Krankenhaus

6K 176 15
                                    

POV. Isabella

Ich brauchte einen Moment, um diese neue Erkenntnis sacken zu lassen. In meiner Kehle hatte sich ein Kloß gebildet, welcher es mir unmöglich machte, etwas zu sagen und ich nur abwechselnd zu meiner Mutter und wieder zurück zu meinem Stiefvater schaute. Dem Mann, von dem ich immer dachte, dass er mich und meine Mutter über alles liebt.
Wie sehr kann man sich doch täuschen.

„Wieso h-hast du das getan?" brachte ich schließlich heiser und nur in Form eines Flüsterns heraus.
Die Augen meines Stiefvaters waren gehässig und sein Lachen war so laut, das es bestimmt noch die Nachbar hören mussten.

„Du bist ja so naiv. So wie deine bescheuerte Mutter und sieh dir an, wo sie jetzt ist. Sie verreckt elendig auf ihrem Wohnzimmerboden." Sein Grinsen wurde breiter und er hob in gespielter Überraschung die Augenbrauen.
„Was denn? Überrascht? Ach Isabella das solltest du aber wirklich nicht sein. Diese Familie ist kaputt und voll mit Lügen. Du hast erst vor kurzem erfahren, dass wir dir dein Leben lang nur etwas vorgemacht haben und jetzt bist du ernsthaft noch geschockt?"
Die Worte schmerzten und der Teil, der noch von meinem Herzen übrig geblieben ist, zerbrach in tausend Stücke.

Alessandro kam nun hinter mich und zog mich langsam auf meine Beine. Seine Arme schlang er schützend um mich und sein Kinn platzierte er behutsam auf meinem Kopf.

„Hör ihm nicht zu. Er weiß, dass er jetzt keine besonders hohen Chancen mehr hat, hier noch unbeschadet wegzukommen und versucht dich nur noch mit in die Tiefe zu ziehen."
Seine Stimme war beruhigend und die. Berührungen spendeten mir halt und etwas Trost. Jedenfalls solange, bis ich wieder zu meiner Mutter schaute, welche erneut Blut auf den Boden hustete.

„Der Krankenwagen sollte gleich da sein." Versuchte er mich weiter zu trösten und ich merkte, wie der Schmerz etwas nachließ und Hoffnung in mir aufkeimte.
Meine Mutter kann noch gerettet werden

„Ihr denkt doch nicht ernsthaft, dass man der noch helfen kann oder? Ach komm schon wofür hast du denn dein Abitur gemacht, wenn du doch sowieso dumm und naiv bleibst? Der Schuss-"

„ES REICHT JETZT!!!" brüllte mein Vater meinen Stiefvater nun an, sodass dieser mitten im Satz inne hielt. Die Wut, die von meinem Vater ausging, war schon geradezu spürbar und mir fiel auf, dass ich ihn noch nie so wütend erlebt hatte. Auch wenn wir uns noch nicht lange kennen.
„Wage es nich, das Wort an meine Tochter zu richten!"
Auch wenn er nun nicht mehr brüllte, was seine Stimme mindestes genauso bedrohlich.

„Sonst was? Willst du mich abknallen weil ich mit ihr rede? Nachdem du es auch nicht getan hast als ich diese Schlampe da abgeknallt hatte?"

Das hätte er besser nicht gesagt. Blitzschnell griff ich nach Alessandro's Pistole und wirbelte herum, sodass ich meinem Stiefvater nun direkt in die Augen sah, in welchen sich kurz Verwirrung widerspiegelte, nachdem er die Waffe bemerkte, welche ich nun direkt auf seinen Kopf gerichtet hielt.
„Nein. Er wird dich nicht abknallen. Das werde ich tun." Mit diesen Worten drückte ich den Abzug und traf genau zwischen seine Augen.

Nun war es still im Raum. Nur der dumpfe Aufprall des toten Körpers auf dem Boden und die immer Näher kommenden Sirenen waren zu hören. Wie erstarrt starrte ich auf die Leiche, während ich die Pistole immer noch auf den Punkt richtete, wo zuvor der Kopf von meinem Stiefvater war.

„Hey. Alles gut hörst du." Alessandro's Hand berührte sanft mein Kinn und drehte meinen Kopf so, dass ich ihn ansah.
„Er hat es verdient. Hättest du ihn nicht umgebracht, dann hätten ich oder dein Vater es getan."
Offensichtlich dachte er, dass ich am Boden zerstört wäre, weil ich meinen Stiefvater erschossen hatte. Dies war nahelegend und wahrscheinlich das, was in so einer Situation üblich währe. Ich hingegen stand unter Schock und das, weil ich meinen Stiefvater getötet habe..... und es sich gut angefühlt hatte.
Was war bloß mit mir los?

Kidnapped by him | ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt