Der süße Kuss des Blutes - Kapitel 6

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Sophia hat sich fein herausgeputzt, dass muss er wohl oder übel zugeben. Sie ist trägt ein schwarzes, knielanges Kleid mit passendem schwarzen Oberteil. Eine lilafarbene Blume steckt in ihrem zusammengesteckten schwarzen Haar.
Sophia kann sich eigentlich nicht beklagen. Dave war wohl mit Abstand der süßeste, bestaussehende und lustigste an der Schule. Viele schwärmen für ihn, doch er hat sein Herz nur ihr geöffnet. Und das seit zwei glücklichen Jahren schon.
Er trägt einen Anzug und hat sie in ihr Lieblingsrestaurant ausgeführt. Sein Gesicht ist bis auf eine Narbe am Kinn von einem Hundebiss und einer schiefen Nase makellos. Ebenso wie sein Körper. Er ist freundlich, hat einen guten Sinn für Gerechtigkeit und ist unternehmungslustig. Sophia kann sich eigentlich nicht beklagen. Eigentlich. Seit ein paar Tagen fühlt sie diese Leere, seit vergangenem Freitag. Sie fühlte sich glücklich mit ihm, auch ohne Sex, es war eine wunderschöne Zeit, aber irgendwie war er ihr... Gleichgültig geworden. Sie weiß selbst nicht was mit ihr los ist. Sie teilen beinah fast alle Hobbys, lachen zusammen, sind gern unterwegs und streiten selten. Wo sind ihre Gefühle geblieben? Das ist ihre erste Richtige Beziehung, bei der sie glaubte, ihre Jungfräulichkeit jemandem schenken zu können, den sie mag. Momentan ist sie sich sicher, dass dies keine gute Idee ist.
Sie stochert in ihren Nudeln mit leckerer Käsesoße und Speckstreifen und fragt sich, warum ihre Gefühle und ihr Herz so einen Streich spielen. „Hey Schatz, was ist los mit dir?" Dave schaut sie wahrlich besorgt an. Wenn sie es wüsste, wäre sie auch schlauer. „Es ist nichts", lügt sie furchtbar schlecht. Jetzt wirkte er noch mehr besorgt. Sophia verschweigt nichts und redet immer heraus, wenn ihr etwas nicht passt, wie ihre Schwester, nur humaner. Er berührt sie zärtlich im Gesicht. Sophia erschrickt und fühlt sich sogar ein klein wenig angewidert von der Berührung, als wäre sie beinahe fremd. „Okay, erzähl. Was ist los?"

Er macht ein ernstes, aber wahnsinnig besorgtes Gesicht. Sophia antwortet nicht. Was soll schon sein? Sie ist verdammt nochmal durcheinander. Dave seufzt. „So kommen wir nicht weiter. So lieb wie ich dich habe, wenn du nicht offen mit mir redest, muss ich leider für heute Abend gehen." Er grinst etwas schief um zu verdeutlichen, dass er es keineswegs böse meint. „Ich..." „Ja?", wartet Dave neugierig, ob auf dem Ich noch etwas folgen würde. Eine Träne läuft ihre Wange herunter, nur eine einzige. Er will die Träne wegwischen, doch sie stößt seine Hand zurück. Erschrocken blickt er sie an. „Ist etwas passiert? Was ist los mit dir?" Sophia muss hier raus, die ruhige, entspannte Musik die hier gespielt wird auf einem Flügel, lässt sie wahnsinnig werden. Sie steht vom Tisch auf und rennt auf ihren schwarzen, flachen Schuhen nach draußen, mitten in den Regen. Dave überlegt kurz, rennt ihr aber hinterher.
Es regnet wie aus Eimern, zum Glück hat er seinen Schirm dabei. Er hasst nasse Kleidung wie die Pest. Auf der anderen Straßenseite sitzt sie, allein auf einer durchnässten Holzbank, das Gesicht in den Händen vergraben. Weint sie? Wahrscheinlich ja. Mit Regenschirm bewaffnet eilt er zu ihr, zum Glück ist die Straße frei. Er kniet neben der Bank nieder, vermeidet es sie zu berühren. Sie scheint durcheinander zu sein. Sie weint nicht einmal. Versucht sie es krampfhaft oder warum hat sie sonst ihre Hände vergraben? Nach einiger Zeit sieht sie auf. Sie ist komplett durchnässt, ihre Augen zeigen keine Spur davon, dass sie auch nur eine Träne vergossen hat. Nicht eine.
Besorgt schaut er sie an. Sie erwidert seine unausgesprochene Frage. „Ich...Ich weiß nicht was mit mir ist. Ich..." Er unterbricht sie. „Was auch immer es ist, du kannst es mir sagen. Du weißt, du kannst mir alles erzählen." Es wird dir aber kaum gefallen, denkt sie sich im Kopf. „Ich...meine...meine..." Wie soll sie es ihm sagen? Ich habe keine Gefühle mehr, warum auch immer, auf Wiedersehen? Sie begreift selbst nicht einmal, was in sie gefahren ist. Was soll sie nur tun? Alles hinwerfen, wofür sie so viel gemeinsame Zeit investiert habem? Wo sind nur ihre Gefühle abgeblieben, die nach und nach verschwunden sind? Ist es Zeit für einen Tapetenwechsel, etwas Neues? Oder gibt es womöglich einen ganz anderen Auslöser?
„Es tut mir leid." Mehr bekommt sie nicht aus ihrem Mund heraus. Mit großen Augen schaut Dave sie an. „Was tut dir leid?" Jetzt rollen ein paar Tränen über ihr Gesicht, sie gelten allerdings nicht ihm. Sie würde so gern Wasserfälle heulen, aber sie kann nicht. Warum verflucht nochmal? Warum muss ihr Kartenhaus immer zusammenbrechen, wenn das Leben gerade entspannt und friedvoll ist? Warum immer sie?
„Ich, meine Gefühle sind..." Mit entsetzten Augen schaut er sie an. Seine Augen füllen sich mit Wasser. „Warum? Sag mir wenigstens warum!" Sophia springt auf. „Ich weiß es doch selber nicht Mensch!", schreit sie ihn an, eher aus eigener Wut über sich selbst. Ruhig Dave, ganz ruhig. Es kostet ihn sichtlich Mühe, nicht in Tränen auszubrechen. „Du musst doch wissen warum! Es kann doch nicht von heute auf morgen vorbei sein? Oder bist du Fremd gegangen?" Empört schnaubt sie. „Du müsstest mich selber eigentlich gut kennen, oder irre ich mich etwa? Ich habe doch gesagt, ich weiß nicht was mit mir ist, versteh es doch! Ich finde es genauso Scheiße wie du!"
Die Trauer ist nun nicht mehr zu übersehen in seinem Gesicht. Er steht auf und wendet sich mit dem Rücken zu ihr. „Ist das alles, was du zu sagen hast?" Schweigen. Keine Antwort. Nicht eine. Sie wimmert nur leise, außer Stande zu weinen oder etwas anderes zu sagen. „Dann gibt es nichts mehr zu sagen." Er verschwindet im Regen, während sie sich zerfressen und halb wahnsinnig, -so fühlt sie sich zumindest- nach einer langen Phase des Heulens irgendwie versucht nach Hause zu schleifen.

Der süße Kuss des Blutes |GirlxGirl [Abgeschlossen]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt