5 Jahre Leid

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POV. Alessandro
HILFE!!! Alessandro hilf mir doch." Ich blicke in ein Tränenüberströmtes Gesicht. In IHR Gesicht. An ihrem Kopf eine Pistole und an ihren Händen und Beinen gefesselt, kniet sie auf dem dreckigen, kalten Boden. In ihren Augen, spiegelt sich pure Angst wieder und selbst aus mehreren Metern Entfernung, kann ich sehen, wie sie zittert. Sie zittert am ganzen Körper, auf welchem mehrere Wunden zu erkennen sind. Einige sind älter als andere. Blut strömt aus einer Platzwunde am Kopf und vermischt sich mit ihren Tränen. Wenn ich nicht bald etwas tue, dann wird sie auf elende Weise verbluten. Ich will ihr helfen. Scheiße ich will alle umbringen, die ihr auch nur ein Haar krümmen oder gekrümmt haben, doch mein Kopf ist wie ausgeblasen. Ich kann keinen klaren Gedanken mehr fassen und in meinen Ohren rauscht es so laut, dass ich mich bemühe, die Männer vor mir zu verstehen. Neben mir die Person, die ich am meisten verabscheue und vor mir die Person, die ich am meisten liebe und kurz davor war zu verlieren. Ich will was sagen, doch ich bekomme meinen Mund nicht auf. Ich will sie befreien, doch ich kann mich nicht bewegen. Mein gesamter Körper hat sich gegen mich verschworen und gehorchte mir nicht mehr. Erneut dringen ihre verzweifelten Schreie, durch das Rauschen, an mein Ohr. Erneut zucke ich zusammen und bekomme eine Gänsehaut am ganzen Körper. Erneut spüre ich, wie ein Teil meines Herzens zerbricht.
„ALESSANDRO. Tu doch bitte irgendwas."
Ich schlucke. Endlich fand ich meine Stimme wieder, welche nun ganz heiser und gebrochen klingt.
„Was kann ich tun?"
„RENN! Renn um dein Leben und dreh dich nicht mehr um. Lass mich hier zurück und rette dein eigenes Leben. Du hast schon soviel für mich getan und jetzt will ich auch einmal was für dich tun. Ich weiß, dass dir der Gedanke, mich hier zurückzulassen nicht gefällt, doch wenn du jetzt hier bleibst, dann wirst du auch sterben. Du weißt, das er dich nicht retten wird und du weißt, dass er mich auch nicht retten wird, denn so ist er eben. Doch denk immer daran, dass es nicht deine Schuld ist. Mache dir also keine Vorwürfe."
Geschockt sehe ich sie an. Ich werde sie hier nicht zurücklassen. Ich kann sie hier nicht zurücklassen, umgeben von Leuten, die sie Tod sehen wollen. Ich weiß, dass ER uns nicht retten wird, wenn es ihm schadet und das tat es gerade. Es schadete seinem Ruf und seinem Geschäft und wenn ich in seine eiskalten Augen sah, war ihm dies mehr als bewusst. Erst jetzt, meldet er sich zum ersten Mal zu Wort und sagte nur einen Satz, welcher mein ganzes Leben zerstören würde.
„Ihr könnt mir so viel drohen wie ihr wollt und wenn ihr sie umbringen wollt, dann tut es, doch ich werde euch niemals etwas geben."
Kein Wort der Welt kann meinen Hass auf diese Person in Worte fassen und wenn ich nur könnte, dann würde ich es tun. Ich würde ihn töten und das auf die grausamste Weise.
Ein Schuss ertönt....

Schweißgebadet wache ich auf. Erneut hatte ich davon geträumt, wie schon die letzten 5 Jahre auch. Seit 5 Jahren, konnte ich keine einzige Nacht durchschlafen, denn sobald ich die Augen schloss, sah ich immer wieder ihr Bild vor meinen Augen. Ich habe schon alles mögliche versucht, doch es brachte nichts. Weder Therapie, noch das Auslöschen aller Personen, die dafür verantwortlich waren. Naja fast allen. Eine Person steht noch auf der Liste, doch wie man so schön sagt, das beste hebt man sich für den Schluss auf.
Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es erst 4 Uhr morgens ist, doch an wieder einschlafen ist erst garnicht zu denken. Ich ertrage es nicht noch einmal, diesen Albtraum zu durchleben und genau das würde ich tun, wenn ich meine Augen erneut schließe.

Ich schiebe also die Decke beiseite und knipse das Licht an, bevor ich einen Schluck Wasser trinke und ins Bad schlürfe. Im Spiegel sehe ich in das erschöpfte Gesicht, eines verschwitzten Mannes mit dunklen Augenringen, an welches ich mich schon seit Jahren gewöhnt habe.
Ich steige unter die Dusche, während ich mit meinen Gedanken immer noch bei Ihr bin. Sie ist der Grund, warum ich mir vor 5 Jahren geschworen habe, mich nie wieder einer Person nahe zu fühlen und sie in mein Herz zu lassen. Würde dies nämlich passieren, dann hätte ich eine Schwachstelle und ich spreche aus Erfahrung, wenn ich sage, dass das nicht gut endet. Ich darf mich nie wieder einer Person nahe fühlen, das habe ich gelernt und das ist auch einer der Gründe, weshalb ich immer nur meinen Spaß mit irgend so einer Tussi habe und sie danach wegschicke. Noch nie habe ich mit einer Person eine Nacht zusammen verbracht und noch nie habe ich eine Person mit zu mir genommen.
Manche würden mich wohl als kaputt beschreiben und ich stimme ihnen da zu. Ich bin durch und durch kaputt und jeder, der sich mir nährt, wird mit ins Verderben gestürzt. Vielleicht nicht die besten Voraussetzungen für einen, der über ein ganzes Imperium verfügt und immense Macht besitzt, doch so ist es nun einmal.

Ich steige nach einer gefühlten Ewigkeit aus der Dusche und trockne mich ab, bevor ich mich anziehe und erneut auf die Uhr blicke. Es ist inzwischen schon 6 Uhr und bald sollte es auch schon Frühstück geben, weshalb ich mich schon einmal Richtung Küche begebe und mich an den schon gedeckten Tisch setze. Normalerweise esse ich hier alleine, doch mir ist heute nach Gesellschaft. Ich ertrage es nicht mehr, mit den Gedanken an meinen Albtraum in den Tag zu starten und lasse daher die einzige Person rufen, welche in der Lage ist, mich abzulenken.

„Ok, sollte ich mir Gedanken machen, dass du mich herbestellt hast um mit mir zu Essen? Gestern durfte ich immerhin noch nicht einmal mein Zimmer verlassen und jetzt bestellst du mich zum Essen nach unten." Misstrauisch beäugt mich eine sichtlich verwirrte Isabella von der anderen Seite des riesigen Esszimmertisches.
Um ehrlich zu sein kann ich es ihr nicht einmal verübeln, dass sie denkt, dass ich etwas ausheckte, denn normalerweise habe ich immer alleine gegessen und Isabella, seit sie bei mir ist, immer in ihrem Zimmer.

„Keine Sorge. Ich hecke momentan nichts aus und wenn sich daran was ändern sollte, dann verspreche ich dir, dass ich es dir zuerst mitteilen werde."
Ich setze mein schelmisches Grinsen auf, während ich zu Isabella schaue. Sie hat es tatsächlich geschafft, dass ich innerhalb von Sekunden bessere Laune bekomme. Um genau zu sein hatte ich aber auch nichts anderes von ihr erwartet.

Ich weiß selbst nicht, was dieses Mädchen mir bedeutet, doch ich weiß mit Sicherheit, dass sie mir gehört. Was das bedeutet? Dass kein anderer Mann sie bekommen wird. Ganz einfach.
Und wenn jetzt einige sagen, dass ich doch keinen mehr an mich ran lassen wollte, dann haben diese Recht. Ich will und ich werde keinen mehr in mein Herz lassen, denn ich weiß was es bringt. Kummer, Enttäuschung, Schmerz und jahrelange Albträume. Isabella ist nur hier, weil sie mich aufheitert und es amüsant ist, ihr zuzuhören, wenn sie sich mal wieder aufregt. Zudem finde ich es auch ein bisschen spannender, wenn ein Mädchen nicht sofort so scheint, als wäre sie Hals über Kopf in mich verliebt und das ist komplettes Neuland für mich, denn Isabella ist in diesem Bereich die erste und genau deshalb ist sie jetzt hier. Jedenfalls denke ich, dass dies der Grund ist, doch irgendwas sagt mir, dass da noch etwas anderes ist, jedoch habe ich keine Ahnung, was es sein könnte.

Kidnapped by him | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt