Teil 12: Tränen (2)

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Damit ich nicht vor allen weine, renne ich so schnell ich kann aus dem Wohnzimmer und höre hinter mir wie Anne schuldbewusst "Upsi" sagt.

Ich entscheide mich in Anne's Zimmer zu flüchten und schlage die Tür hinter mir zu.
Tränenüberströmt schmeiße ich mich auf das Bett.

Wieso konnte ich es nicht einfach zu lassen?
Es wäre doch nur ein kleiner doofer Kuss gewesen.
Ein kleiner, doofer Kuss den Hendrik morgen bestimmt schon wieder vergessen hätte.
Aber ich hätte ihn nicht vergessen...
Ich nehme mir eines der Kissen und verstecke meinen Kopf darunter.
Nichts sehen, nichts hören und nichts fühlen wäre jetzt echt super. Ich kneife meine Augen fest zu und versuche mich wieder zu beruhigen.

Als mein Atem ruhiger wird und ich spüre wie meine Tränen versiegen, muss ich an Hendrik denken. Wie peinlich muss das eben auch für ihn gewesen sein? Ich hätte von Anfang an einfach nein sagen sollen, anstatt mich so anzustellen und jetzt habe ich den Salat.
Voller Scham überlege ich, ob ich heimlich verschwinden soll, damit ich Hendrik und die anderen nie mehr sehen muss. Da klopft es plötzlich an der Zimmertür.

Scheiße!
Wenn das Hendrik ist...
Er soll mich auf keinen Fall so verheult sehen.
Schnell setze ich mich aufrecht aufs Bett und ziehe mir die Bettdecke über den Kopf. Unter der Decke höre ich wie jemand die Tür öffnet und herein tritt.

"Sry, Süße!" höre ich Anne's Stimme.

Sie klingt als würde ihr das ganze wirklich leid tun, also ziehe ich die Decke weg und schaue sie an.

"Ich wusste nicht, dass dich dieser Scherz so aus der Fassung bringen würde", sagt sie mitfühlend, setzt sich neben mich aufs Bett und streckt mir ihre Arme hin.

"Ein Drücker?"

Ich nicke und rutsche in ihre Arme.

"Ich wusste auch nicht, dass mich das aus der Fassung bringen würde. Es tut mir total leid, dass ich mich so angestellt habe", sage ich in ihre Schulter und seufze.

"Ich weiß auch nicht, was heute mit mir los ist."

Anne löst ihre Arme von mir und sieht mich an.

"Hendrik ist los", sagt sie und trifft damit genau ins Schwarze.

"Ich....äh...", bekomme ich nur raus.

"Du brauchst es gar nicht leugnen. Ich habe zwei gute Augen", erwidert sie grinsend und zeigt dabei auf mich, als hätte sie mich gerade bei etwas Heimlichen ertappt.

Ich hätte nicht gedacht, dass das so offensichtlich ist.

"Wäre das denn ok für dich?", frage ich vorsichtig.

"Was denn? Das du auf ihn stehst?"

Sie klingt dabei sehr amüsiert.
Ich nicke reuevoll.

"Klar", antwortet sie prompt.

"Immerhin sucht man sich Gefühle für jemand anderen nicht einfach so aus", fügt sie zwinkernd hinzu und tätschelt mir die Schulter.

Ich bin sichtlich erleichtert.
Bei der langen Freundschaft die sie und Hendrik schon haben, hätte das auch ein großes Problem werden können. Denn wenn wir mal ehrlich sind, viele sagen, dass sie nur befreundet sein wollen und dann kommt doch heraus das Gefühle im Spiel sind.

"Du musst mir nur eins versprechen!"

"Was denn?", sage ich angespannt und schaue sie erwartungsvoll an.

1. "Sei Vorsichtig! Er hat schon einige Frauenherzen gebrochen"

2. "Sei Vorsichtig! Ich will euch nicht als Freunde verlieren.

Und plötzlich warst du da (Teil 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt