Palk - Finde dein Schicksal [Überarbeitung seit 08.2023]

Kapitel 9: Auf der Suche I

Okanur stand geduldig am Nordeingang des Marktplatzes und wartete auf seine Kameraden. Sie waren übereingekommen, sich gleich nach dem Besuch bei Iniri, hier zu treffen und Kriegsrat zu halten. Zu diesem Zweck und weil er schließlich keine Ahnung hatte, was da kommen würde, hatte Okanur sich dazu entschieden, die Arbeit heute einmal vollständig ausfallen zu lassen. Leisten konnte er es sich immerhin. So wie eigentlich immer zu dieser Jahreszeit, war das Wetter an diesem Vormittag wieder besonders schön. Die Sonne schien am praktisch wolkenlosen Himmel, ein angenehmes Lüftchen wehte und die Temperatur war ausgesprochen angenehm. Früher als erwartet, kamen Palk und Lakran auf ihn zu, begrüßten ihn und Okanur sah gleich, dass die Stimmung nicht unbedingt entspannt war.

So kurz wie möglich, erklärtem sie ihrem Freund, was womöglich in den folgenden Stunden auf sie zukommen würde und entgegen Lakrans Erwartungen, war Okanur keineswegs so pessimistisch wie er. Im Gegenteil. Der Händler schien sich richtig auf das kleine Abenteuer zu freuen. Für Palk war dies nicht wirklich verwunderlich, hatte sich Okanur bisher schließlich kaum weiter als bis zum Marktplatz und zurück nach Hause bewegt. Es war weniger schwer als erwartet gewesen, ihn zu ihrem kleinen Team hinzuzufügen und sein offensichtlicher Tatendrang war der Grund dafür. Als ihre Lagebesprechung abgeschlossen war und die Planung feststand, grinste er voll Enthusiasmus.

"Ich hab mich schon um alles gekümmert, wir können uns also sofort auf den Weg machen." An gewöhnlichen Arbeitstagen bekam er nicht viel mehr zu sehen als Bieterkriege und Streit unter Kunden, wenn jemand ein Objekt erwarb, das ein anderer haben wollte. Und selbst dies geschah überschaubar selten.

"Hier, ich hab diese Karte von Yurenas bekommen, als ich vor einiger Zeit die Gegend erkundet habe", meinte Palk und zog ein sorgfältig zusammengefaltetes Blatt Papier aus seiner Tasche, das Okanur in ein Seitenfach seiner kleinen Reisetasche steckte. "Offenbar dachte er, ich wäre zu dämlich, den Weg zurück zu finden, wenn ich weit genug gelaufen bin", fügte er hinzu.

"Und? Hatte er Recht?", fragte Lakran grinsend und Okanur musste lachen. Palks verzog genervt das Gesicht und kniff leicht die Augen zusammen.

"Halt die Klappe!", antwortete er nur und seine Freunde schüttelten sich vor Lachen. Sie blieben noch einige Minuten an ihrem Treffpunkt stehen und unterhielten sich. Dann wurde es Zeit, sich an die Arbeit zu machen.

Okanur und Lakran schlugen den Weg ein, der an den Feldern vorbei, weit aus der Stadt heraus führte, bis sie sie irgendwann nicht einmal mehr aus der Ferne sehen konnten. Sie nahmen die Karte zu Hilfe, um nicht versehentlich falsch abzubiegen und wertvolle Zeit zu verlieren. Palk hatte ihnen erklärt, dass sie dank der sehr genauen Dokumentation von Yurenas persönlich, innerhalb von vier Stunden Fußmarsch in Lakya-Rapīlo ankommen würden. Als die beiden fast die Hälfte der Zeit hinter sich hatten und zu ihrer leichten Erschöpfung auch noch Langeweile kam, versuchte Lakran ein tiefergehendes Gespräch in Gang zu bringen.

"Welche besonderen Fähigkeiten hast du eigentlich? Palk meinte ja, dass du stärker bist, als du zugibst." Okanur zögerte einen Augenblick.

"Ich bin ziemlich groß", sagte er gedehnt und grinste.

"Nein, wirklich. Das ist zu offensichtlich. Du kommst doch aus einem anderen Land, da wüsste ich wirklich gern, was man bei euch so für Zeug kann."

"Wenn ich ehrlich sein soll, gibt es für die Überlegenheit von Mu nur zwei echte Gründe", erklärte Okanur. "Zum einen ist dieses Land so groß, dass es jeden Kontinent auf der Erde in den Schatten stellt und dann ist unsere Technologie auch einfach viel besser entwickelt als die der meisten anderen Länder." Okanur bemerkte erst jetzt, dass seine Schienbeine schmerzten und dachte darüber nach, ob er Lakran eine außerplanmäßige Pause vorschlagen sollte. Der sah nämlich auch nicht gerade aus, als würde er noch sonderlich lange durchhalten, auch wenn er krampfhaft versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.