11. Kapitel

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Harry sieht mich an, als würde er mich fragen wollen wen ich hier eigentlich verarschen will. „Was ist? Ich kenne mich nicht mit England aus, das weißt du." rechtfertige ich mich schnell und frage mich, ob der Name wohl sehr bekannt ist. Harry scheint offensichtlich sehr irritiert zu sein, dass er mir nichts sagt.

„Moment, du meinst das ernst?" fragt er dann, als ich augenrollend mein Handy heraushole und den Namen in die Suchleiste eingebe. Wenn er mir nicht antworten will, gibt es immer noch das Internet. „Ja, wieso sollte ich sonst fragen?" entgegne ich und schaue noch einmal aus dem Fenster. Wir sind zwar durch das Tor gefahren, aber links und rechts ist ein dichter Wald. Wieso steht denn mitten im Nichts dieses Tor?

„Wir sind das Haus Styles, Louis." - „Ihr?" - „Meine Familie und ich. Unser Familienname ist Styles." erklärt er mir und jetzt bin ich es, der ihn irritiert ansieht. „Du hast einen Nachnamen?" Er fängt an zu lachen, nickt dann aber. „Natürlich, wieso sollte ich denn keinen haben?" fragt er mich und ich zucke mit den Schultern. „Du heißt Prinz Harry. Das ist dein Name." Er schmunzelt. „Wenn du schon so genau sein willst, ist mein Name Prinz Harry Edward Styles, Duke von Suxxes und Cambridge, sowie Earl of Rochester."

Mit großen Augen sehe ich ihn an und schüttle den Kopf. „Das kann man sich doch nicht merken. Was bringen diese Titel denn?" Er zuckt mit den Schultern. „Das meiste ist tatsächlich Formalität, sie werden vererbt, können aber auch verliehen werden. Die höchsten Adligen sitzen außerdem im House of Lords, also in einem Teil der Regierung, aber das trifft auf mich nicht zu. Weil ich Teil des Hause Styles bin, bin ich nicht befugt, mich in die politischen Geschehnisse einzumischen, aber das weißt du ja schon." erklärt er mir.

„Ich hab echt nicht gut über dich recherchiert." stelle ich trocken fest und er fängt an zu lachen. „Musstest du denn?" - „Für das erste Interview, ja. Aber ich habe dabei deinen Namen irgendwie ausgelassen; es ging mehr um deine Vergangenheit, du weißt schon, Partys und so." Er nickt verstehend, sieht an mir vorbei aus dem Fenster und lächelt. „Wir sind da."

Ich drehe mich um und blicke über eine riesige Parkanlage. Auf der anderen Seite kann ich ein großes, altes Haus entdecken, man könnte schon Schloss sagen. Es ist aus hellem Stein und die Fensterrahmen sind rot. Das Gebäude ist, wie ein U geformt in dessen Mitte eine große Treppe ist, die zu zwei riesigen Flügeltüren führt. Der Hof ist mit Kies ausgestreut und in der Mitte des Platzes ist ein hoher, steinerner Brunnen mit drei Etagen. „Wow.." entfährt mich beeindruckt und der Wagen hält direkt vor der Tür. Steven öffnet uns die Tür und ich steige aus. Entgegen meiner Erwartung spüre ich aber keinen Kies unter meinen Füßen, sondern etwas weicheres. Ich blicke herab und sehe, dass ich auf einem roten Teppich stehe.

Harry steht inzwischen neben mir und die Autos werden weggefahren. Harry blickt mich an, nimmt meine Hand und drückt einen Kuss auf meine Knöchel. „Anny, wie schön, dich zu sehen!" sagt er dann plötzlich und löst seine Hand aus meiner. Die Frau, die er umarmt, ist in unserem Alter. „Du warst so langer nicht mehr hier, Harry!" sagt sie dann lachend und sieht zu mir. „Hey.. uhm.. ich bin Louis." stelle ich mich zögerlich und unsicher vor. „Andrea, aber alle nennen mich Anny." erwidert sie lächelnd und nimmt mir meine Tasche ab. Mir entgeht nicht, dass sie neben dem Teppich geht, aber zu fragen, warum sie das tut, tue ich nicht.

Sie fragt Harry in diesem Augenblick außerdem sowieso „Du bringst jemanden her?" Er seufzt, nickt dann aber lächelnd und verschränkt unsere Finger wieder miteinander. „Dass das wirklich mal geschieht." grinst sie und sieht mich kurz noch einmal an. „Ich gehe davon aus, ihr kommt alleine klar?" - „Natürlich." antwortet Harry und bevor bei der Treppe angekommen sind, biegt Anny nach links ab und geht am Gebäude entlang.

„Sie bringt deine Sachen auf unser Zimmer." erklärt Harry mir schnell, als ich ihr verwundert nach sehe. Er führt mich die Treppe hinaus und uns wird die große Tür geöffnet. Es geht durch eine große, prunkvolle Eingangshalle, durch einen weiteren Raum mit einem großen, ovalen Tisch auf die andere Seite des Gebäudes. Wir treten auf eine Terrasse und von dort führt Harry mich herunter auf den Hof. Ich sehe mich um und plötzlich kreuzt jemand unseren Weg. Es ist ein älterer Mann, er bleibt kurz stehen, deutet eine Verbeugung vor Harry an und als dieser nickt, geht er weiter. Ihm folgt ein verdammt großes Pferd. Perplex schaue ich zu Harry, bevor es mir so langsam dämmert. 

„Das ist der Hof, oder? Wo wir eigentlich schon längst hinwollten?" Er lächelt und nickt. „Ja, ist es. Das gerade war Yorick. Er arbeitet hier, seit ich denken kann. Er hat mir damals auch das Reiten beigebracht. Eigentlich ist er im Ruhestand, aber trotzdem ist er auf dem Hof geblieben und wohnt und arbeitet hier. Er ist der inoffizielle Chef. Er kennt den Hof und die Pferde besser als sonst jemand. Das gerade war Mick, ein wunderschöner Fuchs und eins der besten Springpferde, jedenfalls früher. Vor einigen Jahren hat er sich am Bein verletzt und seitdem ist er so etwas, wie Yoricks Pflegekind. Er wird nicht mehr springen können, aber hier auf dem Hof hat er trotzdem noch ein gutes Leben." erzählt Harry mir und ich sehe mich weiter um.

Links und rechts sind in etwa hundert Metern zwei große, aber nicht wirklich hohe Gebäude. „Das sind die Ställe. Dahinter sind die Koppeln. Die Ställe sind so gebaut, dass die Tiere immer raus und wieder rein können. Zwar hat jedes Pferd seine eigene Box, aber raus dürfen sie nur bei Sturm oder so nicht." Er geht zielstrebig auf den rechten Stall zu und öffnet die dunkle Holztür. Innen riecht es schon sehr nach Pferd. Fliegen schwirren herum und Staub liegt in der Luft. Rechts von uns sind die Boxen. An jedem ist ein Namensschild mit angaben zu der Rasse und sonstigen Eckdaten, die ich nicht verstehe. Harry geht bis ganz hinten durch. Die meisten Boxen sind leer. Noch scheint die Sonne hier und da zwischen den Wolken durch; ich wäre auch lieber draußen bei so einem Wetter.

Die letzte Box ist leer, als wir dort ankommen. Maxwell steht auf dem Schild. Harry öffnet die Schiebetür und tritt hinein. Ihn interessiert es sichtlich überhaupt nicht, dass er verdammt teure Lederschuhe und eine Anzughose trägt. „Komm." fordert er mich auf und ich betrete die Box. Harry schließt das Tor wieder und auf der anderen Seite können wir auf die Wiese hinaus. Kaum drei Meter neben mir steht ein etwas kleineres Pferd; jedenfalls, wenn man es mit dem, von vorhin vergleicht. „Das ist Tess; sie gehört Anny." meint Harry und nimmt meine Hand.

Hier und da stehen immer wieder Pferde. Dann sehe ich eins, das sich auf der Wiese rollt und schmunzle. Harry und ich laufen den Hügel hinauf und die Koppel scheint kein Ende mehr zu nehmen. Er klemmt sich Zeigefinger und Daumen zwischen die Lippen und pfeift laut. Schaue mich um und einen Moment später sehe ich ein weißes Pferd mit schwarzen Sprenkeln auf uns zu traben. Es steuert direkt auf Harry zu.

Dieser lässt meine Hand los und geht auf ihn zu. „Das ist Maxwell, mein Hengst. Er ist der Sohn von Mirabell, dem Pferd meiner Mutter." erzählt er mir und streicht dem Tier behutsam über den Hals. Ich trete näher, habe aber dennoch Respekt vor ihm. Der Hengst ist groß, aber wirklich schön.

„Er ist ein Araber." - „Er ist groß." meine ich unsicher lachend. Harry nickt. „Er hat ein Stockmaß von 1,62 Meter." - „Er ist doch größer!" widerspreche ich verwundert. „Das ist seine Schulterhöhe." erklärt er mir und zieht einen Apfel aus der Hosentasche. „Hier." meint er und gibt ihn mir. Ich trete einen Schritt näher und halte ihn Maxwell hin. Er schnuppert kurz und nimmt ihn mir dann vorsichtig aus der Hand.

Harry lächelt, nimmt meine Hand in seine und legt sie unter seiner auf den Hals des Pferdes. Maxwell ist scheinbar total entspannt in Harrys Gegenwart. „Er kennt mich, seitdem er geboren wurde." beantwortet mir die unausgesprochene Frage. „Ich war das letzte Mal vor einem halben Jahr hier, nur für zwei Tage, das war viel zu wenig." seufzt er und und lässt meine Hand los. Ich streichle das Tier fasziniert weiter und beobachte, wie Harry seine Finger durch die Mähne des Tieres gleiten lässt.

„Hast du Hunger?" fragt Harry mich dann, aber ich schüttle den Kopf. „Ich war mit Vicky Mittagessen, du?" Er zuckt mit den Schultern. „Ein wenig. Komm mit." Schnallst mit der Zunge und der Hengst folgt ihm. Wir gehen zur Box und fragend sehe ich Harry an.

„Yorick?" fragt Harry laut und der Mann taucht vor der Box auf. „Ist alles fertig?" - „Natürlich, Prinz Harry." Er nickt zufrieden. „Geh mit ihm." fordert mein Lockenkopf mich dann auf. „Ähm.. okay?" schmunzelnd sieht er mich an und blickt dann zu Yorick, der nickt. 

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Harry ist also Zuhause, wenn man es so sehen will. Was denkt ihr über Anny und Yorick? Und was denkt ihr, passiert auf dem Gestüt noch so alles? 

Love L 

This OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt