Das "Gespräch"

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POV.Isabella
Erschöpft schmeiße ich meine Highheels in die Zimmerecke und lasse mich auf das Bett fallen. Meine Füße tun weh und wäre ich noch ein bisschen länger in diesen Schuhen gelaufen, dann hätten sie mich umgebracht, da war ich mir sicher.
Alessandro und ich haben fast die Hälfte des Abends getanzt und meinen Vater habe ich nicht mehr gesehen.

„So geschafft?" Ein grinsender Alessandro steht im Türrahmen und die Belustigung in seinen Augen ist unübersehbar.

Grummelnd drehe ich mich auf meinen Bauch und vergrabe mein Gesicht in meinem Kissen.
„Lauf du erst einmal einen ganzen Abend auf solchen Höllenschuhen und dann frag mich nochmal."

Ein leises Lachen ertönt und gedämpft nehme ich sich nähernde Schritte wahr.
Am Fußende des Bettes senkt sich die Matratze und als ich seine kalten Hände auf meiner Haut sprühre, zucke ich vor Schreck kurz zusammen und bekomme sofort eine Gänsehaut. Langsam wandern seine Finger von meiner Kniekehle über meine Wade, bis hinunter zu meinen Füßen.
Behutsam fängt er an sie zu massieren und ich spüre, wie der Schmerz nachlässt.

Ich seufzte wohlig und drehe mein Gesicht so, dass ich ihn sehen kann. Unsere Augen treffen sich und mein Herz überschlägt sich fast. Alessandro's Frisur sitzt immer noch perfekt, bis auf ein paar einzelne Haarstränen, welche sich im Laufe des Abends gelöst haben und sein Hemd hat er oben aufgeknöpft, sodass ich einen perfekten Blick auf seine definierten Brustmuskeln und einen Teil seines Sixpacks habe.

Gedankenverloren knabbere ich auf meiner Unterlippe, meinen Blick immer noch auf seinen göttlichen Körper gerichtet. Als ich bemerke, dass ich starre und das noch nicht einmal unauffällig, schaue ich schnell wieder nach oben in seine Augen.

Nicht meine beste Idee. Definitiv nicht meine beste Idee.

Alessandro's Augen sind dunkler geworden und spiegeln pures Verlangen wieder. Die Luft scheint elektrisch geladen zu sein und ein Kribbeln breitet sich in mir aus. Ich muss an den Kuss von heute Abend denken und Vorfreude auf den nächsten macht sich in mir breit, denn ich wusste jetzt schon, dass ich dieses Gefühl wieder haben musste. Koste es was es wolle.

Keiner sagt etwas. Stattdessen setzte ich mich langsam auf und will mich gerade zu ihm beugen, als die Tür mit einem Stoß aufgerissen wird und Emi hereinstürmt. Vor Schreck springen Alessandro und ich auseinander.
„Scheiße. Willst du uns zu Tode erschrecken? Wenn ja dann Glückwunsch, du hast es fast geschafft." flucht Alessandro, während ich versuche mein Herz wieder zu beruhigen.
„Sorry ... Ich wusste nicht... also... dass ihr .... ich gehe mal lieber....." Emi guckt immer noch sehr überrumpelt und verwirrt, was ich ihr nicht verübeln kann. Ich kam noch nicht dazu, ihr vom Kuss zu erzählen und hätte es ihr wahrscheinlich auch erst morgen erzählt, wenn sie nicht in diesem mehr als unpassenden Moment reingestürmt wäre. Jetzt muss ich es ihr erzählen, bevor sie noch denkt, dass ich ihr nicht vertraue oder so. „Warte. Alles gut, wir sind gerade fertig gewesen."

Emilia's Augen werden groß und ich könnte mir für meine zweideutige Wortwahl auf die Stirn schlagen. „-mit unserem Gespräch natürlich." füge ich also hastig hinzu und hoffe, dass sie mir das glaubt.

„Ach waren wir gerade fertig gewesen mit unserem .... Gespräch?" Alessandro flüstert so leise, dass nur ich es hören kann und betont das letzte Wort, während er es extra lang zieht, um die Ironie in diesem Satz zu verdeutlichen.
„Ich habe da nämlich irgendwie das Gefühl, dass ich hier definitiv noch nicht ganz fertig gewesen bin." Er fährt fort und wirft währenddessen Emilia ein gezwungenes Lächeln zu, da diese uns skeptisch mustert.

Ich verschlucke mich bei seinen Worten und werde rot.
„Wir können unser Gespräch ja nachholen, wenn du willst." Ich grinse anzüglich und beiße spielerisch und im vollen Bewusstsein auf meine Lippe.
Alessandro zieht scharf die Luft ein und ich kann geradezu sehen, wie er innerlich mit sich kämpft, unser "Gespräch" nicht auf der Stelle fortzusetzen.

„Wir sehen uns später."raunt er noch schnell in mein Ohr und verlässt daraufhin hastig das Zimmer.

~~~

„OH MEIN GOTT..... ISI! Wie konntest du mir diese Neuigkeiten schon den gesamten Abend vorenthalten?" gespielt beleidigt sieht Emilia in die entgegengesetzte Richtung, hält es jedoch nicht lange aus, bevor sie sich mir wieder zuwendet um ihren Wissensdurst zu stillen. „Und wie war es? Wer hat wen geküsst? Mit Zunge oder ohne? Wie kam es dazu?" Ein neue Welle von Fragen prasselt auf mich nieder und ich lasse mich erschöpft nach hinten in meine Kissen fallen, bevor ich beginne von Anfang an zu erzählen.

Als ich mit meiner Geschichte fertig bin, schaue ich erneut zu Emilia, welche die Informationen erst einmal verdauen musste. Tja willkommen im Club.
Auch ich war immer noch nicht über die Sache mit meinem Vater hinweg und durch den Kuss rutschte es vielleicht ein bisschen in den Hintergrund, doch Ordnung herrschte in meinem Kopf noch lange nicht. Um genau zu sein war es eher das komplette Gegenteil und das Wort Überforderung würde in diesem Fall eine maßlose Untertreibung sein. „Hätte ich vorher gewusst, was hier in Sizilien alles auf mich zukommen würde, hätte ich mich vielleicht schon einmal um ein paar Therapiestunden gekümmert oder so." witzelte ich leicht und versuchte die Stimmung ein bisschen aufzulockern, doch ganz gelang es mir nicht. Wenn ich ehrlich mit mir selbst bin, dann könnte man sagen, dass Therapie vielleicht doch keine so schlechte Idee für mich war, doch da ich nicht unbedingt ein Fan davon bin, mich anderen anzuvertrauen und mit ihnen über meine Gefühle zu sprechen, fiel diese Idee schon einmal weg.

„Ich glaube ich kenne deinen Vater selbst. Er ist, wenn ich mich richtig erinnere, selbst auf einen der höheren Positionen in der Mafia." Überlegt Emi und man konnte förmlich sehen, wie sich die Zahnräder in ihrem Kopf bewegten.

Unruhig rutsche ich auf der Matratze herum.
„Wie war denn dein Abend mit Luca so?" Ich hatte keine besonders große Lust mehr über meinen Vater und alles was er vor mir verheimlicht hat, zu reden und versuchte das Thema zu wechseln, was zugegebenermaßen ziemlich gut funktionierte. Anscheinend war nicht nur mein Abend unvergesslich, denn Emi begann sofort zu erzählen, weshalb sie auch eigentlich erst zu mir gekommen ist.
„Luca hat mich seinen Eltern als Begleitung und hoffentlich zukünftige Freundin vorgestellt. Also das war seine Wortwahl und als wir später zurück sind, hat er mich auf einmal geküsst und-" Emilia redete wie ein Wasserfall und ich hatte Mühe mitzukommen.

Der Abend hatte uns nun wirklich mehr als genug Gesprächsstoff gegeben und wir redeten noch 1-2 Stunden, bevor Emi zurück in ihr Zimmer verschwand und ich mich schnell fertig machte um mich dann auch hinzulegen und schließe einzuschlafen.

Kidnapped by him | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt