15. Kapitel

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Ich schlucke und nicke. Irgendwie hat sie recht, aber ich habe ja nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass man Harrys Gesicht auf einem Titelblatt zu sehen bekommt. Inzwischen denke ich auch anders darüber, als noch vor einigen Monaten, aber es ist nun einmal irgendwie die Aufgabe der Presse. Klar ist es nicht das gleiche, wenn ich über Harrys neues Charity-Projekt schreibe, als wenn es seine neuste Party-Eroberung ist, aber es ist mein Job.

Früher war es mir ziemlich egal, ich dachte einfach, es muss geschrieben werden, was die Menschen lesen wollen, aber inzwischen frage ich mich auch, was es denen denn bringt, zu erfahren, wo Harry gerade ist, mit wem und was er dort tut, wenn es nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Wozu wollen denn so viele Menschen wissen, wie er seinen Tee trinkt, wann er aufsteht und wann es bei ihm Frühstück gibt? Es gibt doch wirklich wichtigeres im Leben als das.

„Wollt ihr eure Beziehung eigentlich öffentlich machen?" fragt sie mich dann und ich seufze. „Ja, bald, aber noch genießen wir unsere Ruhe." erwidere ich ausweichend. Ich muss ihr nicht direkt sagen, dass ich die Vorstellung nicht mag, irgendwo abgelichtet zu werden. Skeptisch sieht sie mich an. „Aber du weißt, dass es früher oder später der Fall sein wird?" fragt sie mich dann mit Nachdruck und ich verdrehe die Augen. „Natürlich ist mir das klar." antworte ich ein wenig genervt.

Was denkt sie denn? Dass ich mich auf Harry einlasse und erwarte, dass die Öffentlichkeit unser ganzes Leben lang nichts davon mitbekommt? Abgesehen davon, dass jedem sofort klar sein sollte, das das wohl mehr als nur ein wenig unrealistisch ist, bin ich mit der Arbeit der Presse ziemlich gut vertraut und weiß, was gefragt ist; und das ist nun einmal Harrys Leben, was er tut, was er mag, wen er mag.

„Weißt du, ich hatte echt nicht gedacht, dass Harry jemand mit herbringt. Es ist so etwas wie sein zweites Zuhause, aber das hast du mit Sicherheit schon bemerkt. Du musst ihm wirklich etwas bedeuten." wechselt sie dann das Thema. Ich beiße mir auf die Innenseite meiner Wange und nicke. „Hab ich schon gehört... wir wollten eigentlich schon vor ein paar Wochen herkommen, aber das hat leider nicht geklappt."- „Wieso das nicht?" verwundert sieht sie mich an und ich seufze. „Ich hab in den Staaten festgesessen. Ich war beruflich dort unterwegs und habe nicht mitbekommen, das mein Schengenvisum ausgelaufen ist. Tja und am Flughafen wurde ich dann an der Passkontrolle abgewiesen und konnte nicht zurück nach England." erzähle ich ihr und sie mustert mich.

„Du bist Amerikaner?" fragt sie dann und ich nicke. „Ja, ich bin vor ein paar Jahren für mein Studium hergezogen." erzähle ich ihr. „Jetzt höre ich auch den Akzent." erwidert sie amüsiert. „Vorher ist mir der echt nicht aufgefallen." Ich zucke mit den Schultern. Mein Akzent ist in den letzten Jahren so gut wie verschwunden, die wenigsten merken mittlerweile noch, dass ich kein Brite bin; lediglich, wenn ich getrunken habe, kommt er wieder stärker durch und man könnte es merken.

„Dann beantragst du aber doch bestimmt die Staatsbürgerschaft, oder?" Irritiert blicke ich sie an. „Wieso das?" - „Naja, das mit dir und Harry scheint etwas ernstes zu sein und auch, wenn ich das nicht so sehe, viele werden sagen, dass der Prinz doch nicht mit einem Amerikaner zusammen sein kann." erklärt sie mir und betont dabei das Wort Amerikaner, als wäre es eine Krankheit. Ich schüttle den Kopf und frage mich, wie sie auf so etwas kommt. „Was soll daran so schlimm sein? Wir ziehen ja nicht in die Staaten?

„Trotzdem. Du solltest dich darauf vorbereiten, dass es nicht gerade Begeisterung auslösen wird, wenn alle erfahren, dass Harry sich für jemanden von der anderen Seite des Teichs entschieden hat. In dieser Hinsicht ist das Land noch sehr traditionell." Wohl eher verklemmt. Was ist denn so schlimm daran, dass ich nicht von hier bin? Wen interessiert das bitte?

Wirklich glauben, was Anny da sagt, will ich nicht. Ich schaue zu Harry und bemerke, dass er sich mit Yorick und zwei anderen über das neue Pferd unterhält, das wohl die nächsten Wochen hier einziehen wird. Ich bekomme mit, dass es beim Training gestürzt ist und dass Yorick sich dem Tier annehmen wird. Weiter zuhören kann ich aber nicht, da Anny mich schon wieder anspricht.

„Was machst du eigentlich, Louis? Also beruflich?" verwundert sehe ich sie an und antworte dann zögerlich „Ich.. äh.. ich arbeite bei -" - „Er ist Journalist." unterbricht Harry mich lächelnd. Perplex sieht Anny erst mich und dann Harry an. „Aber du kannst Journalisten nicht ausstehen?!" Ja, danke auch. Harry winkt ab. „Wie du siehst, hat Louis das aber geändert." Skeptisch mustert sie mich und scheint nicht sonderlich begeistert von meinem Beruf zu sein.

„Und wo arbeitest du?" möchte sie dann wissen. „Bei MiRoyl, das -" - „Dieses Klatschblatt?" Ich schüttle genervt den Kopf. „Nein, ein Magazin. Die Sun ist ein Klatschblatt." antworte ich patziger, als ich vorhatte. Sie schüttelt den Kopf. „Diese Zeitungen sind doch alle gleich." Ich glaube, ich höre schlecht. Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den Zeitschriften und Magazinen!

„Das sind sie nicht." meine ich nur, anstatt mich aufzuregen und überlege, ob ich noch etwas dazu sagen soll, aber da hat Harry schon das Wort ergriffen. „Wann kommst du eigentlich mal wieder nach London? Du warst ewig nicht zu Besuch." fragt er Anny und sie grinst. „Sagt der, der fast nie vorbei kommst." Er verdreht die Augen, lächelt aber. Offensichtlich meint Anny es nicht ernst. Sie zuckt mit den Schultern. „Vielleicht, wenn ich das nächste mal Urlaub habe. Oh, oder ich könnte Silvester vorbei kommen!"

Euphorisch sieht sie Harry an und er nickt begeistert. „Gerne! Das hatten wir ja eigentlich schon letztes Jahr vor." Er dreht sich zu Yorick. „Passt das für dich?" Er zuckt mit einer Schulter. „Ich muss schauen, wie viele Mitarbeiter dort schon Urlaub beantragt haben, aber das bekommen wir schon irgendwie hin." - „Danke, Boss." grinst Anny zufrieden und voller Vorfreude unterhalten die beiden sich dann darüber, was sie alles so machen werden.

Ich werde auf der Bank immer kleiner und stochere in meinem Frühstück herum. Irgendwie war ich davon ausgegangen, dass Harry und ich Silvester zusammen verbringen werden. Es ist bescheuert, dass es meine Laune so runter zieht, immerhin habe ich ihn noch gar nicht darauf angesprochen, aber die Vorstellung, dass er mit Anny, statt mit mir um die Häuser zieht, sticht in meiner Brust.

Dabei rede ich mir ein, dass es unfair ist, jetzt eifersüchtig zu sein; Harry und Anny sind gute Freunde, haben sich ewig nicht gesehen und ich sollte mich für ihn freuen, dass es dieses Jahr offenbar klappt, dass Anny nach London kommt. Irgendetwas in mir trotz diesem Gedanken aber und dieses Gefühl drückt mir die Luft aus der Lunge.

„Wo ist denn hier das nächste Bad?" frage ich Yorick spontan und schnell erklärt er mir den Weg. Ich springe von der Bank auf und verlasse das Esszimmer. Als ich auf dem Flur stehe, habe ich schon wieder vergessen, wo ich hin muss und laufe erst einmal geradeaus. In diesem Haus kann man sich wirklich verirren! Zögerlich folge ich dem Gang und komme doch tatsächlich bei einem Waschraum an.

Vielleicht ist es kindisch, dass ich abgehauen bin, aber ich muss dieses Gefühl irgendwie in den Griff bekommen. Es ist nicht gerechtfertigt und noch dazu vollkommen unnötig. Trotzdem lässt mich der Anblick von Harry mit Anny nicht unberührt und angespannt muss ich zugeben, dass ich verdammt eifersüchtig bin.

Wieso bin ich das plötzlich? Gestern hat mich Anny doch auch nicht gestört. Dann kommt sie halt nach London, na und? Fluchend schaue ich in den Spiegel und laufe hin und her. Das gibt es doch nicht, das soll aufhören! Ich kann doch jetzt nicht der eifersüchtige Freund sein, der Harry ganz für sich haben will? Was wäre das denn für ein Eindruck?

Ich ziehe mein Handy aus der Hosentasche, habe aber keine neue Nachricht. Reiß dich zusammen, Tomlinson! Ich atme tief ein und wieder aus und gehe dann zurück zum Esszimmer. Als ich dort ankomme, ist es bereits leer. Verwundert schaue ich mich um und als ich aus dem Fenster blicke, sehe ich, dass Harry und Anny auf dem Weg zum Stall sind.

Genervt folge ich den beiden und als ich am Stall ankomme, sind sie offenbar schon dabei ein Pferd zu putzen. Das Fenster unter dem Dach ist geöffnet und ich kann hören, wie sie miteinander sprechen und Anny Harry bittet ihr die Bürste zu geben. Zögerlich bleibe ich dort stehen; irgendetwas hält mich davon ab, in den Stall zu gehen, ich weiß auch nicht wieso. Stattdessen bleibe ich hier draußen stehen und sage keinen Ton.

„Und dieser Louis meint es wirklich ernst mit dir?" fragt Anny fast im gleichen Augenblick und mein Herz setzt einen Schlag aus. Wieso fragt sie das? Habe ich ihr das vorhin nicht deutlich gesagt? Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, antwortet Harry ihr und auch, wenn es falsch ist, bleibe ich hier stehen und höre zu. 

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Meint ihr, Louis reagiert über? Und was wird Harry jetzt wohl antworten? Thoughts about this? 

Love L 

This OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt