POV Lexi Falkner
„Boah war das langweilig. Sorry, aber wer ist auf die dumme Idee gekommen, in dieses stickige Museum zu gehen? Das hat uns ja wohl nicht deine tolle Freundin eingebrockt, oder?", meckerte Tina entnervt. „Klappe, sag mal, geht's noch?! Schrei doch nicht so rum! Wie oft soll ich dir das noch sagen?", fuhr ich sie an. Tina würde es wohl nie lernen. Auch wenn es ihr jetzt schon wieder leidtat, es wäre nett, wenn sie mal vorher nachdenken würde. „Sorry Lexi, mein Mund ist einfach schneller als mein Gehirn. Ich werde mich in Zukunft wirklich bemühen, I promise!" Ich drehte nur die Augen über, lächelte sie dann aber ein wenig an und antwortete mit gesenkter Stimme auf ihre Frage: „Und nein, das hat uns nicht Lucrezia eingebrockt, sondern der tolle, geschichtsaffine Schmied... Lucrezia hat sogar versucht, ihn davon abzubringen. Erfolglos... Dafür wird die Theatervorstellung bestimmt gut." Das akzeptierte meine beste Freundin und wir schlenderten weiterhin durch die Stadt. Tobi war nun auch wieder zu uns gestoßen, er war vorhin noch bei einigen seiner Französischjungs gewesen und hatte darum nichts von unserer Konversation mitbekommen – zum Glück. Wir hatten uns dann auch schon für ein Restaurant entschieden, in dem wir Mittagessen würden und lachten dabei wirklich viel. Eine Zeit lang konnte ich sogar vergessen, in welch verzwickter Situation ich mich befand. Freunde zu haben, war schon etwas Tolles.
Nun wurde es langsam aber sicher Abend und dementsprechend kühl. Tina und ich waren gerade dabei, uns für das Theater zu schminken und uns etwas Schöneres anzuziehen, doch ich bezweifelte mittlerweile meine Wahl einer schwarzen Jeans und einer roten Bluse, die ich mit meinem schlichten schwarzen Blazer und ebenfalls schwarzen Pumps kombinieren wollte. Es war viel kälter, als ich erwartet hatte. Naja, es war Dezember, darauf hätte ich wohl kommen müssen... „Du wirst schon nicht erfrieren. Kalt wird es nur, wenn wir lange an der Straßenbahnstation warten müssen. In den Öffis und spätestens im Theater selbst ist es dann bestimmt angenehm warm. Die haben nämlich sowas, das nennt sich Heizung." Ich schmunzelte und drehte die Augen über. Tina hatte ja recht. Plötzlich klopfte es an der Tür. „Äh... Herein?", rief ich ein wenig zögerlich. Wir hatten eh nicht abgeschlossen. Trotzdem machte ich mich auf den Weg zur Garderobe, um gleich erkennen zu können, wer da störte. „Hallo Lexi! Habt ihr zufällig eine Mascara für uns? Meine ist leer geworden und jetzt können wir uns nicht schminken", erklärte Melanie, ein Mädchen aus unserer Parallelklasse. Ich hatte mit ihr in meinem Leben insgesamt vielleicht zehn Sätze gesprochen, doch sie war eigentlich recht sympathisch. Relativ ruhig und still, doch nett. „Ja klar, bringt sie uns einfach wieder, wenn ihr fertig seid", sprach ich, nachdem ich kurz im Bad gewesen war und meine Wimperntusche geholt hatte. „Danke! Machen wir!", antwortete sie und verschwand wieder. Ich war irgendwie ein wenig enttäuscht, wusste anfangs aber nicht mal, warum genau. Dann wurde mir klar, dass ich wohl Lucrezia erwartet oder zumindest erhofft hatte. Doch wie unwahrscheinlich war das bitte? Wir gingen vollkommen auf Abstand und sie würde sich diesen Fehltritt nicht erlauben, an meine Tür zu klopfen, nur um mit mir reden zu können. Ich seufzte, was Tina, aufmerksam wie sie war, sofort bemerkte und ohne irgendeinen Kommentar meinerseits auch richtig deutete: „Ihr werdet das schon aushalten. Es sind nur drei Tage und danach könnt ihr euch wieder sehen. Du lebst ja quasi bei ihr." Ich lächelte schwach, doch beließ es dabei. Darüber reden machte mich nur noch betrübter und so beschloss ich, mir mal meine Handtasche zu schnappen und meine Schuhe anzuziehen. Es wäre sowieso bald Zeit zu gehen.
„Ihr kommt bitte nacheinander zu uns und holt eure Karten ab", erklärte meine Freundin gerade. Wir waren im Stadttheater angekommen, doch ich realisierte irgendwie nicht, dass sie uns gerade aufgefordert hatte, uns zu ihr zu begeben. Ich war viel zu abgelenkt davon, wie gut sie in diesem dunkelgrauen Hosenanzug und den hohen Schuhen aussah und da erkannte ich wieder mal, wie sehr ich diese Frau liebte. Bevor ich jedoch noch weiterhin wie ein lächelnder Idiot dortstehen würde, machte auch ich mich auf den Weg, nachdem Tina es vor mir schon getan hatte. Komischerweise drückte Lucy mir nicht eine der obenliegenden Karten des Stapels in die Hand, wie sie es bei allen anderen vor mir getan hatte, sondern nahm ein Ticket von unten. Auch Tina bekam ein unteres, was mich stutzen ließ. Hatte das etwas zu bedeuten? Ich musterte sie mit fragendem Blick, doch ihrer blieb ausdruckslos, kühl und professionell. Spätestens als wir aber die Galerie betraten, von der aus wir einen super Blick von oben hinunter auf die Bühne hatten, wurde mir klar, dass Lucrezia auf der anderen Seite der im Halbkreis angeordneten Plätze neben einem Schüler aus meiner Klasse saß. Ich wurde umgehend... eifersüchtig? Ja, das war es, Eifersucht. Und irgendwie war ich zornig. Das hatte sie doch mit Absicht gemacht! Sie konnte mich von mir aus ignorieren. Sie sollte einfach meine Lehrerin spielen. Doch musste sie dabei so übertreiben? Ich meine, es fiel definitiv mehr auf, wenn ich immer am weitesten entfernt war von ihr, als wenn wir einfach so täten, als würden wir uns nicht näher kennen. Ich hatte mich echt auf „Faust" gefreut, doch diese Aktion von ihr ließ meine Stimmung in den Keller sinken. Meine beste Freundin schien schon wieder genau zu verstehen, was in meinem Kopf vorging und blickte mich nur mitleidig von der Seite an. Warum entging ihr denn nie etwas? „Es ist wegen ihr, oder? Weil sie uns extra die Karten gegeben hat, mit denen wir am weitesten von ihr weg sitzen..." Es war mehr eine Feststellung, als eine Frage, doch ich nickte trotzdem. Sie hatte schon wieder ins Schwarze getroffen. „Mach dir keinen Kopf. Sie tut sich sicher auch schwer mit der Situation und es ist so wahrscheinlich am besten...", versuchte sie mich aufzumuntern, doch wirklich glauben wollte ich ihre Worte nicht. „Was, wenn sie mich einfach nicht mehr mag?", flüsterte ich leise, sodass es niemand sonst hören konnte. „Lexi, du weißt, dass sie dich liebt. Sonst würde sie dieses Risiko erst gar nicht eingehen." Ja, da war was dran. Trotzdem waren die Zweifel in meinem Kopf mal wieder lauter und übertönten die vernünftigen Gedanken gekonnt. „Aber was, wenn unsere Direktorin wirklich besser zu ihr passt?" Tina starrte mich entsetzt an. Ich hatte ihr meine Bedenken damals schon mitgeteilt, als Weinberg meine Freundin gefragt hatte, ob sie mit ihr mal was trinken gehen würde. Tina hatte mir aber vorübergehend all meine Sorgen genommen und so logisch argumentiert, dass ich eine Zeit lang wirklich beruhigt gewesen war. Ich hatte eh auch mit Lucrezia nochmal darüber geredet, die mir selbst erklärt hatte, dass sie nicht mal dachte, dass Weinberg etwas von ihr wollen könnte, doch was, wenn doch? Was, wenn sie meine Freundin wirklich attraktiv fand? Ich könnte nicht mal etwas dagegen unternehmen. Ich wäre machtlos. Mir wären die Hände gebunden. „Es geht los. Konzentrier dich auf das, was auf der Bühne passiert, okay? Du hast dich schon so auf das Stück gefreut..." Ich nickte meiner besten Freundin nur abwesend zu, ganz genau wissend, dass ich von dieser Vorstellung nicht allzu viel mitbekommen würde. Ich hatte so nämlich zumindest einen perfekten Blick auf Lucrezia und war dabei, jede ihrer Regungen überzuanalysieren. So war ich nun mal. Das war die Lexi Falkner, die Leute kennenlernten, die ich an mich ranließ und bis jetzt hatte das jeder auch so akzeptiert. Trotzdem störte mich diese Eigenschaft selbst. Mein Leben wäre so viel leichter, wenn ich einfach nicht überall zu viel hineininterpretieren würde. Ich arbeitete auch echt schon an mir, aber das abzustellen, war schwerer, als ich es mir vorgestellt hatte. So saß ich den Rest der Vorstellung in meinem Sitz und verfolgte und deutete nun eben mein ganz persönliches Theater. Im wahrsten Sinne des Wortes...
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In you I found remedy
Teen Fiction[Abgeschlossen] Mir ist danach, dich besser kennenzulernen. Vielleicht ist das dumm, naiv, aber..." Doch sie unterbrach mich: „Was möchtest du denn wissen?" „Das ist eine gute Frage. Nicht nur die Basics zumindest. Also schon auch, aber mehr noch, w...