Der süße Kuss des Blutes - Kapitel 95

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Ganz vorsichtig schaut Fina in das Wohnzimmer. Ihr blickt bereits ein freundliches Gesicht entgegen. "Hallo mein Schatz", begrüßt Finas wahrer Vater sie freundlich. Diesen Kerl, diese Stimme würde sie jederzeit wiedererkennen. Der maßgeschneiderte Anzug, der Bart, welcher wächst, wie er will, die schwarze Frisur, die recht kurz ist. Er wirkt so anders, besorgt, liebevoll, als hätte er seine Maske abgelegt. Sophia und alle anderen bis auf Elisabeth schauen verwirrt zu Fina, auch Anna scheint deutlich durcheinander. "Du? Du bist mein Vater?" Fina fragt dies eher nachdenklich, sehr nachdenklich, als könne sie nicht begreifen, was hier geschieht. "Ich wollte dir das nicht antun. Jeden Tag, jede Minute die ich dich sah, wollte ich dich in meine Arme nehmen. Ich denke, wir können das nun nachholen. Wenn du willst, kannst du mich umarmen. Wenn nicht, würde ich es voll und ganz verstehen. Ich war nie für dich da, nie."
Seine rothaarige Tochter verschränkt die Arme vor Direktor Sheppard, ihrem Vater. Ihr Blick richtet sich gegen ihn, Wut, Verständnislosigkeit. "Wo warst du, als diese Dreckskerle mich beinah vergewaltigten? Wo warst du, als man mir beinah mein Leben nahm? Warum hast du Samira sterben lassen? Du wusstet sicher wie Mama wo ich bin, all die Jahre, nicht wahr?"
Sheppard atmet aus, enttäuscht, erschöpft. "Ich verstehe deine Wut nur allzu sehr. Du musst mir jetzt genau zuhören, den ich habe dich nicht ohne Grund verlassen."
"Pfah. Jetzt bin ich mal gespannt, was die Ausrede ist." Sheppard vergräbt die Hände in seiner Hosentasche und kaut kurz auf seiner Lippe. "Fina. Ihr alle. Hört mir sehr genau zu. Ich bin den, welchen man Dracula nennt und seinen Tot vorgetäuscht hat. Ich habe mich verborgen vor alldem. Lediglich Elisabeth wusste davon. Nosferatu ist einer der letzten Urväter. Er verbarg sich allerdings nicht immer, nun, zumindest bis er einen Plan hatte. Die Weltherrschaft durch Vampire. Es gibt eine alte Legende, eine Auserwählte, die die Welt in Finsternis oder Licht führen kann, eine, durch die Licht und Schatten fließt, in einer Macht, verborgen, tief im inneren. Diese Macht will Nosferatu nutzen, er will dich nutzen. Ich..." Das nächste scheint im relativ schwer zu fallen, als wolle er es nicht erwähnen. "Ich bezahlte einen unheimlichen Preis. Nosferatu ist mächtig, hinterhältig und nicht zu unterschätzen. Ich wollte wissen, was er mit dir vorhat, weil du diese Macht in dir trägst. jeder Urvater oder Älteste spürt dich, deine Macht. Du bist ein Wunder, wie deine Schwester, aber du trägst diese Macht in dir. Nosferatus Plan wusste ich lange nicht. Ich bot ihm meine Dienste an, ließ deine Mutter von Kindern der Ältesten jagen, von der Kirche, damit deine falsche Familie dich brechen konnte. Aber ich wusste, dass Elisabeth dich retten würde, im letzten Moment. Alles musste so aussehen, als will ich dich gebrochen sehen und deine Mutter tot. Jeder Tag tat mir weh. Wie dem auch sei, Samiras tot geht auf die Kappe von Nosferatu, dass ist nicht mein Werk. Aber ich gewann durch die Sache mit deinem Stiefvater sein Vertrauen. Ich bereitete Fallen vor, schmiedete Pläne, Jahrhunderte lang bereiteten wir alles vor, trainierten unsere Attentate und wir warteten, bis du dich verliebst. Sophias tot würde deinen Willen brechen, dich zu einer Marionette werden lassen. Das will er. Sophia tot, du seine Dienerin, die ein dunkles Zeitalter einführt. Er will nichts persönliches von dir, aber er würde dich als Königin einsetzen, welche die Welt beherrscht, aber im Hintergrund dich steuer. Der Schmerz, den du abgesehen von Samira erlitten hast, ist durch mich entstanden. Das alles aber nur, um an Informationen zu kommen, an seine Verstecke, seine Pläne. Ich erzähle es dir, weil er Sophia töten wird, und du kannst es nicht verhindern. Es sei den, wir töten ihn, heute Nacht, bevor er dich bekommt. Ich habe schreckliches getan, ohne Zweifel und es ist fragwürdig, warum ich so etwas tue, obwohl ich dich liebe, wie es ein besorgtes Elternteil nur lieben kann. Ich habe dein Leben teilweise ruiniert, zur Hölle werden lassen, aber das alles, damit ich dir erzählen kann, was dir bevorsteht. Wenn er tot ist, gibt es keinen mehr, der dich brechen will, niemanden. Er ist der letzte, der aus dem Weg geräumt werden muss. Und ich habe dir das alles nur erzählt, weil wir deine Hilfe brauchen. Zu dritt, zu viert mit Lilith können wir ihn vernichten, für alle Zeit. Dann kannst du in Frieden leben, für immer. Das ist der Traum, für den ich Jahrhunderte ein schlechtes Gewissen trage, Jahrhunderte bereue, nicht, dein Vater gewesen zu sein, auch, wenn deine Mutter wohl viel mehr deine Bezugsperson ist und sowieso geworden wäre, dafür seid ihr euch zu ähnlich. Aber wir müssen es beenden, bevor Nosferatu es beendet. Heute Nacht. Für alles, was ich getan habe, tut es mir unendlich leid. Es gibt keine Enschuldigung dafür, keine Ausrede, nichts. Es ist unverzeihlich. Aber das war der einzige Weg, den ich sah, um dich eines Tages von ihm und seiner Verfolgung zu befreien. Und deine Schwester tötete Alex, seine uns bekannte letzte Anhängerin, eine gefährliche Frau. Ich musste sie leider auch benutzen, aber mir blieb keine andere Wahl." Dracula hat geendet. Fina schaut ihre Mutter an, die nur nickt, als Zeichen, dass dies der Wahrheit entspricht. Ihr gesamtes Leben also, hat Nosferatu sie beschattet, ihr Samia genommen, ihr Leben zur Hölle werden lassen und er will ihr nun Sophia nehmen. Viele Informationen kreiseln in ihrem Kopf. Sie empfindet Wut gegenüber ihrem Vater. Warum hatte er sie so viel Grausamkeiten durchleben lassen? Hat es den keine alternative gegeben? Ihr ganzes Leben hätte einfacher verlaufen können. Vielleicht wäre sie mit Samira zusammen, mit Sophia oder mit jemand anderem. Sie hätte glücklich Leben können, mit Mutter und Vater, ihrer Schwester Lilith. Dieses Recht nahm man ihr vor über 800 Jahren. 800 Jahre sorgte Nosferatu dafür, dass Dracula ein falsches Spiel spielte. War ihr Leben eine Lüge? Nein. Es ist beeinflusst worden, seit ihrer Geburt. "Ich reiße diesem Bastard den Kopf ab, oder ihr. Hauptsache, er stirbt diese Nacht. Ich kann dir weder verzeihen, noch dich beschuldigen, noch dich wie einen Vater lieben. Aber ich vertraue dir. Und ich will diesen Bastard tot sehen! Ich will endlich Lieben, Leben und Lachen, ohne Angst, ständig getötet zu werden oder bedroht zu werden!" Finas einziger Wunsch ist endlich Frieden. Sie hat sich etwas mit Sophia aufgebaut. Etwas, was mehr ist, als nur Liebe oder Zärtlichkeiten. Mit dieser Frau will sie das Ende aller Zeiten sehen. Und dafür muss heute Nacht jemand sterben. Jemand, der ihr ganzes Leben ruinierte.

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