Überall nur Idioten!

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Um uns herum wird es still. Keine einzige Person sagt mehr was und alle Blicke sind auf uns gerichtet. Um Alessandro und dem nun blutverschmierten Mann unter ihm bildet sich ein Kreis Schaulustiger, während Alessandros Faust immer und immer wieder in das Gesicht des Mannes trifft. Wie versteinert stehe ich da und kann mich vor Schock garnicht mehr bewegen. Wie gerne würde ich ihn aufhalten und schreien, dass er aufhören soll, doch mein Körper reagiert nicht.
Mein Herz fühlt sich an, als würde es jeden Moment aus meiner Brust springen und meine Hände fangen an wild zu zittern und zu schwitzen.

Wieso tut denn niemand was? Warum stehen alle nur da und beobachten, wie Alessandro den Mann unter sich, wahrscheinlich zu Tode prügelt, wenn er so weiter macht?

Erst, als eine Person mich anrempelt, um mehr sehen zu können, fängt mein Körper an, mir wieder zu gehorchen.

„VERDAMMT ALESSANDRO!! HÖR AUF DAMIT, SONST BRINGST DU IHN NOCH UM!"

Ich schreie so laut ich kann, während sich meine Augen zum gefühlt tausendsten Mal an diesem Abend mit Tränen füllen.

Immer noch rammt Alessandro, dem inzwischen hoffentlich nur bewusstlosen Mann, seine Faust ins Gesicht.
Ich muss was tun!
Ich zittere am ganzen Körper, während ich Richtung Alessandro laufe, doch ich komme nicht weit. Eine starke Hand umfasst mein Handgelenk und zieht mich ruckartig zurück. Ich schaue nach oben, in das Gesicht von Luca. Gott sei Dank!
In nur wenigen Sekunden ist Luca auch schon bei Alessandro und zieht ihn ruckartig von dem zusammengeschlagenen Haufen, was einmal ein Mann war, runter. Da Alessandro nicht damit rechnete, hatte Luca keine besonders große Mühe damit.

Buh - Rufe ertönen und am liebsten würde ich jetzt jeden einzelne von denen zusammenschlagen. Hier sind auch wirklich überall nur Idioten! Wie kann man nur Gefallen daran finden, wenn da einer zu Tode geprügelt wird? Was stimmt mit denen bloß nicht?

POV. Alessandro
Immer noch rasend vor Wut, werde ich von Luca die Treppe hoch und in den VIP Raum geschleift. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich jemals so wütend gewesen bin und das will schon etwas heißen. Alleine der Gedanke an diesen Typen bringt mich dazu, in die Wand neben mich zu schlagen und laut aufzubrüllen.

Erneut erscheint das Bild von diesem dreckigen Kerl, wie er Isabella festhält und sie bedrängt, vor meinem Auge und der Gedanke daran, wie sie verzweifelt meinen Namen rief, sorgt bei mir für eine Gänsehaut und ich bin kurz davor wieder runter zu gehen, um mir dieses Schwein erneute vorzuknöpfen.

„Verdammte Scheiße Alessandro!!! Was hast du dir nur dabei gedacht, in einem überfüllten Club eine Schlägerei anzufangen?!"

„Verdammt nochmal! Denkst du ernsthaft ich wollte mich heute prügeln?! Denkst du ernsthaft ich habe nichts besseres zu tun?"

„Wieso tust du es denn dann? Nur zu deiner Information, der Typ da unten ist in einem kritischen Zustand und hiernach wahrscheinlich gelähmt, wenn er nicht stirbt und du bist daran Schuld! Du hast hoffentlich einen verdammt guten Grund für dein Verhalten, sonst fange ich ernsthaft an, an deinem Verstand zu zweifeln."

Wir schreien uns regelrecht an und wäre Luca nicht schon seit kleinauf mein bester Freund, dann wäre er, in diesem Moment, wahrscheinlich ebenfalls in einem kritischen Zustand und das weiß er. Er weiß ganz genau, dass er der einzige ist, der so mit mir reden kann und damit davon kommt und das nutz er natürlich auch aus, wo immer er kann.

„Natürlich habe ich einen Grund! Was denkst du denn?! Du kannst mir nicht sagen, dass du nicht so reagieren würdest, wenn irgend so ein perverses Schwein, dein Mädchen bedrängt und sie fast vergewaltigt!"

Anscheinend versteht er meinen Beweggrund erst jetzt, denn sein, bis eben noch wutverzerrtes, Gesicht, spiegelt nun Überraschung wieder.

„Es ging also über Isabella, wenn ich das jetzt richtig verstanden habe?"

Geschafft, lasse ich mich auf eines der Sofas fallen, während Luca gegenüber von mir Platz nimmt.

„Natürlich ging es um Isabella! Um was dachtest du den? Wo warst du eigentlich die ganze Zeit über? Auf dem Mond oder was? Luca, du kennst mich. Du weißt ich würde mich niemals ohne guten Grund mit irgendwem prügeln."

„Natürlich weiß ich das. Aber was soll ich denn denken? Ich bin einmal kurz weg und dann komme ich wieder und sehe dich, wie du einen Typen zu Tode prügelst. Außerdem, ich weiß ja nicht, ob es dir bewusst ist, doch du prügelst dich nie wegen einem Mädchen.
Das einzige Mädchen, für das du dich jemals geprügelt hast, war deine Schwester."

Den letzten Satz flüstert er schon halb.
Ich schlucke und mir wird blitzartig schlecht.

„Es tut mir leid Kumpel. Ich wollte das nicht so sagen, doch es ist auch die Wahrheit und das weißt du."

Seine Stimme ist nun ganz sanft. Er weiß, dass meine Schwester, ein sehr sensibles Thema für mich ist, weshalb er auch der einzige ist, dem ich je davon erzählt habe. Außer ihm, weiß es nur noch mein Vater, welchen ich schon seit Jahren nicht mehr so nenne. Um genau zu sein ist er für mich gestorben und dass schon vor Jahren.

„Ist schon gut. Lass uns einfach über was anderes reden. Mir fehlt, für so ein Gespräch, die Kraft."

„Na klar. Wir können auch gerne darüber reden, was es mit Isabella auf sich hat."

Auf seinen Lippen bildet sich ein Grinsen.

Ich stöhne auf und lege meinen Kopf in den Nacken. Wie schafft es dieser Typ, immer die Themen herauszupicken, welche entweder zu anstrengend sind, um darüber zu reden oder zu kompliziert sind, als dass ich selbst eine Antwort darauf wüsste.

„Also schieß los, wie habt ihr euch kennen gelernt und.... „

Luca fährt unbeirrt fort und meine genervte und geschaffte Miene, welche so viel sagt wie : Ich will darüber jetzt nicht sprechen, ignoriert er dabei geflissentliche. Wie kann man nur so nervig sein? Und noch viel wichtiger, warum ist er nochmal mein bester Freund? An seiner Zurückhaltenden Art, liegt es bestimmt nicht, denn die existiert bei ihm nicht,

Auf einmal werde ich aufmerksam, doch nicht, weil Luca irgendwas spannendes gesagt hat. Nein. Viel eher, weil er aufgehört hat was zu sagen und stattdessen Richtung Tür schaut.
Ich folge seinem Blick und meine Augen treffen auf die von Isabella, welche mich augenblicklich in ihren Bann ziehen.

Plötzlich rückt alles in den Hintergrund und alles, was ich in diesem Moment sehe, ist Isabella.
Ihre Augen sind blutunterlaufen und ihre Mascara verschmiert. Sie hatte offensichtlich geweint und dass anscheinend sehr viel. Alleine der Anblick zerbricht mir fast das Herz und mein Magen verkrampft sich schmerzhaft.

Wie um alles in der Welt konnte es nur so weit kommen? Wieso bin ich nicht einfach bei ihr geblieben, anstatt sie alleine zu lassen um mit irgend so einer Tussi rumzumachen?

Ich kann mich noch nicht einmal mehr an ihr Gesicht erinnern und es ist mir um ehrlich zu sein auch egal. Für mich zählt nur noch Isabella und das wird sich fürs erste auch nicht ändern.

Nach einigen Sekunden, ertönt auf einmal ein Räuspern und mein Blick fällt auf Luca, der sich schnell von der Couch erhebt.

„Mir fällt gerade ein, dass ich noch wohin muss. Auf Wiedersehen ihr beiden.
War schön dich kennen zu lernen Isabella. Hoffentlich sehen wir uns mal wieder."

Mit diesen Worten, verlässt Luca auch schon den Raum und lässt mich und Isabella alleine.

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