser Lautstärke das Musikgenre identifizieren. Auf jeden Fall kracht ziemlich laut. Fina beschleunigt das Auto, als wäre sie auf einem Highway oder der Autobahn. Sie reißt ihren rechten Arm in die Höhe und schreit einfach aus dem Nichts los, wie bei einem Konzert.
Sophia erscheint diese Art zwar etwas zu abgedreht, dennoch kann sie den Blick von ihr nicht abwenden. Ihr Haar weht wild im Fahrtwind. Je mehr Zeit sie mit ihr verbringt, desto mehr hat sie das Gefühl, eine wundervolle Person kennengelernt zu haben, eine verschlossene, die sich anscheinend nur denen öffnet, die sie leiden kann.
Fina fährt nun wieder mit beiden Händen, zur Erleichterung aller Mitfahrer. Aber nur Sophia erkennt, sie sich verändert hat. Sie kann nicht genau sagen wie, aber irgendetwas an Finas Erscheinung teilt ihr mit, dass sie ihre Alltagshülle der Einsamkeit, der Überlegenheit und des Hasses auf die Meisten eingetauscht hat gegen... Gegen ihr wahres Ich? Soll das tatsächlich die Frau sein, von der Sophia so viel Tage geträumt hat oder ist sie nur in bestimmten Situationen so? Wie auch immer, ihr gefällt, was sie da sieht. Es treibt ihr sogar noch mehr Wärme ins Gesicht, als sie ohnehin schon durch die pure Anwesenheit dieser Frau hat.
Was niemanden auffiel bis auf Cloe ist, dass Melissa kurz in das freudige Gebrüll von Fina mit verfiel. Ein sehr eigenartiges Verhalten für sie. Cloe beschließt, die Sache genauer zu beobachten und vor allem Fina. Seitdem sie aufgetaucht ist, verändert sich Melissa von Tag zu Tag, immer ein kleines Stück mehr, kaum auffällig, außer für sie. Nicht, dass es ihr keine Freude bereitet, sie aufblühen zu sehen, jedoch möchte sie gern herausfinden, ob der Sinneswandel daher kommt, dass sie in Fina verknallt ist, in ihr ein Vorbild gefunden hat oder was auch immer.
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Der süße Kuss des Blutes |GirlxGirl [Abgeschlossen]
VampiroSophia ist mit ihrer Schwester und ihren Freundinnen auf einer Akademie für Hochbegabte. Ihr Leben scheint ganz Normal: Einen festen, gutaussehenden Freund, eine glückliche Familie, eine gute Ausicht auf die Zukunft mit den besten Freunden, die man...