10. Kapitel

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 „Komm endlich." Zayn sagt das bestimmt schon zum sechsten oder siebten Mal. Ich schmeiße einige Klamotten in eine Reisetasche und hetze ins Bad. „Ja, warte!" - „Wie lange denn noch? Wir wollten schon vor zehn Minuten los!" meckert er ungeduldig. Zugegeben, das wollten wir, aber er könnte mir auch einfach helfen, anstatt zu jammern. Gestern Abend habe ich irgendwie vergessen, meine Sachen zu packen; es lief ein Fußballspiel und das hat mich abgelenkt.

Heute Morgen hat mein Wecker dann nicht geklingelt und dem entsprechend wenig Zeit hatte ich. Schnell sammle ich Zahnbürste, Zahnpaste, Duschgel, Shampoo, Rasierer und alles andere zusammen und schmeiße es in die Tasche. Zayn steht fertig angezogen an der Haustür und klappert mit dem Schlüsselbund. Ich verdrehe die Augen, schnappe mir Handy und Portemonnaie und schlüpfe in meine Vans. „Bin ja schon fertig."

„Endlich." mault er, als ich in den Hausflur trete und er die Wohnungstür abschließt. Vielleicht sind wir wirklich etwas spät dran, aber zur Not können wir es auf den Londoner Berufsverkehr schieben. Außerdem kann ich Montag auch einfach etwas länger bleiben.

Wir kommen nur etwa fünf Minuten zu spät auf dem Parkplatz an und als ich die Achte betrete, sehe ich Vicky noch mit einer Kollegin quatschen und Trevor ist auch noch nicht da. Wieso hat Zayn so ein Drama geschoben? Es ist doch alles gut. Ich setze mich und fange an, meinen Artikel von gestern Abend zu überfliegen und zu überarbeiten. Langsam aber sicher finde ich mich in die Welt der Stars und Sternchen ein. Ich glaube trotzdem nicht, dass ich wie Vicky, nur hier arbeiten könnte. Nein, irgendwann würde ich durchdrehen. Ich frage mich ja jetzt schon mindestens dreimal die Woche, wen das eigentlich interessiert.

Wie gut, dass ich bald wieder auf der Siebten bin.

Ich komme gut voran und es dauert nicht lange, bis ich Trevor meinen fertigen Artikel auf den Schreibtisch lege und mich an eine kleine andere Story setze. Es ist nichts großes; noch jedenfalls. Irgendwie soll ein Schauspieler in einem Interview von gestern etwas schlechtes über einen Kollegen von ihm gesagt haben und vielleicht entwickelt sich daraus das nächste große Drama; das weiß man noch nicht. Es wird wohl kaum mehr als eine halbe Seite einnehmen.

Mittags gehen Vicky und ich zu dem Imbiss einen Block weiter. „Hast du nächste Woche Samstag Zeit?" fragt sie mich, als wir uns mit unserem Essen setzen. „Ja, wieso?" - „Ich würde ganz gerne einkaufen gehen, Zayn und Jeff frage ich noch." - „Babykleidung?" frage ich sie und sie nickt grinsend. „Ja, aber nicht nur Fußball-Sachen!" Ich verdrehe lachend die Augen. „Schon klar. Aber ein Trikot werde ich kaufen und das weißt du." Sie seufzt, nickt aber amüsiert. „Als hätte ich damit nicht schon gerechnet."

Ich zögere einen Moment, frage sie aber dann „Ist dir eigentlich aufgefallen, wie seltsam Trevor sich verhält?" Verwundert schüttelt sie den Kopf. „Nein, was macht er denn?" Ich zucke mit den Schultern. „Er ist so.. nett." - „Er ist immer nett." meint sie irritiert und lacht. „Nicht zu mir. Eigentlich." widerspreche ich. „Aber seit ein paar Tagen, keine Ahnung, ist wahrscheinlich auch unnötig." winke ich ab.

„Mir ist es nicht aufgefallen, aber jetzt werde ich definitiv drauf achten." antwortet sie mir und dippt eine ihrer Pommes in ihren Milchshake. „Das ist voll gut!" rechtfertigt sie sich empört auf meinen skeptischen Blick. „Ja..." - „Hier!" sie hält mir eine Pommes hin, aber ich schüttle denk Kopf. Danke, aber nein danke. „Iss du dein Essen ruhig, ich habe noch." weiche ich aus, sie zuckt mit den Schultern und isst weiter.

Die restlichen Stunden ziehen sich wie Kaugummi und ich habe das Gefühl, wenn ich auf die Uhr schaue, ist der Feierabend jedes Mal etwas weiter entfernt. Die Zeit will und will nicht vergehen. Mit meinem Artikel von heute Vormittag war Trevor so zufrieden, dass ich ihn nicht einmal überarbeiten soll. Auch gut, weniger zu tun für mich. Dann endlich habe ich Feierabend. Schnell habe ich meine Sachen zusammengepackt und den Computer ausgeschaltet. Vicky steht mit zwei anderen Kollegen und mir im Aufzug nach unten.

This OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt