Kapitel 17: Die etwas komplizierte Lage I

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Am nächsten Morgen, 9:20 Uhr

Als Itiama erwachte und sich erheben wollte, spürte er gleich als erstes, den beißenden Schmerz seiner zugenähten Bauchwunde. Sein Oberteil hatte man ihm ausgezogen und neben ihn auf den Schreibtisch gelegt, auf dem er erwacht war. Er setzte sich vorsichtig auf und blickte mit verschwommenen Augen um sich. So weit er es erkennen konnte, waren nur ein Typ mit Schwert, der auf einem Hocker neben der Tür saß und ein weiterer Schlafender im Raum.

"Palk?", fragte er leise, als er wieder besser sehen konnte und rieb sich die Augen. Es kam keine Antwort und Palk rührte sich auch nicht. "Hey, Palk!", sagte er lauter und deutlicher, doch es geschah weiterhin nichts. Er schüttelte den Kopf und schmunzelte.

"Wie kann man nur im Sitzen einschlafen?" Gesagt hatte das Mizlok, der sich ebenfalls aus der Waagerechten in die sitzende Position stemmte und dabei seine bandagierte Schulter hielt.

"Ich hab gerade genau das Gleiche gedacht", lachte Itiama und verstummte gleich wieder, als er den Schmerz fühlte, den sein Lachen verursachte.

"Er schläft nicht, das ist nur ein Doppelgänger. Der kann euch nicht hören", erklärte Lakran, der unerwartet vom Boden hochschoss und die beiden Patienten angrinste. "Alles klar bei euch?", fragte er und Itiama sah zu Mizlok rüber, der sich ebenfalls noch nicht ganz sicher war.

"Wo sind die anderen?", wollte Itiama wissen.

"Die sind im Warteraum", erklärte Lakran.

"Warteraum?" Mizlok verstand nicht so recht.

"Ja, Warteraum, sag ich doch. Ihr seid hier in einer Arztpraxis", klärte Lakran sie auf.

"Oh nein, wir haben euch ja ganz schön aufgehalten", ärgerte sich Itiama.

"Kein Problem, wir konnten alle eine Pause vertragen und eure Gesundheit ist wichtiger als die Mission", meinte Lakran freundlich und ging zur Tür. "Ich werde mal den Anderen Bescheid geben, damit sie nach euch sehen."

"Warum hat der Typ einen Doppelgänger hier hingesetzt der uns nicht hören kann und auch nichts tun kann, wenn was passiert?", fragte Mizlok verständnislos und legte sich wieder hin.

"Damit ich weiß, wenn etwas passiert", kam es von der Tür, in der Palk gerade erschien und ihn emotionslos ansah. "Beim letzten Einsatz des Holosteins hab ich festgestellt, dass er zwar nichts eigenständiges tun kann, aber ich kann durch seine Augen sehen und meine Feinde für einen Augenblick verwirren. Zu diesem Zweck hab ich ihn benutzt."

"Aha", war alles, was Mizlok von sich gab.

"Wie ich sehe, bist du wieder fit genug, um zu laufen", stellte Palk fest und kam auf seine Liege zu.

"Alter, ich bin gerade aus der Ohnmacht aufgewacht", beschwerte sich Mizlok.

"Stimmt und das heißt, du bist wach und einsatzbereit", erwiderte Palk trocken und ließ den Blick zu Itiama schwenken. Augenblicklich legte er einen freundlicheren Blick auf und ging zu ihm herüber. "Was macht deine Verletzung? hast du starke Schmerzen?"

"Es ist auszuhalten, aber ich fürchte, heute werde ich keine Hilfe sein", antwortete Itiama.

"Das warst du auch gestern nicht", mischte sich Mizlok von der Liege aus ein.

"Du warst ja wohl auch nicht erfolgreicher", gab Palk zu bedenken.

"Und was hast du erreicht?", fragte Mizlok hämisch und sah sich den verletzten Arm und das Gesicht von Palk an, das von einer länglichen Peitschenhiebverletzung gezeichnet war. Einer seiner Ärmel fehlte und seine Kleidung war völlig verdreckt.

"Ich hab den Typen erledigt, der dich kaputtgehauen hat und dann hab ich den erledigt, der auf dich eingehackt hat, als wärst du ein Schnitzel", gab Palk zurück und Mizlok war still.

"Aha, ihr seid also endlich mal wach." Makān betrat den Raum und begutachtete nacheinander seine beiden Arbeiten, die er am Vorabend geleistet hatte.

"Hast du das alles allein gemacht?", wunderte sich Itiama, während Makān nach dem richtigen Schmerzlinderer suchte.

"Was hast du eigentlich mit der Frau gemacht, die du manipuliert hast?", wollte Palk wissen.

"Junge, Junge, ihr stellt mir gleich nach dem Aufstehen einen Haufen fragen", säuselte Makān und kicherte in sich hinein. "Die ist wieder die Alte, ich hab ihr alles erklärt und sie kooperiert bedingungslos."

"Du hast sie also in deinem Bann gelassen", erkannte Palk.

"Natürlich hab ich sie in meinem Bann gelassen, wir brauchen sie noch."

"Itiama, könntest du..?" Itiama grinste Palk gütig an und nickte.

"Schick sie her." Palk verließ den Raum und kehrte sofort mit der Frau im Schlepptau zurück, die noch immer eine unglaubliche Angst hatte, weil Makān es so wollte. Palk führte sie zu Itiama, der sie zu sich heranzog, seine Hand auf ihre Stirn legte und beide schlossen die Augen. Als die Frau sie wieder öffnete, lächelte sie.

"Danke, ich hab gedacht, ich muss für immer in Panik bleiben", sagte sie glücklich, bis ihr Blick auf Makān fiel, der sich gerade zu ihr umdrehte und einige Fläschchen in der Hand hielt. "Wer bist du und was willst du hier eigentlich?"

Dass sie wütend war, konnte Palk gut verstehen, aber dass sie dazu im Moment in der Lage war, wunderte ihn schon. Er wusste, dass auch Itiama etwas davon verstand, Menschen zu manipulieren, auch wenn er es nur auf beruhigende und entspannende Weise konnte. Warum die Frau sich trotzdem aufregen konnte, blieb ihm ein Rätsel.

"Tut uns leid, dass wir Ihnen solche Umstände gemacht haben, aber wir hatten keine andere Wahl." Palk hatte sich entschieden, die Frage lieber selbst zu beantworten, bevor Makān den Mund aufmachen und alles noch schlimmer machen konnte. "Unsere Freunde brauchten sofort Hilfe und wir hatten absolut keine Zeit, Ihnen das Ganze zu erklären."

Nachsichtig sah sie Palk einige Sekunden an und ging dann zu einem der anderen Schränkchen, die der Tür gegenüber hingen. Sie nahm Makān zwei der Medikamente ab, die er im Arm hatte und ersetzte sich durch neue, die sie eigenständig zu ihrem Platz brachte.

"Woher..?"

"Hatte so ne Ahnung", unterbrach sie seine irritierte Frage. "Ich arbeite schon sehr lange für Doktor Nahyd und konnte mir denken, was du da vor hast."

"Dann scheine ich meine Arbeit ja ganz gut zu machen", vermutete Makān und grinste.

"Nicht gerade ein Meisterwerk, aber trotzdem beeindruckend", erwiderte sie und er wusste nicht, ob er sich darüber freuen sollte oder nicht. "Ich kümmere mich jetzt um den Rest und ihr ruht euch erstmal aus", entschied die Frau. "Nachher werden wir uns mal in Ruhe unterhalten."

"Das ist wohl das Beste", antwortete Palk nickend und gab Makān ein Zeichen, ihm zu folgen. Auch Lakran, der im Türrahmen gestanden und alles beobachtet hatte, verschwand nun. Kaum dass die Frau mit den Patienten alleine war, sah sie zu Itiama herüber.

"So, ihr habt also unseren einzigen Arzt umgebracht, ja? Möchtest du was dazu sagen, Schätzchen?"

"Äh, eigentlich nicht", überfordert mit der Situation, schüttelte Itiama den Kopf. Innerlich war er froh, dass seine Manipulation anscheinend doch noch ein wenig wirkte. Vermutlich wäre die Frau sonst gleich wieder durchgedreht. 

Palk - Finde dein Schicksal [Überarbeitung seit 08.2023]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt