Kapitel 21: Nachtmahr III

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Arīsak traute ihren Augen nicht, als Makān sich plötzlich zu verändern begann. Sein Kopf verformte sich zu dem einer Kobra und sein Hals wuchs, während er sich mit harten Schuppen überzog. Die Krallen an den größer werdenden Händen, hatten eine Länge von mehreren Zentimetern und die zwei spitzen Vorderzähne, ragten in weitem Abstand zueinander, über die Unterlippe hinaus. Aus ihnen tropfte unentwegt eine grünliche Flüssigkeit, die bei jeder Berührung mit dem Boden, ein leises Zischen von sich gab, ehe ein winziger Brandfleck zu sehen war. 

Seine Haut war noch dunkler geworden und hatte an mehreren sichtbaren Stellen, ein goldenes Ringmuster bekommen. Makān zischte auf Arīsak zu, die sich schreiend aus dem Weg warf. Makān hatte während seines Weges kein einziges Geräusch gemacht und als er den Mann packte, der unbemerkt von Arīsak durchs Fenster geklettert war, reichte ein Blick von ihm, um den Mann erst verwirrt blinzeln und dann vor Angst schlottern zu lassen. Als wäre er eine Schnitzfigur, packte er den Mann am Kragen und schleuderte ihn aus dem Fenster, wo er bewusstlos liegen blieb. 

Noch ehe Itiama irgendetwas sagen konnte, war der veränderte Makān an ihm vorbeigezischt und hatte mit seinen scharfen Klauen, zwei der Angreifer in blutüberströmte, gurgelnde Fleischfetzen verwandelt. Vollkommen panisch, brachten sich Itiama und Arīsak in einer Ecke des Raumes in Sicherheit und schauten sich das grausame Schauspiel an, welches von den Flammen der brennenden Mülltonne auch noch grotesk beleuchtet wurde. Makān riss das unheimlich verzerrte Maul auf und zischte mit seiner gespaltenen Zunge:

"Noch achtzehn von euch sind übrig." Er grinste und seine Augen leuchteten wieder auf. Dann drehte er den Kopf seinen Kameraden zu. "Hab ich euch nicht gesagt, dass ich verschwinden sollt?" Ohne weiter zu überlegen, sprangen Arīsak und Itiama auf das gesplitterte Fenster zu, schwangen sich über das Fensterbrett hinweg und landeten hinter dem Haus. Itiama rollte sich zusammen und hielt sich den schmerzenden Bauch, der die Landung nicht gut verkraftet hatte.

Arīsak riskierte einen Blick ins Innere der Praxis, wo Makān gerade wild die Arme schwingen ließ und die sieben Männer, die bereits eingedrungen waren, an sich herankommen ließ. Sie bemerkte, dass er die ganze Dunkelheit des Raumes zu sich heranzog und sie sich wie einen Schutzschild zurecht formte. Dann riss er die Arme auseinander und die Schatten explodierten in alle Richtungen davon. Arīsak konnte sich gerade noch unter einem Schwall Schwärze hinweg ducken, hörte aber deutlich, dass die manipulierten Feinde nicht so viel Glück gehabt hatten.

"Was machen wir jetzt?", wisperte sie fast wimmernd. 

"Wir müssen ihn beruhigen, bevor er die alle umbringt und dann müssen wir den finden, der für das hier verantwortlich ist", antwortete Itiama fassungslos.

"Danke für diesen genialen Plan!", meckerte sie panisch. "Und wie sollen wir das machen?"

"Das ist überhaupt nicht nötig", antwortete eine vertraute Stimme hinter ihnen. Sie fuhren herum und da stand die Ärztin, die sie noch immer nicht nach ihrem Namen gefragt hatten.

"Wo zum..-" Arīsak wurde von ihr unterbrochen.

"Ich bin hier, um den Halbgott zu vernichten, mehr will ich nicht."

"Gegen Makān haben Sie keine Chance, egal wie stark Sie sind", erwiderte Arīsak. 

"Und weshalb wollen Sie ihn überhaupt töten? Er hat Ihnen doch nichts getan, oder?", wollte Itiama wissen.

"Diese Wesen sind eine Bedrohung für den Frieden auf unserer Welt", antwortete die Frau. "Wenn wir nicht wollen, dass sie eines Tages alles vernichten, müssen wir ihre Existenz bekämpfen und zwar mit allen, uns zur Verfügung stehenden Mitteln."

"Soll das heißen, es gibt noch mehr von denen?" Arīsak sah sie zweifelnd an.

"Hast du eine Ahnung, Kind", spottete die Frau und in dem Moment, flog ein weiterer Kontrollierter durch das Fenster zu ihnen. "Siehst du, was diese Bestie anrichtet?", fragte sie und beugte sich zu dem Mann herunter. Sie ließ ihre Hand über seinem Kopf kreisen und fing das kleine Licht auf, das aus seinen glasigen Augen entwich. Er öffnete die Augen und sah sich verwirrt um. Dann erblickte er die Frau neben sich und rannte wie der Teufel. 

"Makān hat sich nur in...das da verwandelt, weil Sie diese unschuldigen Menschen auf uns gehetzt haben!", stellte Arīsak wütend klar. 

"Woher willst du wissen, dass das mein Werk ist?", wunderte sich die seltsame Frau.

"Ich fand Sie von Anfang an merkwürdig", antwortete Arīsak. ihr Gegenüber lächelte resignierend, womit sie die Frage beantwortete. Allerdings kehrte sie gleich zum Thema zurück und zeigte auf den wütenden Makān.

"Schon die Tatsache, dass er es kann, lässt mich daran zweifeln, ob er weiter existieren sollte", gab die Frau zurück. Itiama konnte sich selbst nicht erklären, woran es lag, aber er spürte, dass mit dieser Frau nicht zu spaßen war. Sie hatte etwas an sich, dass sie gefährlich machte. Durch das Brüllen und Zischen, das aus dem Gebäude drang, fragte er sie mit lauter Stimme:

"Wenn ich es schaffe, dass er sich wieder beruhigt und er sich zurück verwandelt, lassen Sie ihn in Ruhe?" Die Frau lachte.

"Du willst ihn dazu bringen, mit dem Töten aufzuhören? Jetzt, wo es gerade so einen Spaß macht? Er hat Blut geleckt und er wird nicht aufhören, bis es keinen Gegner mehr gibt, den er bekämpfen kann", erklärte sie ihm und wollte durch das Fenster klettern. 

"Ich schaffe das!", sagte Itiama entschlossen und die Frau überlegte kurz.

"Schön, versuch's. Wenn du es nicht schaffst, bringt er dich sowieso um." Itiama schluckte kurz, nickte dann und drängte sie zur Seite. Er sprang auf das Fensterbrett und sah ins Innere. Makān bewegte sich derart schnell, dass es ihn fast an den Kampf zwischen Tiraitān und Lakran erinnerte, den er sich angesehen hatte. Obendrein machte der Schlangenmensch dabei keinerlei Geräusche, oder warf irgendetwas um. Seine Bewegungen waren so elegant, dass man die Gefahr, die von ihm ausging, beinahe vergessen konnte. 

Gerade packte er den Hals von einem der drei noch lebenden Gegner und ließ ihn einfach in seiner Hand zerplatzen. Itiama machte große Augen, als er feststellte, dass Makān auch noch die Stärke von hundert Männern zu haben schien. Er setzte alles auf eine Karte und sprang zwischen einen weiteren Kontrollierten und Makān, der ihn sich gerade vornehmen wollte.

"Beruhig dich, Makān! Du hast sie schon alle besiegt!", rief er laut, als könne sein Verbündeter ihn nicht verstehen. Der streckte nur seine gespaltene Zunge heraus und zischte. Allerdings hielt er tatsächlich inne und Arīsak strahlte, als sie das beobachtete. "Du hast uns gerettet, bitte verwandele dich jetzt zurück in unseren Freund!", bat Itiama, noch immer genau so laut. Makān sah ihn weiterhin nur an. Dann endlich öffnete er sein Maul.

"Nicht alle", sagte er ruhig und begleitet von einem leisen Zischen.

"Wie bitte?", fragte Itiama und versuchte, ebenfalls ruhig zu werden. 

"Ich habe nicht alle besiegt", antwortete Makān und seine Augen begannen wieder, intensiv zu leuchten.

"Warte!", rief Itiama und in letzter Verzweiflung, griff er einfach nach Makāns Schlangenartigem Kopf und legte ihm seine Hand auf die schuppige Stirn. Dem schien das gar nicht zu gefallen, denn er holte aus und als Itiamas Hand zu leuchten begann, die Makān langsam wieder zu Verstand bringen sollte, bohrte der seine Krallenhand in den Brustkorb seines Verbündeten. Itiama wurde schlaff und aus seinem Mund floss Blut. Seine Augen verloren ihren Glanz und dann kippte er zur Seite. 

Langsam bildete sich erst der Kopf, dann der Hals und schließlich der restliche Körper des Halbgottes zurück und als er mit klaren Augen auf seine blutüberströmten Hände schaute, packte ihn der blanke Schrecken. Er hielt das noch pochende Herz seines Kameraden in der Hand Linken, der zu seinen Füßen, auf dem Boden lag. Arīsak kreischte auf als er es zerplatzen ließ, wie eine überreife Frucht. Sie drehte sich in Panik zu der seltsamen Frau um, die jedoch schon gar nicht mehr da war, setzte sich auf den Boden, unfähig sich zu rühren und flüsterte immer wieder:

"Monster!"

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