#59 Das darf nicht wahr sein

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POV Lucrezia Villani

Ich bereute die Nacht mit diesem Typen immer noch. Am nächsten Morgen hatte ich mich an nichts mehr erinnern können, außer an den grottenschlechten Sex mit ihm und ich hatte mich so unglaublich dreckig gefühlt, dass ich Stunden unter der Dusche verbracht hatte. Früher hatte ich mit verschiedenen Frauen geschlafen, von denen ich meistens nicht mal den Namen gekannt hatte, doch das war immer etwas Intimes und Befriedigendes gewesen. Dieser eine Kerl aus dem Club hatte in mir jedoch nichts außer Ekel ausgelöst. Na zumindest wusste ich nun, dass ich echt ausschließlich auf Frauen stand und nicht „einfach noch nicht den Richtigen" gehabt hatte, wie es so viele Männer mir als Lesbe immer wieder einreden wollten. Plötzlich aber wurde mir speiübel und ich sprintete ins Bad, wo ich mich dann sofort übergab. Was sollte das denn nun? Mein Hangover war schon längst weg, denn es waren bereits zwei Wochen vergangen, seitdem ich meinen Totalabsturz gehabt hatte. Zwei Wochen voller Trauer und Reue. Ich wusste nicht, wie mir geschah, doch ich wusste, dass ich so keinesfalls zur Schule gehen könnte und darum meldete ich mich sofort krank, nachdem ich mich wieder ein wenig gefangen hatte. Zum Glück war ich immer so früh auf, so konnte die Administratorin auch noch Vertretungsstunden einplanen. Ich legte mich auf meine Couch und machte den Fernseher an, während ich an meinem Glas Wasser nippte. Woher kam diese plötzliche Übelkeit denn nun? Hatte ich mir etwa den Magen verdorben? Oder war ich... nein, das konnte nicht sein. Ich lachte über mich selbst, um mich davon zu überzeugen, dass ich sicher nicht schwanger war, denn wir hatten ein Kondom benutzt. Außerdem wurde man nicht bei seinem ersten Mal schwanger, das wäre ja noch schöner. Oder meinte es mein Schicksal wirklich so schlecht mit mir? Wäre das Karma? Die Angst kroch immer weiter durch meinen Körper, bis mir erneut kotzübel wurde und ich wieder ins Bad stürzte, um mich umgehend nochmal zu übergeben. Es kam nur noch Magensaft, da ich ja auch noch nicht gefrühstückt hatte und so hing ich nun erschöpft über der Kloschüssel und zitterte. Ich konnte nicht schwanger sein. Das dürfte einfach nicht sein! Meine Hände begannen zu schwitzen und ich fühlte mich unglaublich unwohl. Was sollte ich denn nur anstellen? Ich könnte kein Kind großziehen, ich war ein Arschloch! Niemals könnte ich ein Kind erziehen! Doch ich würde es vermutlich auch nicht übers Herz bringen, es abzutreiben. So herzlos war nicht mal ich. Verdammt, was sollte ich bloß machen?!

Ich hatte den gesamten Tag damit verbracht, mir Sorgen zu machen, ob ich denn wirklich schwanger sein könnte. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte, doch trinken, um zu vergessen, war diesmal auch keine Option. Wenn ich wirklich ein Kind austragen würde, dann würde ich es niemals dadurch gefährden. Sowas würde selbst eine Lucrezia Villani nie machen.

Wir müssen reden, so geht das echt nicht weiter.

Clara hatte mir schon wieder eine Nachricht geschrieben, die ich vermutlich nicht beantworten würde. Sie versuchte das jetzt schon seit sicher einem Monat, doch ich blockte immer wieder ab. Mich anzurufen, hatte sie bereits aufgegeben, doch die Nachrichten trudelten immer noch regelmäßig ein. Was sollte ich schon antworten? Ich liebte sie, sie war meine beste Freundin, doch ich steckte ganz tief im Schlamassel und sie könnte mich da auch nicht rausholen, sie würde mich vermutlich durch ihre Anschuldigungen nur noch weiter reindrücken und darauf konnte ich gut verzichten. Ich musste da einfach selbst durch. Manche Dinge musste man mit sich selbst ausmachen, da führte kein Weg daran vorbei.

Was am Nachmittag noch wie ein schaffbarer Plan geklungen hatte, wurde nun jedoch immer mehr zur Fiktion. Ich war auch nur ein Mensch und wir waren alle Herdentiere, wieso sollte ich mir also keine Hilfe suchen? Ich heulte schon wieder unaufhörlich, als mich ein schrilles Geräusch aus meinen Gedanken riss. Ich erwartete keinen Besuch, weshalb ich entschied, nicht aufzumachen. In meinem Zustand wollte ich sowieso von niemandem gesehen werden, das würde ich nicht mal dem Postler zumuten. Als die Person an der Tür jedoch immer hartnäckiger wurde und nun sogar Sturm klingelte, machte ich mich mit einem genervten Schnauben auf den Weg, um zumindest nachzusehen, wer da etwas von mir wollte. Ich wischte mir noch schnell die Tränen aus dem Gesicht, was eigentlich überhaupt nichts bringen konnte, denn es war dadurch sicher nicht weniger geschwollen oder gerötet, doch es fühlte sich zumindest minimal besser an, als wenn ich nichts versucht hätte. Dann öffnete ich meine Tür einen Spalt breit und bevor ich sie wieder schließen konnte, stellte die Besucherin schon ihren Fuß zwischen Tür und Angel. „Fuck, wie siehst du denn aus?!" Ich seufze und antwortete meiner besten Freundin dann ruhig: „Ich will echt nicht drüber reden." Das ließ sie sich jedoch nicht gefallen und wenig später stand sie schon in meiner Wohnung und schob mich dann gleich zur Couch im Wohnzimmer, auf die wir uns nun beide niederließen.

In you I found remedyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt